„In diesem Moment hatte ich das Gefühl: Mensch, jetzt kann es losgehen. Es fehlte eigentlich nur noch das Zugticket“, strahlt Junk mit glänzenden Augen. „Es ist verrückt, dass so ein kleiner Mensch wie ich an der größten Sportveranstaltung der Welt teilnehmen darf. Das realisiere ich wahrscheinlich erst, wenn ich aus Paris wieder zu Hause angekommen bin.“ Dieser Donnerstag ist der Tag, an dem es im Pariser Stadion für Junk und die deutsche 4 x 100-Staffel ernst wird. Ab 11.10 Uhr geht es um die Tickets für den Endlauf, in dem am Freitag ab 19.30 Uhr Gold, Silber und Bronze vergeben werden.
Die Staffelläufer sind in der Leichtathletik eine ganz besondere Spezies. „Es ist paradox. Bei der deutschen Meisterschaft in Braunschweig gab es noch die typische Rivalinnen-Mentalität. Jetzt müssen wir umswitchen und ein super Team stellen. Bei der Europameisterschaft in Rom haben wir bewiesen, dass wir super funktionieren. Die Stimmung ist gut. Wir vertrauen uns gegenseitig“, schildert Junk. Hängen geblieben ist der Rivalitätsgedanke im Braunschweiger Startblock allerdings nicht völlig. Sechs Kandidatinnen hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) für Olympia nominiert. Nur vier von ihnen können zum Einsatz kommen. Junk geht nicht davon aus, dass zwischen dem Vorlauf und einem möglichen Finale gewechselt wird, denn: „Das kann die USA vielleicht machen, aber wir brauchen die beste Staffel, um in den Endlauf zu kommen.“
Auch die Wechsel müssen passen
Schnelle Einzelläuferinnen sind bei der Jagd rund um das Stadionoval nicht alles. Auch die drei Wechsel müssen passen. „In der Staffel kann wirklich alles passieren. Das ist das Besondere. Hier ist wirklich alles möglich“, betont Junk, die die Europameisterschaft in Rom als Beispiel hierfür anführt. Das Schweizer Quartett lief vor Deutschland als Vierte ins Ziel ein, aber wenige Meter vor der Ziellinie schlug sich Sarah Atcho-Jaquier den Stab aus der Hand, die DLV-Staffel rückte um einen Rang nach vorn. Mit der guten Kurvenläuferin Junk auf Position eins, gefolgt von Nele Jaworski, Gina Lückenkemper und Rebekka Haase.
Ich habe nach der EM ein gutes Feedback von den Bundestrainern bekommen und bin deshalb guter Dinge, dass ich auch in Paris zum Einsatz kommen kann“, sagt Junk. „Aber auch als Ersatzläufer musst du immer fokussiert und bereit sein.“ Auch das machte die Europameisterschaft deutlich, als Lisa Mayer kurzfristig ausfiel und Jaworski zum Einsatz kam.
Schon drei Mal gewann Sophia Junk mit einer deutschen Staffel internationales Gold: Bei der U 20-Weltmeisterschaft 2018 sowie bei den U 23-Europameisterschaften 2019 und 2021. „Wir haben unter den Bundestrainern Alexander Seeger und Thomas Kremer im Jugendbereich super viel Staffel trainiert. Das hat Früchte getragen“, erinnert sich die Koblenzerin.
Die Reise beginnt
Am Montagvormittag brach die Rhein-Wied-Sprinterin mit dem Zug in die französische Hauptstadt auf. „Paris, ich komme. Die olympische Reise beginnt jetzt“, vermeldete sie währenddessen in den sozialen Netzwerken und ließ ihre Fans an dieser teilhaben.
Mit dem Olympia-Zeitplan und dem Programm außerhalb der eigenen Staffelentscheidung hat sich Sophia Junk noch nicht näher beschäftigt. „Ab dem 10. August schaue ich dann, was es an den letzten Olympiatagen links und rechts noch gibt. Aber davor muss ich erst noch klären, ob ich mit meiner Athletenakkreditierung dort einfach so reinkomme oder ob ich Tickets brauche.“ Als Olympia-Neuling muss man das alles noch erkunden. Aber das wird erst zum Thema, wenn die deutsche 4 x 100-Meter-Staffel auf der Bahn ihr Olympiakapitel geschrieben hat.