Es sind die Gladiatoren im Rennkäfig. Die, die dieses Himmelfahrtskommando als ultimative psychische und physische Herausforderung annehmen. Als ständigen Tanz auf der Rasierklinge der Physik. Als Duell mit unvorhersehbarem Ausgang. Gegen die rasende Konkurrenz. Gegen grelle Sonne, die Hitze, gegen die Dunkelheit, den Regen, den Nebel. Gegen die versammelten Naturgewalten in den Eifelwäldern. Für alle aber ist es etwas Einzigartiges, Beispielloses, Faszinierendes: das Rennen zweimal rund um die Uhr durch die „Grüne Hölle“.
130 Fahrzeuge in der Eifel am Start
An diesem Wochenende ist es wieder soweit: Am Samstag um 16 Uhr nehmen 130 Fahrzeuge diesen jährlichen Motorsport-Hype am Nürburgring, das 24-Stunden-Rennen, auf. Zum 52. Mal. Vom seriennahen Produktionsauto bis hin zum aus dem Kurven-Labyrinth heranschießenden, brüllenden Hightech-Boliden mit Hunderten von Pferdestärken unter der Motorhaube. Geschätzte 200.000 Fans rund um die weltweit am meisten gefürchtete und zugleich bewunderte Rennstrecke werden die Nacht zum Tage machen. Werden sich bis zur karierten Flagge am Sonntag um 16 Uhr fortwährend berauschen lassen. In welcher Form auch immer.
Als im vergangenen Jahr der Ferrari 296 GT3 des Frikadelli-Teams von Klaus Abbelen die Ziellinie als Sieger passierte, war das einer der emotionalsten Höhepunkte im jahrzehntelangen Verlauf dieses „Rennens der Rennen“. Ausgerechnet Frikadelli. Ausgerechnet Ferrari. Ausgerechnet Abbelen. Der Lebensgefährte und der Rennstall der viel zu früh verstorbenen „Ring-Königin Sabine Schmitz als Triumphator. Das Kopfkino schlug Purzelbäume, die Gefühle überwältigten nicht nur die direkt Betroffenen. Niemand anderem hatten auch Unbeteiligte und Neutrale den Sieg am Ring mehr gegönnt.
Viel Stochern im Nebel
Und in diesem Jahr? Wer wird Nachfolger des historischen Vorjahressiegers? Tipps? Favoriten? Vorschläge? Alles nur Schall und Rauch. Mutmaßungen, Stochern im Nebel. Acht Automobilmarken mit insgesamt 26 hochkarätigen Supersportwagen sind in den Top-Klassen, in denen der Gesamtsieg ausgefahren wird, vertreten: Audi, Aston Martin, BMW, Ferrari, Scuderia Glickenhaus, Lamborghini, Mercedes-Benz und Porsche. Jede Besatzung mit internationalen Top-Fahrern ist gut für die Champagnerdusche am Sonntag.
Aber das 24-Stunden-Rennen ist mehr als nur die Summe der möglichen Kandidaten für den Gesamtsieg. Viel mehr. Auch wenn es längst nicht mehr vom romantischen Rennfahrer-Mäntelchen der ersten Jahre bedeckt ist. Doch außer der Speerspitze bleiben noch 104 andere übrig. Und auch sie tun nichts anderes als die Armada der auf der Döttinger Höhe bis zu 280 Kilometer pro Stunde schnellen Könige des Langstreckensports: Sie fahren Rennen. Anders zwar, aber auch am Limit. Am persönlichen, an dem des Autos, an dem des Teams. Piloten, die in ihr Auto hineinhorchen müssen. Immer und jederzeit.
Es sind die Fahrer der vielen Klassen, 22 insgesamt, die zudem in Extrem-Situationen nie den Blick in den Rückspiegel vergessen dürfen. Weil von hinten die oft folgenschweren „Einschläge“ nach unaufmerksamen Sekunden-Bruchteilen ein ganzes Rennen zerstören können. Für das Auto, für sich selbst, für das Team. Für alle, die mit viel Herzblut und Opferbereitschaft das Abenteuer dieses ewigen Langstreckenklassikers angegangen sind.
Der Golf feiert Geburtstag
Gefeiert, zumindest symbolisch, darf aber nicht nur auf den proppenvollen Campingplätzen, sondern auch auf der Strecke werden. Volkswagen stößt an auf den 50. Geburtstag des Golf. Ein von Max Kruse Racing eingesetzter GTI gibt sein Renndebüt. Passend zum Jubiläum mit der Startnummer 50. Mercedes-AMG zelebriert 130 Jahre Motorsport. Ein Mercedes-AMG GT3 von GetSpeed wird deshalb die Startnummer 130 tragen,
Wie immer gehört ein großes Rahmenprogramm zu dem Langstreckenklassiker. Bereits am Donnerstag geht es ganz früh los. Mit der Rundstrecken-Challenge, der Drift Show in der Müllenbachschleife, dem Top-Qualifying am Freitagabend, historischen Rennfahrzeugen bei den 24-h-Classic am Samstag und den DTM-Tourenwagen-Legenden. Am Samstag mit Pitwalk in der Boxengasse und bei der Fahreraufstellung.
Und danach? Wenn der „Pole-Setter“ das Fahrerfeld auf die Kombination von Grand-Prix-Strecke und Nordschleife führt? Keiner weiß, was dann kommt. Zu viel kann in 24 Stunden auf dem Ring passieren. Vorbei ist es erst, wenn es vorbei ist.