Es klingt paradox, aber vielleicht kamen sich der Fußballverband und seine Vereine nie näher als jetzt. Als in diesen Tagen, in denen sich der direkte Kontakt verbietet und Gespräche nur dann möglich sind, wenn man klassisch zum Telefonhörer greift oder sich – inzwischen privat wie beruflich Standard – zum Videochat trifft. Walter Desch, so scheint es, hat an dieser Form der Kommunikation Gefallen gefunden. Und das aus gutem Grund.
Steht der Präsident des FV Rheinland wie beim Verbandstag auf der großen Bühne, erhöht am Rednerpult, muss er sich schon mal den Vorwurf gefallen lassen, alles kontrollieren zu wollen (und können) und Angriffe von oben herab meist sehr geschickt abzuwehren. Doch in Zeiten wie diesen ist das anders. Vor PC, Laptop oder Tablet sind alle gleich und keiner gleicher. Warum das durchaus so sein soll, liegt auf der Hand. Eine Entscheidung von solcher (zumindest auf den Amateurfußball bezogen) enormen Tragweite will kein Landesverband, kein Präsidium und auch kein noch so dominanter Präsident im Alleingang treffen.
Die Basis, so die Botschaft, soll nicht nur mit ins Boot geholt werden, sondern vielmehr auch das Gefühl bekommen, mit am Ruder zu sitzen und die Richtung ein Stückweit mitzubestimmen. Dann kann sich hinterher nämlich keiner beschweren, am falschen Ort gestrandet zu sein.
Ehe Walter Desch, Rechtswart Norbert Weise und der Spielausschussvorsitzende Bernd Schneider am Donnerstagnachmittag im Rahmen der Video-Pressekonferenz das weitere Vorgehen in der Corona-Krise skizzierten, lagen bereits drei Online-Dialoge mit Vereinsvertretern hinter der Führungscrew des FV Rheinland. Austausch ist in Zeiten des Zwangsrückzugs aus der Öffentlichkeit ein hohes Gut. Das haben Desch und Co. verstanden. Inwiefern die Teilnehmer der digitalen Gesprächsrunden letztlich die Entscheidung des FVR-Präsidiums beeinflusst haben, sei mal dahingestellt. Dass die Vereine zumindest die Chance hatten, Teil der Debatte zu sein und jetzt über ihre eigene Zukunft abstimmen können, ist als positives Zeichen zu werten. Zumindest dann, wenn es nicht nur darum ging, Verantwortung zu teilen, um nicht allein verantwortlich zu sein.
Klar ist schon jetzt, dass es sowohl Befürworter als auch Kritiker der jetzigen Entscheidung gibt. Doch das ist zweitrangig. Wichtig wird sein, auch nach der Corona-Krise auf Augenhöhe zu bleiben und nicht zu vergessen, für wen ein Funktionär da ist: Für all jene, deren Interessen er vertritt. Und mit denen gilt es zu sprechen.
Wenn sich beide Seiten – die da oben und die da unten – ausgerechnet in den Tagen der Kontaktbegrenzung ein Stück näher gekommen sind, mag das paradox klingen, ist aber ein guter Anfang für eine neue Kultur des Austauschs. „Das ist nur ein weiter so“, war nach dem Verbandstag im vergangenen Sommer aus den Reihen der Enttäuschten zu hören. Hier könnte „weiter so“ eine neue Bedeutung erfahren. Die Chance muss nur genutzt werden.
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