Für die breite deutsche Fußballöffentlichkeit gab dieses Spiel drei Themen her: einen individuellen Rekord, einen Mannschaftstitel und die bevorstehende Sperre des besten Torjägers der Bundesliga. Einem kleineren Kreis von Interessenten ging es nach dem 3:0 (2:0) des FC Bayern München gegen den FSV Mainz 05 vor allem um zwei Aspekte: dass die Rheinhessen erstmals seit dem 22. Spieltag wieder aus den internationalen Plätzen herausgerutscht sind – und dass sie den Rest der Runde womöglich ohne Rechtsverteidiger Anthony Caci bestreiten müssen.
Dem Franzosen war Leroy Sané so unglücklich auf den Fuß gefallen, dass der 05er mit geschwollenem Sprunggelenk ausgewechselt werden und die Arena auf Krücken verlassen musste. „Das sieht gerade nicht so aus, als würde er in dieser Saison noch mal spielen können“, sagte Sportdirektor Niko Bungert. Als Caci, gestützt von zwei Mitarbeitern der medizinischen Abteilung, den Rasen verließ, stand es 0:0. Als Nikolas Veratschnig ihn betrat, lagen die Mainzer mit 0:1 zurück – die kurze Phase bis zur Einwechslung reichte den Bayern zum Führungstreffer.
Guter Mainzer Beginn
Zwar fiel der nicht über die rechte Abwehrseite, wo Paul Nebel die Lücke interimsmäßig stopfte. Serge Gnabry, Konrad Laimer und Sané kombinierten sich vielmehr über rechts in den Strafraum, Sané schloss flach in die lange Ecke ab. „Aber das Tor hatte hundertprozentig mit der Unterzahl zu tun“, sagte 05-Trainer Bo Henriksen. „In den ersten 25 Minuten hatten wir fast nichts zugelassen.“ Den bis dahin einzigen, aber sehr gefährlichen Torschuss von Sané hatte Torwart Robin Zentner mit einer Hand über die Latte gelenkt.
Die Mainzer machten über die gesamten 90 Minuten kein schlechtes Spiel, auch wenn es ihnen im ersten Durchgang einige Mühe bereitete, ihre Angriffe über die Außenbahnen vorzutragen, weil die Bayern hoch standen und die Wege versperrten. Angesichts der Qualität, die der Rekordmeister an den Tag legte, konnte man das 2:0 durch Michael Olise dennoch bereits als Vorentscheidung empfinden – so, wie spätestens ihr 23. Saisonsieg die Vorentscheidung im Titelkampf darstellte. Entsprechend feierten die Bayern-Fans ihr Team hinterher; angesichts von acht Punkten und 30 Toren Vorsprung vor Bayer Leverkusen ist das schlimmste Schicksal, das dem Team von Trainer Vincent Kompany noch droht, die Meisterschaft auswärts definitiv klarzumachen.
Kane muss nun zuschauen
Falls es am nächsten Samstag bei RB Leipzig dazu kommt, müsste Harry Kane zuschauen. Der 24-Tore-Mann sah nach einem Foul an Jonathan Burkardt, anschließendem Meckern und der Weigerung, den Ball herauszugeben, die Gelbe Karte. Es war seine fünfte in dieser Saison, was ein Spiel Sperre nach sich zieht. Eine Regelung, über die der Engländer sich echauffierte. Das sei verrückt, schimpfte er, und stellte gar in den Raum, Schiedsrichter Bastian Dankert habe vorsätzlich gehandelt, um ihn um die Partie bei RB zu bringen.
Das wäre dann mal eine Umkehrung der These gewesen, dass Promi-Profis sich gemeinhin mehr erlauben dürfen als normalsterbliche Kicker. Wie übrigens Kane im Herbst im DFB-Pokalspiel in Mainz, als er mit dem Fuß voran in einen Zweikampf mit dem am Boden liegenden Keeper Zentner gegangen war, ihm knapp oberhalb des Auges einen Cut zufügte, für diese rotwürdige Aktion jedoch nicht mal verwarnt wurde. Sein Trainer wurde am Samstag gefragt, ob er die in England praktizierte Regelung befürworte, die Gelben Karten nach der Hälfte der Saison auszusetzen. Kompanys nüchterne Antwort: „Es ist, wie es ist. Das nimmt kein Prozent weg von dem, was Harry in dieser Saison geleistet hat.“
Jubiläum für Müller
Eine Leistung ganz anderer Art, die 2008 ihren Anfang nahm, bejubelten die Münchner Fans in der 84. Minute: Thomas Müller erreichte mit seiner Einwechslung die Marke von 500 Bundesligaeinsätzen. „Und das stets auf Top-Niveau, er war immer ein Teil der Geschichte“, lobte Kompany: „Thomas ist ein Unikum.“ Der Belgier meinte vermutlich „Unikat“. Angesichts von Müllers Humor und Schlagfertigkeit lag er mit seiner Einschätzung dennoch richtig.