Paukenschlag in der Eifel – die Formel 1 ist zurück am Nürburgring. Allerdings ein wenig anders, als sich die Fans der Motorsport-Königsklasse das vielleicht gewünscht hätten. Fakt ist jedoch: Der vierfache und amtierende Formel-1-Weltmeister Max Verstappen hat am Wochenende im Rahmen des dritten Laufs zur Nürburgring-Langstreckenmeisterschaft einen Test in einem Ferrari 296 GT3 seines eigenen Teams auf der Nordschleife absolviert.
Jetzt schießen die Spekulationen ins Kraut: Warum testet der Weltmeister der Königsklasse eine Woche vor dem Großen Preis der Emilia Romagna in Imola ein GT3-Fahrzeug auf dem Nürburgring? Die Antwort könnte der Termin auf dem Ring in diesem Jahr liefern: das 24-Stunden-Rennen.
Bevor am Samstagmorgen das Qualifying zum Langstreckenrennen begann, war tags zuvor die Gelegenheit zum freien Training gegeben. Das nutzte auch das Team von Emil Frey Racing, das der in Zürich angesiedelten Emil Frey Holding AG gehört. Am Steuer des 600 PS starken Ferrari 296 GT3 saß ein gewisser Franz Hermann. Franz Hermann? Nie gehört. Wer ist das? Er soll einen Ferrari GT3 auf der Nordschleife testen? Komisch.
Nein, gar nicht komisch. Denn Franz Hermann war nur eine Mogelpackung. Ein Pseudonym. Dahinter steckte niemand anderes als Formel-1-Weltmeister Verstappen. Der 27-Jährige ist mit seinem eigenen Team in der GT3-Kategorie der GT World Challenge vertreten. Nach dem Großen Preis von Miami eine Woche zuvor wollte Verstappen wohl unerkannt bleiben und dem Trubel um seine Person entgehen. Aus diesem Grund hatte er „Franz Hermann“ aus der Overall-Tasche gezaubert. Sogar die eigene Security hielt „Stallwache“ vor der Box.
Doch aus Franz wurde am Tag vor NLS3 bald Max. Zum einen trug das Fahrzeug das Branding von Verstappen.com. Auf dem offiziellen Red-Bull-Overall und auf dem Helm war zudem sein richtiger Name zu lesen. Mit dem 296 GT3, den „Hermann“ auf der Nordschleife bewegte, ist Verstappens Freund Thierry Vermeulen, der Sohn von Verstappen-Manager Raymon Vermeulen, in der DTM und im GT World Challenge Europe Sprint Cup unterwegs.
Das Tarnmanöver war allerdings bald aufgeflogen. Jetzt wird hinter den Kulissen heftig gemutmaßt, warum der Verstappen zwischen zwei Formel-1-Rennen einen GT3 auf der Nürburgring-Nordschleife im Renntrimm bewegt. Tatsache ist, dass nicht nur Max, sondern die Familie Verstappen eine ganz besondere Beziehung zu der legendären Rennstrecke in der Eifel pflegt. Vater Jos, dessen Formel-1-Karriere zwar nicht mit der seines Sohnes vergleichbar ist, startete in den frühen 1990er-Jahren ebenfalls am Nürburgring. Da dachte zwar noch niemand an den kleinen Max, aber der kehrte später mit Vater Jos und Mutter Sophie immer mal wieder an die berühmte Rennstrecke in der Eifel zurück.
Da Jos Verstappen von 1996 bis 2003 viermal den Großen Preis von Europa und zweimal den Großen Preis von Luxemburg bestritt, war der Sohn, der am 30. September 28 Jahre alt wird, stets mit Interesse dabei. Und wurde dabei in frühester Kindheit vom „Grüne-Höllen-Virus“ infiziert. Max Verstappen, mit 15 Jahren bereits Kart-Weltmeister, galt schnell als Jahrhundert-Talent. Er fuhr in frühester Jugend für das Team von Frits van Ammerfoort in verschiedenen Formel-Serien, auch in der „Grünen Hölle“.
Verstappens alte Liebe zur Eifelrennstrecke
Wie sehr der vierfache Weltmeister die Rennstrecke in der Eifel schätzt, wurde 2023 deutlich, als er unbedingt am Red-Bull-Show-Event teilnehmen wollte. „Ich bin ein großer Fan dieser herausfordernden Rennstrecke. Ich wäre zu gerne mitgefahren“ Doch Red-Bull Motorsport-Berater Helmut Marko schob der Aktion einen Riegel vor: „Als die Rede darauf kam, saß Helmut mit am Tisch und hat gesagt, dass das nicht geht. Er weiß, dass ich immer ans Limit gehe. Das wäre auch auf dem Nürburgring nicht anders gewesen. Da hat er Nein gesagt.“
Doch die legendäre Berg- und Talbahn mit ihren 73 Kurven und 300 Metern Höhenunterschied ist die heimliche Liebe von Jos und Max Verstappen. Nachdem der junge Vater Max, dessen Freundin Kelly Piquet am 2. Mai Tochter Lily zur Welt gebracht hatte, vor wenigen Tagen einen GT3-Boliden über die Nordschleife bewegt hat, schießen die Spekulationen ins Kraut. „Vielleicht klappt es ja doch noch irgendwann später einmal. Wenn nicht in einem Formel-1-Renner, dann in einem GT3-Auto.“ Mit diesem Spruch hatte der damals noch 25-jährige Max Verstappen im Vorfeld des RB Show-Events seiner Vorliebe für die Nordschleife und für das 24–Stunden-Rennen neue Nahrung gegeben.
Rennlizenz ist für einen Start notwendig
Um daran teilnehmen zu können, muss aber auch ein Formel-1-Weltmeister das Nordschleifen-Permit erwerben. Eine Art Rennlizenz für die kühnsten 20,8 Kilometer Asphalt der Welt. Die „Auto, Motor und Sport“ hat jetzt ins Spiel gebracht, dass Verstappen bei den Testfahrten genügend Nordschleifen-Kilometer gesammelt hat, um beim 24-Rennen am 21. und 22. Juni an den Start gehen zu können. Terminlich passen würde das, da die Formel 1 zwischen Kanada und Österreich am 24–Stunden-Ringwochenende pausiert. Und selbst wenn es in diesem Jahr nichts damit würde, dann hätte der Formel-1-Champion auf jeden Fall die „Eintrittskarte“ für die Nordschleife zu einem späteren Zeitpunkt in der Overall-Tasche. Offizielles dazu gibt es aber noch von keiner Seite.