Als vierfacher Vater und Sonderpädagoge an der Grundschule „Am Kohlberg“ in Meinerzhagen und der Ebbeschule Valbert hat der in Altenhof bei Wenden lebende 38-jährige Kraft-Ausdauer-Sportler schließlich nicht mehr als sieben bis acht Stunden pro Woche Trainingszeit zur Verfügung. Viel zu wenig, um mit den Profis in der noch jungen Fitness-Sportart mithalten zu können. „Mir war klar, dass ich Hyrox auf Weltklasseniveau gegen die immer stärker werdende Konkurrenz der Vollprofis, die nicht wie ich noch einen Hauptberuf haben, nicht ewig weiter betreiben kann und deshalb hatte ich den Fokus zuletzt mehr und mehr auf Familie und Beruf gelegt“, erklärte Lautwein im Gespräch.
Dass er noch mal einen Startplatz in einem Eliterennen mit den besten 15 Hyrox-Sportlern der Welt erhalten würde, an diesen Gedanken hatte Lautwein in den vergangenen Monaten wenig Zeit verschwendet. Schließlich lag er in der vergangenen Woche „nur“ auf dem 19. Rang in der Hyrox-Weltrangliste. Und so hatte er auch das Hyrox-Major-Rennen der Elite 15 in Amsterdam nicht auf dem Plan.
Im Nachrückverfahren dabei
Doch dann, nur zehn Tage vor dem Wettkampf, erhielt er überraschend einen Anruf von der Hyrox-Worldrace-Direktorin, dass einige Athleten aufgrund von Verletzungen und Erkrankungen absagen mussten und er im Nachrückverfahren Startplatz 15 bekommen kann. Lautwein: „Ich musste mich dann innerhalb von 24 Stunden entscheiden, ob ich den Platz überhaupt einnehmen will. Dank der verständnisvollen Schulleitung habe ich dann das Okay für Sonderurlaub bekommen und habe für Amsterdam zugesagt.“
Die „Wildcard“ nutzte Lautwein dann zu einem überraschend starken Wettkampf. In einem packenden Finale hatte er bei den „Wallballs“ nochmals Boden gut gemacht und sich dann im Finish als drittbester deutscher Starter den siebten Platz erkämpft. So eng war der Rennausgang selten, zwischen Platz vier und Platz zehn lagen nur 35 Sekunden. „Es war eines meiner härtesten Rennen überhaupt, aber ich bin überglücklich, dass ich immer noch mit der Weltspitze mithalten kann“, so Lautwein.
Keine optimale Vorbereitung
Mit einer Gesamtzeit von 56:28 Minuten war er so schnell wie noch nie zuvor – doch über die neue persönliche Bestmarke durfte er sich nur bis am Montagabend freuen. Dann wurden alle Athleten darüber informiert, dass den Organisatoren beim Aufbau des Parcours ein Fehler unterlaufen war. Die abgesteckte Strecke bei den „Burpee Broad Jumps“ (Liegestützsprung mit anschließendem Weitsprung) und den „Sandbag-Lunges“ (Ausfallschritte mit einem 30 Kilogramm schweren Sandsack auf der Schulter) war um einige Meter zu kurz bemessen. Die Folge: Allen Teilnehmern wurden 36 Sekunden aufgebrummt und somit war auch Lautweins Rekord dahin.
Weniger Training, dazu ein Novovirus in der Familie einige Wochen zuvor – eine ideale Vorbereitung für ein Hyrox-Rennen auf Weltklasseniveau sieht sicher anders aus. Offenbar war aber der erfolgreiche Double-Wettkampf in Stuttgart mit dem Betzdorfer Christoph Brenner in 53:01 Minuten zwei Wochen zuvor der ideale Formtest für Amsterdam. „Ich hatte nichts zu verlieren und war null aufgeregt. Vielleicht hat das auch die nötige Lockerheit gebracht“, erklärt Lautwein seine überraschende Leistung.
Hinweis zur Trainingsumstellung
Eine andere Erklärung dürften seine veränderten Trainingsinhalte sein. Mit den Vorgaben des Kölner Athletikcoachs Björn Schinke hat er den Fokus nun wieder auf das Laufen und ein High Intensity Training gelegt. Diplom-Sportwissenschaftler Schinke, ehemaliger Athlet der deutschen Ruder-Bundesliga, war von 2018 bis zu den Olympischen Spielen in Tokyo 2021 Athletiktrainer des Ruderteams Deutschlandachter und somit mitverantwortlich für den Gewinn der Weltmeisterschaften 2018 und 2019, den Europameistertiteln 2018 bis 2021 sowie dem Gewinn der Silbermedaille bei Olympia 2021.
„Er hat mir erklärt, dass ich nicht mehr Zeit ins Training investieren, sondern qualitativ anders trainieren muss, um im Hyrox mein Niveau halten zu können“, gibt Lautwein Einblicke in die Umstellung. Diese neuen Trainingsreize zeigen nun offenbar Wirkung.
Und so lebt dann bei Lautwein der sportliche Traum von einer weiteren Teilnahme an einer Hyrox-Weltmeisterschaft weiter. Um sich für die World Championships vom 12. bis 15. Juni 2025 in Chicago zu qualifizieren, müsste sich der „Wald- und Wiesensportler“ (O-Ton Lautwein) in den kommenden Monaten noch für die besten 15 Hyrox-Sportler der Welt qualifizieren. Dazu gibt es für die Saison 2024/25 folgenden Modus: Für die WM qualifizieren sich die drei Erstplatzierten der Major-Rennen in Amsterdam, Hongkong, Las Vegas und Glasgow.
Der Traum von der Hyrox-WM lebt weiter
Zu diesen zwölf Plätzen gibt es dann noch drei Plätze beim „Last-Chance-Race“ in Barcelona am 26./27. April. Während die weiten Reisen zu den Rennen in Übersee für Lautwein keine Option sind, so liebäugelt er ein wenig mit der letzten Chance in Barcelona.
Vom Termin her würde das gut passen, der Wettkampf in Spanien ist am letzten Wochenende der Osterferien. „Dann müsste ich in der Schule auch keinen Sonderurlaub beantragen“, sagt Lautwein und erklärt weiter: „Ich habe meiner Frau versprochen, dass ich mit Hyrox kürzer treten werde, wenn meine Leistung nicht mehr für die Elite 15 reicht. Amsterdam hat mir aber gezeigt, dass ich mit den Besten immer noch mithalten kann und der Zeitpunkt zum Aufhören offenbar noch nicht gekommen ist. Es wäre klasse, wenn ich noch mal bei der WM der Elite starten könnte.“