Leichtathletik: Ehemalige Deutsche Marathonmeisterin hat lange Probleme nach Corona - Am Sonntag in Zell
Schwere Zeit nach Corona: Katharina Steinruck und ihr Weg zurück – Start in Zell am Sonntag
Wieder in Zell am Start nach einer längeren Leidensphase: Katharina Steinruck. Foto: Holger Teusch
Holger Teusch

Katharina Steinruck, geborene Heinig, Tochter der Marathon-Olympiadritten Katrin Dörre-Heinig und Erfolgstrainer Wolfgang Heinig (unter anderem von Laufstar Gesa Krause und dem Diezer Shootingstar Olivia Gürth), hat eine schwere Zeit hinter sich. „Eigentlich habe ich nichts anderes mehr gemacht, als schlafen, essen und trainieren“, erzählte die 34-Jährige, kurz nachdem sie ihren Start beim 17. Zeller Raiffeisenbank-Adventslauf am Sonntag (ab 14 Uhr) bekannt gab.

Und das hatte in diesem Sommer im Höhencamp im italienischen Livigno nichts mit Trainingslageralltag, vielleicht sogar Romantik zu tun. Steinruck war nicht mehr die Alte. „An einem trainingsfreien Nachmittag hatte ich nicht einmal mehr Lust auf eine Runde Minigolf“, erzählt die Läuferin der LG Eintracht Frankfurt.

Einfach hinlegen und ausruhen bis zur nächsten Trainingseinheit, mehr ging nicht mehr. Und auch das Laufen fiel ihr immer schwerer: „Ich hatte ständig Muskelkater, Muskelschmerzen, selbst bei Kleinigkeiten. Das war so schlimm, dass ich eigentlich gar nicht laufen konnte.“ Sie tat es aber trotzdem. Immer das große Ziel vor Augen: Beim Berlin-Marathon Ende September das Olympiaticket zu lösen. Katharina Steinruck lief 30 Kilometer in einem Kilometerschnitt von 3:35 Minuten. „Aber danach konnte man mich in die Tonne kloppen“, erzählt sie.

„Es gab Dauerläufe, da bin ich einfach stehen geblieben und habe geheult.“

Katharina Steinruck

Ihr Ruhe- und auch Belastungspuls lag deutlich über ihren normalen Werten. Aber bei Untersuchungen des Herzens wurde nichts festgestellt. Steinruck und auch Mutter und Trainerin Katrin Dörre-Heinig waren ratlos. Die Verzweiflung war groß: „Es gab Dauerläufe, da bin ich einfach stehen geblieben und habe geheult“, erzählt Steinruck. Aber es gab auch Trainingseinheiten, die gut liefen.

2019 hatte Steinruck zum dritten Mal den Zeller Adventslauf gewonnen. Auf der fünf Kilometer langen Strecke blieb sie mit 16:39 Minuten nur fünf Sekunden über dem Veranstaltungsrekord von Olympiateilnehmerin Susanne Hahn (Saarbrücken) aus dem Jahr 2006. Um Weihnachten herum erkrankte sie an Corona. Eigentlich nicht schlimm. Die Frühjahrssaison verlief zwar nicht ganz so, wie sie es sich vorgenommen hatte, aber auch nicht schlecht. Beim Paderborner Osterlauf kam Steinruck über zehn Kilometer beispielsweise bis auf acht Sekunden an ihre persönliche Bestzeit von 31:59 Minuten heran.

Letzter Wettkampf vor einem Jahr

Ihren letzten Wettkampf bestritt Steinruck exakt ein halbes Jahr vor dem Adventslauf in Zell am 10. Juni (zehn Kilometer in 34:08 Minuten). Während der nachfolgenden Trainingslager wurden die Probleme immer größer. „Im Sommer, als alles nicht so lief, stand ich kurz dem Burnout“, sagt sie. „Ich hatte das Gefühl, es arbeitet alles gegen mich.“ Zu Muskelschmerzen und Müdigkeit kamen unter anderem Schlafstörungen und extremes Schwitzen.

Die Frau von Geher-Bundestrainer Roland Weigel gab Steinruck zwei Tipps, wie ihr vielleicht geholfen werden könnte. Die Marathonläuferin fuhr quer durch Deutschland, nach Potsdam und Stuttgart, um sich auf den Kopf stellen und spezielle Blutuntersuchungen anstellen zu lassen. Als die lang ersehnten Ergebnisse vorlagen, waren diese für die Marathon-Team-Europameisterin von München 2022 eine Erlösung.

„Für andere wäre es vielleicht ein Schock gewesen“, sagt Steinruck. Sämtliche Stoffwechselfunktion waren eingeschränkt und die Aktivität der Mitochondrien („Zellkraftwerke“) extrem niedrig. Zudem waren sämtliche Antikörper aktiv. Kurz: Steinrucks Körper war total aus dem Gleichgewicht. Zurückzuführen ist das wohl auf die Corona-Infektion zum Jahreswechsel.

„Es war für mich eine mentale Beruhigung, dass ich nicht an mir zweifeln muss“, sagt sie zu den Untersuchungsergebnissen. Seit September sieht Steinruck wieder einen Weg vor sich. Sie betont: „Das ist mein Weg. Jeder hat andere Voraussetzungen und man hat keine Garantie, dass es am Ende hilft.“

Long-Covid-Forschung noch in Kinderschuhen

Forschung und erst recht Therapie bei Long-Covid stecken noch in den Kinderschuhen. Steinruck sieht ihren Weg darin, ihren Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Zunächst war sie für drei Wochen in Potsdam in einer Intensivtherapie. Laufen? Gerade mal zehn Kilometer in 55 Minuten. Für eine Marathonläuferin mit einer Bestzeit von 2:25:59 Stunden ist das kein richtiges Training.

Seit mehr als zwei Monaten ist Steinruck aber wieder im geregelten Training. Das läuft aber noch nicht so ab wie früher. „Wir müssen weiterhin viel auf die Regeneration achten. Trainingsblöcke, die ich vor einem Jahr machen konnte, funktionieren noch nicht wieder. Nach einem Tag mit intensiven Läufen habe ich beispielsweise früher einen Longrun über 35 Kilometer gemacht. Da schieben wir momentan noch einen Dauerlauftag dazwischen“, erzählt die Deutsche Marathonmeisterin von 2017.

Apropos langer Dauerlauf: Einen solchen hatte ihre Mutter und Trainerin ursprünglich für den 10. Dezember eingeplant. Deshalb hatte Steinruck den Adventslauf-Organisatoren von Ruderverein Zell und Läufergruppe des TSV Bullay-Alf zunächst abgesagt. Der Marathon-Olympia-Qualifikation Ende Januar in Osaka ordnet sie momentan alles unter.

Mutter meldet sie in Zell an

Doch Mitte November fragte Katrin Dörre-Heinig ihre Tochter, ob sie wisse, was wieder am 10. Dezember stattfinde. „Ich weiß, der Zeller Adventslauf. Aber da habe ich ja einen 35-Kilometer-Lauf im Trainingsplan“, habe sie geantwortet, erzählt Steinruck. Doch ihre Mutter hatte den Plan bereits umgeschrieben, sodass einem Adventslaufstart nichts im Weg steht. Die Erwartungen der Europameisterin? Erst einmal keine großen. Wieder Spaß am Laufen haben, angefeuert von möglichst vielen Zuschauern.

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