Motorsport: Erstmals werden zwei verschiedene Serien auf der Eifelrennstrecke ausgetragen - Hickhack zwischen den Veranstaltern
Hickhack zwischen zwei Veranstaltern: Es rumort in der Langstreckenszene auf dem Nürburgring
Die GT3-Boliden geben in diesem Jahr bei gleich zwei Langstreckenserien auf dem Nürburgring den Ton an. Foto: Ottmar Arenz
Ottmar Arenz

Auf dem Nürburgring werden in diesem Jahr zwei Langstreckenserien ausgetragen – und die Lage ist reichlich verworren.

Die Terminlisten für die anstehenden Rennen sind beiderseits veröffentlicht. Die Verträge mit der Betreibergesellschaft des Nürburgrings sind unterschrieben und unter Dach und Fach. Könnte also eigentlich losgehen mit dem Langstreckensport auf der Nordschleife für das Jahr 2024. Mit der 48. Saison der NLS (Nürburgring Langstreckenmeisterschaft, früher VLN) und gleichzeitig der ersten der neu ins Leben gerufenen NES (Nürburgring Endurance Series.)

Freier Eintritt zum Debüt

Tut es auch. Nämlich am Freitag und Samstag dieser Woche. Mit dem Saisonauftakt, der ersten Veranstaltung der NES. Aber wie läuft alles ab? Das Programm für die beiden Tage sieht wie folgt aus: Neun Stunden Testfahrten (9 bis 18 Uhr) am Freitag auf der Nordschleife, dazu drei weitere Stunden (9 bis 12 Uhr) am Samstag über die Nordschleife und den kompletten Grandprix-Kurs. Am Samstagnachmittag werden zwei Qualifyings und zwei Rennen über jeweils 90 Minuten auf dem 5,2148 Kilometer langen Grand-Prix-Kurs absolviert. Der Veranstalter lockt zum Debüt die Langstreckenfreunde mit freiem Eintritt auf allen Tribünen, entlang der Nordschleife und im Fahrerlager.

Volles Programm im April

Am 6. / 7. April (Samstag/Sonntag) beginnt dann auch die Saison des bisherigen alleinigen Serienbetreibers, der VLN, mit der Nürburgring Langstreckenmeisterschaft (NLS). Gleich zu Anfang steht ein sogenannter Doubleheader an. Also zwei Rennen an zwei Tagen in Folge über jeweils vier Stunden auf Kurzanbindung und Nordschleife.

Da die ADAC 24h Nürburgring Qualifiers eine Woche später in diesem Jahr ebenfalls zur NLS zählen, folgen also bereits am 13. / 14. April die nächsten beiden NLS-Rennen. Heißt auf gut deutsch: Bei acht Saisonrennen (sieben über vier, eines über sechs Stunden), ist Mitte April bereits die halbe NLS-Saison beendet. Dennoch sei das „ein guter Kalender für unsere 48. Saison in der Grünen Hölle“, lässt sich VLN-Geschäftsführer Mike Jäger zitieren und fügt an: „Wir sind bereit und freuen uns auf echte Langstreckenrennen auf der Nürburgring Nordschleife.“

Langstrecken-Szene hat sich gewaltig verändert

Dennoch hat sich die gesamte Langstrecken-Szene natürlich gewaltig verändert. Und trotz der beiderseitigen blumigen und vollmundigen Beteuerungen vor dem ersten Anlassen der Motoren sind die Vorzeichen immer noch alles andere als harmonisch zwischen allen Beteiligten. Seit dem Sommer vergangenen Jahres gibt es das inzwischen sattsam bekannte Hickhack zwischen der Veranstaltergemeinschaft Langstreckensport Nürburgring, die für die NLS-Serie verantwortlich zeichnet, und der vom Automobilclub von Deutschland (AvD) eigens gegründeten Nürburgring Endurance Serie GmbH. Unter deren Dach ist die beschriebene zweite Langstreckenserie ins Leben gerufen worden, für die die Initiatoren seit Wochen werbewirksam mächtig trommeln.

Eine Situation also, die völlig neu ist, die nicht nur verworren, sondern auch als nicht gerade partnerschaftlich zu bezeichnen ist. Und etliche Beteiligte, Teams, Fahrer, Zuschauer, Fans, haben die Befürchtung, dass letzten Endes der Motorsport für ambitionierte Amateure und für Semiprofessionelle in der Eifel auf der Strecke bleibt.

Verschiedene Organisationen wie der Deutsche Sportfahrerkreis (DSK), die Interessengemeinschaft Langstreckensport Nürburgring (ILN) oder der auf Neutralität bedachte Deutsche Motorsportbund (DMSB) sorgen sich um den Fortbestand der meist acht oder neun Rennen, die pro Jahr jeweils Tausende von Zuschauern an die Zuschauer-Hotspots wie Brünnchen, Pflanzgarten, Breidscheid, Adenauer Forst oder in die Boxengasse und die Startaufstellung locken. Zumal die Rennen nicht nur eine sportliche, sondern auch eine wirtschaftliche Bedeutung für die Region Nürburgring haben.

Verband ruft zur Einheit auf

Die ILN hatte bereits einen Tag, nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz vom 4. Januar gefordert, „die Weichen für eine nachhaltige und langfristige Zukunft des Langstreckensports auf der Nordschleife über die Saison 2024 hinaus zu stellen.“ Der Deutsche Motorsportbund (DMSB), der bei allen Äußerungen immer wieder seine Neutralität in den Diskussionen um die Zukunft der Rennen auf der Nordschleife betont hatte, hat sich jetzt in die aktuellen Diskussionen eingeschaltet.

Motorsportveranstalter sollten danach zusammenstehen, statt sich „gegenseitig Starter, Sponsoren, und Rennstreckentermine streitig zu machen“, stellt DMSB-Präsident Wolfgang Wagner-Sachs klar. Für „Konkurrenzdenken und Machtspiele untereinander“ sei im deutschen Motorsport des Jahres 2024 kein Platz. Der Dachverband der deutschen Motorsportler will sich dennoch nicht in die Kontroversen verschiedener Rennserien einmischen. An schönen und beschwichtigenden externen Worten vor dem ersten öffentlichen Auftritt der NES am Freitag und Samstag fehlt es also nicht.

Mehr als 1000 Anmeldungen für 24-Stunden-Rennen

Wie es jetzt wirklich weitergeht, und was die Präsenz einer weiteren konkurrierenden Serie für die „Marathonis“ auf dem Ring bedeutet, wird man erst wirklich einordnen können, wenn man sieht wie die Teams „mit den Füßen abgestimmt“ haben. Das heißt, wer welcher Serie seine Autos und Fahrer anvertraut. Oder auch nicht. Das werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.

Und es geht auch und vor allem nicht weniger um die Bereitschaft der Marshals, ohne die in punkto Sicherheit an der Strecke nichts geht. Die Faszination der „Grünen Hölle“ und der unbedingte Wille, ein Teil von ihr zu sein, sind jedenfalls ungebrochen.

Das Portal für das 24h-Rennen und das 24h Qualifiers musste mit über 1000 Anmeldungen für den Ring-Klassiker vom 30. Mai bis 02. Juni und 620 Meldungen für die Quali-Rennen im April bereits vorzeitig geschlossen werden.

Die nächsten Wochen werden jedenfalls spannend werden rund um die Nordschleife und die Grand- Prix-Strecke, die in diesem Jahr ebenfalls schon ihren 40. Geburtstag feiert.

Top-News aus dem Sport