Nach acht mal 1000 Meter Laufen und acht harten Workouts lag er am Ende in 58:43 Minuten mit dem hauchdünnen Vorsprung von neun Sekunden vor dem Spanier Aitor Lizarazu, der erst eine Woche zuvor das internationale Rennen in Stockholm gewonnen hatte.
Wie schon in vielen Rennen zuvor war Lautweins Taktik erneut aufgegangen. „Ich habe die anderen Schnellen erst mal machen lassen. Ich weiß ja, meine Zeit kommt erst gegen Ende des Rennens.“ Nach dem Ski-Ergometer lag er noch an Position 19, dann schob er sich Workout für Workout weiter nach vorne und setzte sich nach dem Schlittenziehen bereits an die dritte Stelle. Nach dem letzten 1000-Meter-Laufsplitt lag er mit dem Spanier Lizarazu beim letzten Workout, den Wallballs, gleichauf, machte dann aber die entscheidenden Sekunden gut.
„Dieser Sieg war für den Kopf enorm wichtig“, freute sich Lautwein über den Ausgang in seinem letzten Hyrox-Wettkampf des Jahres. Wichtig deshalb, weil er, der ehemalige Welt- und -Europameister, nur fünf Wochen zuvor einen herben sportlichen Rückschlag hatte hinnehmen müssen. Beim Wettkampf in Amsterdam gab er das Rennen schon nach den Burpee Broad Jumps, den Hock-Strecksprüngen, total entkräftet auf. „Ich bin kein Typ, der so leicht aufgibt. Ich beiße mich eigentlich immer durch“, so Lautwein, der sich auf seine körperliche und vor allem mentale Stärke bislang immer verlassen konnte. „Doch an diesem Tag lief einfach nichts zusammen. Der Teppich war schlecht, dann habe ich beim Schlittenschieben eine neue Technik versucht, ich hatte keine Kraft und mir fehlte die Leichtigkeit. Vielleicht hatte ich auch noch eine Schwächung von der Erkältung zwei Wochen zuvor im Körper. Es war eine große Enttäuschung, vor allem auch für die, die mit mir nach Amsterdam gereist waren, um mich zu unterstützen.“ Aber, so Lautweins Fazit: „Scheitern gehört zum Leistungssport eben dazu.“
Zweiter Personalcoach soll helfen
Die Ursache könnte aber auch in einer Umstellung des Trainings und einer noch nicht erfolgreich adaptierten körperlichen Leistungssteigerung gelegen haben. Seit Juli dieses Jahres vertraut Tobias Lautwein neben den Fähigkeiten von Mentalcoach Björn Picker aus Attendorn auch einem weiteren Personalcoach mit Vornamen Björn. Für die körperliche Bestform des Hyrox-Elite-Athleten ist nun der Kölner Athletiktrainer Björn Schinke zuständig. Diplom-Sportwissenschaftler Schinke, ehemaliger Athlet der deutschen Ruder-Bundesliga, war von 2018 bis zu den Olympischen Spielen in Tokyo 2021 Athletiktrainer des Ruderteams Deutschlandachter und somit mitverantwortlich für den Gewinn der Weltmeisterschaften 2018 und 2019, den Europameistertiteln 2018 bis 2021 sowie dem Gewinn der Silbermedaille bei Olympia 2021.
„Er ist ein echter Experte in Sachen Bewegungsanalyse und stellt nun alle meine Bewegungsmuster auf den Prüfstand“, sagt Lautwein und erklärt: „Ich habe nicht die Zeit, meinen Umfang zu steigern, aber mein Training ist jetzt viel effektiver.“ Die erste „Baustelle“, der sich Schinke annimmt, ist Lautweins Laufstil. „Ich bin viel zu steif und unbeweglich. Du läufst nicht, du schleichst, hat er gesagt. Und wenn wir zwei Zentimeter mehr in meine Schrittlänge bekommen, dann wäre das eine enorme Steigerung.“ Nun klingen zwei Zentimeter nach nicht allzu viel, doch wer sich in der Leichtathletik und im Laufsport etwas auskennt, der weiß, wie schwer eine Laufstilveränderung bei einem 37 Jahre alten Ausdauersportler ist, der bisher um Beweglichkeitstraining einen Bogen gemacht hat.
Die Trainingsziele sind gesetzt und die Wettkampfziele für 2024 stehen auch schon fest: Am 20. Januar startet Tobias Lautwein zum Saisonauftakt in Maastricht und am 10. Februar will er dann in Wien bei der Europameisterschaft der Elite das Ticket für die Weltmeisterschaften am 7. Juni in Nizza lösen. „Ich muss bei der EM unter die Top fünf kommen. Aber bis dahin habe ich ja noch zwölf Wochen Vorbereitungszeit“, ist Lautwein zuversichtlich. Sollte er das WM-Ticket bei der EM verpassen, dann hat er beim Wettkampf am 13. April im Rahmenprogramm der Fibo-Fitnessmesse Köln die letzte Chance, sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren – doch dann müsste ihm in der Domstadt schon der Sieg gelingen. „Darauf will ich es aber nicht ankommen lassen“, so der Ex-Weltmeister.
Brenner hat WM-Ticket schon gelöst
Das Ticket für die Hyrox-WM in Nizza in der Allgemeinen Männerklasse hat sein Lauftrainingspartner Christof Brenner bereits in der Tasche. Der Betzdorfer Regionalliga-Tennisspieler beim TC Blau-Weiß Bad Ems, der sich mehr und mehr auf den Hyrox-Sport konzentriert, hatte sich in Amsterdam in der Klasse der 30- bis 34-Jährigen mit Rang drei den Startplatz in Nizza bereits gesichert.
Jetzt in Frankfurt war er zusammen mit Tobias Lautwein im Feld der Elite am Start – und überraschte mit einem äußerst starken Wettkampf. Der 34-jährige Lehrer am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Neunkirchen belegte in der Zeit von 1:02:17 Stunde den achten Platz und lag damit nur zwei Sekunden hinter dem Muskelpaket Lukas Storath, Hyrox-Weltmeister von 2019. „Es war ein guter Wettkampf. Ich habe alles rausgehauen, was ging.“ Irgendwann, so das große Ziel, will er die Stunden-Marke knacken. Aber jetzt gilt auch sein Augenmerk der den Weltmeisterschaften an der Côte d’Azur in der Allgemeinen Klasse.