Kleine Vereine im Nachteil
Quali-Modus stößt auf harsche Kritik
Aaron Debo (am Ball) ist in Sachen Qualifikation für die kommende Saison bereits am Sonntag mit der Holzheimer A-Jugend im Diezer Sportzentrum gefordert.
Andreas Hergenhahn

Der TuS Holzheim setzt wie schon seit Jahren auf seine Jugendarbeit und bereitet seine Talente unter fachkundiger Anleitung auf höhere Amateurklassen vor. Doch es wird für die Ardecker als Hecht im Karpfenteich immer schwieriger mitzuhalten.

Nicht alles, aber vieles neu macht der Hessische Handball-Verband (HHV) mit seinem Jugend-Qualifikationsprozedere für die Saison 2025/26 und erntet dafür Kritik aus den Vereinen. Hatte bislang jeder Doppeljahrgang die Chance, eine Spielklasse entsprechend seiner Leistungsstärke zu erreichen, so ist das jetzt in den höheren Ligen nur noch bedingt möglich. Wenn es in der A-, B- und C-Jugend um die Regionalliga-Qualifikation geht, darf man nur noch in den Kampf um den Spielbetrieb auf höchster Hessenebene eingreifen, wenn der Verein in der gleichen oder nächstjüngeren Altersklasse in der Vorsaison entweder der Regionalliga angehörte oder unter den Top-Zwei der Bezirksoberliga landete.

„Wir wurden mit dem neuen Modus vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist ein Unding.“
Trainer Sven Steckel, Trainer der Holzheimer B-Jugend, wählt deutliche Worte.

Vor allem, dass diese Regelung erst in diesem Frühjahr bekanntgegeben wurde, stößt den Vereinen auf. „Wir haben in der Saison 2024/25 einige B-Jugendliche in der A-Jugend eingesetzt. Wenn wir diese Regelung gekannt hätten, wären wir sicherlich anders vorgegangen“, moniert Steffen Schneider, Jugendwart des TuS Holzheim. Gleichzeitig erhalten Vereine wie der TSV Pfungstadt, der mit der B- und C-Jugend auf Regionalliga-Level spielte, zwei Startberechtigungen für die B-Jugend-Regionalliga-Qualifikation. „Wir wurden mit dem neuen Modus vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist ein Unding“, findet Holzheims B-Jugend-Trainer Sven Steckel deutliche Worte. Weil im Bezirk nun alle Teams aus einer Altersklasse in einen Topf geworfen werden, nimmt sein Team am 17. Mai an einer knapp zehnstündigen Mammut-Qualifikation mit fünf Partien à 25 Minuten an einem Tag teil.

„Die großen Vereine bekommen immer größere Vorteile, die kleinen bluten aus. Die Schere geht immer weiter auseinander“, befürchtet Steffen Schneider. „Weil wir mit der B-Jugend keine Chance auf die Regionalliga erhalten, gibt es schon erste Abgänge.“ Gerade Vereine aus dem Wiesbadener Raum betreiben schon im D-Jugend-Alter Abwerbestrategien, der neue Modus befeuert dies. „Als Verein wie wir hast du in den nächsten Jahren keine Chance mehr“, ist sich Sven Steckel sicher. Der HHV begründet seine Entscheidung, die Qualifikationsrunden „kurz und knackig zu halten“ in einem Schreiben an die Vereine mit „sehr hohen Herausforderungen“ wie „Klassenfahrten, Konfirmationen oder ähnlichen Events, die plötzlich anstehen“.

Jahrelang hat die Abwicklung funktioniert, zumal die genannten „Events“ kein Neuland sind und bei den Ansetzungen bislang keine Rolle spielten. Die hohe Anzahl an Meldungen für die Regionalligen war den Verantwortlichen zu extrem. 31 Teams wollten bei der männlichen A-Jugend teilnehmen, der Verband sah 25 Plätze vor und dampfte das Bewerberfeld plötzlich auf 20 ein.

Nutzt A-Jugend am Sonntag den Heimvorteil?

Der älteste TuS-Nachwuchs hat am Sonntag ab 11 Uhr im Diezer Sportzentrum die Möglichkeit, einen Schritt in Richtung Regionalliga zu gehen. Platz eins oder zwei in der Vierer-Gruppe wäre zunächst einmal dafür notwendig, um in die 2. Runde einzuziehen. Wie viele Plätze in der Regionalliga zur Verfügung stehen, hängt von der Qualifikation zur A-Jugend-Bundesliga ab. Die Gruppenersten spielen im weiterführenden Turnier einen Teilnehmer an der verbandsübergreifenden Qualifikation zur 2. A-Jugend-Bundesliga aus, die zweiten die weitere Rangfolge für freie Regionalliga-Plätze. Holzheims Gegner in der Vierergruppe – laut der 9. April veröffentlichten Durchführungsbestimmungen sollten es eigentlich Fünfergruppen sein – sind die HSG Eppstein/Langenhain, die HSG Rodgau Nieder-Roden II und die HSG Kahl/Kleinostheim. Neben dem TuS würden vier weitere Vereine an der bundesweiten Bundesliga-Qualifikation teilnehmen: der GSV Eintracht Baunatal, die HSG Hanau, die TSG Münster und der TV Gelnhausen.

Um die große Lücke zwischen Regional- und Bezirksoberliga zu schließen, ist eine bezirksübergreifende Liga mit Teams aus dem Gießener Raum angedacht. Wie weit die Planungen des Bezirks Wiesbaden/Frankfurt dazu vorangeschritten sind, ist den Vereinen noch nicht bekannt. Auch nicht eine halbe Woche vor Qualifikationsbeginn…