Mit knapp 17 Jahren ist Tom Kalender der jüngste Pilot, der je ein Rennen der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM) bestritten hat. Nach seinen ersten beiden Rennen mit dem Mercedes-AMG GT3 der Mannschaft von Landgraf-Motorsport in Oschersleben berichtete der Jungprofi bei einem Treffen in seinem Heimatort in Hamm an der Sieg von seinen Eindrücken und Empfindungen bei seinem DTM-Einstieg.
Herr Kalender, vielen Dank für Deine Zeit. Neben der Schule hast du inzwischen den Weg in den Profi-Motorsport gefunden und gehst für Mercedes-AMG als einer von vier Fahrern in der DTM an den Start. Eine bisher außergewöhnliche Karriere. Wie hast Du die ersten Starts und Rennen in der DTM erlebt?
Das erste Rennen in Oschersleben war schon sehr besonders. Ich kannte zwar die Strecke aus den GT Masters und dem offiziellen DTM-Test, aber ich wusste nicht, ob ich den Speed der etablierten Fahrer mitgehen konnte. Zudem ist Oschersleben eine Strecke, auf der man schlecht überholen kann. Daher wusste ich, dass das Qualifying von ganz besonderer Bedeutung war. Das setzt einen natürlich unter Druck. Wenn ich dann im Auto sitze und die erste Runde hinter mir habe, fällt der Druck so langsam ab und ich spiele mein Programm so professionell wie möglich ab. Im Qualifying habe ich nur drei oder vier Runden, um den Peak, die optimale Haftung, der Reifen auszunutzen. Danach werden die Zeiten schlechter.
Wenn man als so junger Fahrer in diesem hochkarätigen Feld von 24 Top-Fahrern antritt, ist das alles andere als normal oder Routine. Wie haben Sie die Fahrerkollegen aufgenommen und behandelt?
Ich bin bei Landgraf in meinem gewohnten Umfeld. Im Team herrscht absolute Professionalität und Teamgeist. Ich weiß, dass jeder sein Bestes gibt und mich alle zu 100 Prozent unterstützen. Das gibt mir natürlich Sicherheit. Mit meinem neuen Teamkollegen Lukas Auer verstehe ich mich sehr gut. Er ist ein absolut erfahrener und erfolgreicher Fahrer. Obwohl wir auf der Rennstrecke Konkurrenten sind, haben wir ein tolles Verhältnis im Team. Ich freue mich, dass „Lucci“ und ich bei diesem Thema auf einer Wellenlänge sind. Zu den anderen Fahrer-Kollegen habe ich eher wenig Kontakt. Auf der Rennstrecke möchte ich aber keinen „Rookie-Bonus“ haben. Ich möchte mich natürlich dauerhaft in der DTM etablieren und freue mich auf spannende Zweikämpfe.
Wie fühlt es sich an, in der Top-Liga des deutschen Motorsports anzutreten?
Ich freue mich, endlich in der DTM angekommen zu sein. Es war immer ein Traum für mich. Ich halte die DTM für die hochkarätigste GT3-Serie der Welt und weiß, dass ich gegen die besten Fahrer der Welt antrete. Das macht mich auf der einen Seite sehr stolz, auf der anderen Seite motiviert es mich, hart an mir zu arbeiten und zu trainieren, um möglichst schnell zu den Top-Fahrern der DTM zu gehören. Natürlich versuche ich auch für mein Team und für die Marke Mercedes-AMG, die bestmöglichen Ergebnisse einzufahren.

Der Schritt in den Profi-Motorsport ist mit gerade einmal 17 Jahren eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte. Wie kann man sich einen Tag als Jungprofi vorstellen?
Ehrlich gesagt war ich von dieser schnellen Entwicklung auch sehr überrascht. Als mich Mercedes-AMG als Junior-Fahrer unter Vertrag genommen hatte, ging für mich ein Traum in Erfüllung. Als sich dann noch herausstellte, dass ich für Mercedes-AMG bei der DTM an den Start gehe, hat sich mein Leben komplett verändert. Es ist wirklich sehr schwierig, Schule und Motorsport unter einen Hut zu bekommen. Ich habe vor, mein Abitur zu machen, dazu kommt ein Fulltime-Job als Rennfahrer. Es sind ja nicht nur die Rennwochenenden, die einen fordern, sondern auch tägliche Trainingsprogramme für körperliche Fitness, Simulator-Training, mediale Aufgaben und Hausaufgaben, die ich täglich zu erledigen habe. Dazu kommen noch die weiten Reisen, zum Beispiel Ende des Monats zum 24-Stunden-Rennen nach Tokio. Aber ich möchte mich nicht beklagen, denn das ist das Leben, was ich mir gewünscht habe.
Sie sind derzeit amtierender Champion im ADAC GT Masters, das Sie als 16-jähriger im vergangenen Jahr gewinnen konntest. Wo liegt für Sie der große Unterschied zwischen Maters und DTM?
Die DTM vereint wirklich nur die besten Fahrer und Teams der Welt. Alle Fahrer fahren auf höchstem Niveau. Auch bei den Teams handelt es sich ausschließlich um erfahrene Top-Teams. Auch bei den Mechanikern und Ingenieuren handelt es sich ausschließlich um die besten auf ihrem Gebiet. Daher ist das Feld so extrem eng zusammen. Die Rundenzeiten im Qualifying unterscheiden sich zwischen dem besten und schlechtesten Fahrer meistens nur um eine Sekunde. Das zeigt, wie eng das Feld beieinander ist. Natürlich sind auch das mediale Interesse und die Zuschauerzahlen bei der DTM erheblich größer als bei der GT Masters. So waren beim ersten Rennen in Oschersleben knapp 50.000 Zuschauer vor Ort.
Welche Probleme hatten Sie in Ihrem ersten DTM-Rennen?
Wie schon erwähnt, ist in Oschersleben das Qualifying von besonderer Bedeutung, weil ein Überholen durch die Streckenführung sehr schwer ist. Im ersten Qualifying wurde ich leider auf meiner schnellsten Runde geblockt und landete auf Position 17. Im zweiten Rennen habe ich eine Strafe erhalten und musste dreimal durch die „Slowzone“ fahren. Dabei verliert man so viel Zeit, dass man keine Chance mehr auf eine gute Platzierung hat. Insgesamt nehme ich aber auch positive Eindrücke mit nach Hause, denn unser Speed war durchaus konkurrenzfähig.
Was gefällt Ihnen in der DTM besonders?
An der DTM gefällt mir besonders die Nähe zu den Zuschauern und Fans. Durch das neue Format des ADAC brauchen Kinder keinen Eintritt mehr zu bezahlen. Das freut mich besonders und gibt mir die Möglichkeit, einigen interessierten Kindern mein Auto zu zeigen oder auch mit in die Startaufstellung zu nehmen. Es würde mich sehr freuen, wenn der Motorsport aus dem Loch der vergangenen Jahre heraus treten und wieder an Popularität gewinnen könnte. Da sprechen die Zuschauerzahlen für sich, und ich denke, dass der ADAC ein tolles Programm aufgestellt hat.

Sie gelten ja als eine „coole Socke“, wenn man Sie im Fahrerlager trifft. Wie aufgeregt waren Sie tatsächlich vor dem ersten Qualifying und Start?
Die Aufregung vor einem Qualifying ist natürlich immer da. Man geht natürlich alles noch mal durch, was man mit seinen Ingenieuren besprochen hat. Ich weiß genau, dass dich der kleinste Fehler mehrere Plätze nach hinten versetzt. Wenn ich aber dann im Auto sitze und auf die Rennstrecke fahre, bin ich absolut konzentriert und fokussiert. Da wir in jeder Kurve und in jeder Situation am absoluten Limit fahren müssen, ist dies auch wichtig. Einmal auf der Strecke, spule ich dann mein Programm ab.
Die DTM umfasst in diesem Jahr acht Rennwochenenden mit 16 Rennen. Nun stehen auch noch zwei 24-Stunden-Rennen an. Eines in Japan und die 24 Stunden von Spa. Gibt es sonst noch Rennen im Programm?
Ja, auf die 24-Stunden-Rennen freue ich mich ganz besonders, denn das ist ein neues Format für mich, was ich bisher noch nicht gefahren bin. Hier erhalte ich besonders viel Trainingszeit und Rennerfahrung. Ich denke, dass es ein gutes Programm ist, was mich auch in der DTM weiter bringen sollte. Natürlich würde ich mich sehr über weitere Angebote für Sprint, Endurance und 24-Stunden-Rennen freuen.
Das Interview führte jogi