Die Aufs und Abs dieses in der Deichstadt tief verwurzelten Eishockeyklubs aufzuzählen, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Auch eine Insolvenz vor acht Jahren vermochte den Elan der Verantwortlichen und den Support bei den eingefleischten Bären-Fans nicht zu stoppen.
Die Mannschaft hat auf dem Eis immer wieder eine passende Antwort gegeben. So gesehen ist die abgelaufene Saison mit all ihren Neuerungen und Wendungen so etwas wie die Bären-Geschichte unter dem Brennglas. Dass am Ende dieser Spielzeit eine Erfolgsgeschichte steht, dass eine klare Weiterentwicklung zu erkennen ist und die Macher dieser Geschichte noch viele Ideen haben, um das Positive fortzuführen, zeigt, wie sehr Eishockey in Neuwied auch von vielen Ehrenamtlichen und eben den Anhängern gelebt wird.
Wie Phönix aus der Asche
Als sich die Bären im Frühjahr 2023 zum Meister der Regionalliga West kürten, wegen der vielen finanziellen Unwägbarkeiten das Abenteuer Oberliga aber ausschlugen, dann war das der erwartbare und auch vernünftige Gang der Dinge. Völlig unerwartet kam dagegen der Rauswurf der Klubs aus Rheinland-Pfalz und Hessen aus der Regionalliga West im Mai 2023. „Zu einem Zeitpunkt, als der Kader für die neue Saison schon zu 80 Prozent stand“, erinnert sich Neuwieds Teammanager Carsten Billigmann, der seit mehr als elf Jahren die sportlichen Geschicke bei den Neuwieder Bären leitet.
Statt Regionalliga hieß es danach plötzlich BeNe-League, in der Liga mit starken niederländischen und belgischen Mannschaften fanden auch die Neuwieder Bären Unterschlupf. Doch die Mannschaft fremdelte zunächst, spielte eine unterirdische erste Saisonhälfte, die sich BeNe-League-Cup nennt, um danach ab Dezember im eigentlichen Ligaspielbetrieb um die Meisterschaft der BeNe-League wie Phönix aus der Asche aufzusteigen und bis in ein umkämpftes Finale vorzudringen.
Ein Finale, das die Neuwieder Bären erst im fünften und entscheidenden Spiel denkbar knapp verloren. Dieser Aufstieg in einer turbulenten Spielzeit mit vielen Unwägbarkeiten gelang, weil die Verantwortlichen und nicht zuletzt Billigmann ruhig blieben, nicht in Panik gerieten und die richtigen Schlüsse aus der verkorksten Hinrunde zogen.
Fünf Tage nach der Niederlage im entscheidenden BeNe-League-Finale gegen die Bulldogs Lüttich hat sich der EHC Neuwied zum Ende der Eishockeysaison 2023/2024 doch noch einen Titel gesichert.4:2-Derbysieg in Diez: Bären des EHC Neuwied holen sich den Rheinland-Pfalz-Pokal
Leos Sulak kehrte im Oktober 2023 als Trainer zu den Bären zurück und wird, so die klare Tendenz, auch in der kommenden Spielzeit in Neuwied an der Bande stehen. „Er ist ein erfahrener und über alles erhabener Mann, der die Mannschaft bestens kannte“, so Billigmann. Aber auch im Kader musste etwas passieren, sollte das Blatt zum Besseren gewendet werden. Steter Leitfaden auch auf diesem Sektor: Verstärkungen ja, finanziellen Risiken nein. Und so waren es die Sponsoren, die mitzogen, dass Billigmann in dem Finnen Juuso Rajala seinen Wunschspieler im Winter verpflichten konnte. Die Überzeugungsarbeit, die Billigmann dafür beim Vorstand und den Geldgebern leisten musste, sollte sich lohnen.
Rajala war der Mann, an dem sich seine Mitspieler aufrichten konnten. „Er war so etwas wie die Initialzündung“, sagt Billigmann im Nachhinein. Jeff Smith trug die Offensivlast nicht mehr allein auf seinen Schultern. Es kamen zudem die jungen uns überaus talentierten Verteidiger Lennart Esche und Maksim Anton. Und im Tor kehrte der lang verletzte Jan Guryca aufs Eis zurück.
Das alles zusammen leitete die Kehrtwende ein. Die Rückrunde geriet zur Erfolgsstory. Am Ende stand ein Play-off-Finale gegen die Bulldogs aus Lüttich, bei dem beide Heimpartien der Bären mit 2108 Zuschauern ausverkauft waren – erstmals seit 25 Jahren. 500 Fans empfingen die Mannschaft in der Nacht nach dem verloren gegangenen fünften Spiel in Lüttich um 2 Uhr nachts mit Bengalos am Icehouse.
Guter Standort für junge Spieler
So viel Begeisterung gibt Selbstbewusstsein – und ist auch Ansporn, es in der neuen Spielzeit „in einer sehr ausgeglichenen Liga“ (O-Ton Billigmann) mindestens genau so gut, wenn nicht besser zu machen. „Ich bin immer einer, der antritt, am Ende etwas Zählbares mitzunehmen“, sagt der Teammanager. Dazu nehmen die Bären Geld in die Hand. „Der Spieleretat wird um rund 20 Prozent wachsen“, verriet Billigmann. „Da arbeiten wir gerade dran.“
Das wird nicht die einzige Investition in die Weiterentwicklung des Vereins sein, der auf die Jugendarbeit setzt, der sich als Ausbildungsverein versteht und der „auch im Umfeld, in der Organisation, bei der Nachwuchsarbeit “ draufsatteln will. Der Etat in Gänze wird wachsen.
Was die jungen Spieler wie Esche und Anton angeht, so ist dieses Duo ein gutes Beispiel dafür, wie gewinnbringend für beide Seiten ein Engagement bei den Bären sein kann. Für aufstrebende Akteure ist Neuwied ein idealer Standort, um Eiszeit zu bekommen, um Erfahrung zu sammeln und sich weiter zu entwickeln. Der Verein wiederum bekommt Spieler, die mindestens Oberliganiveau haben und genau diese Vorzüge schätzen. Wobei das Team, was das Hier und jetzt, also die kommende Saison angeht, auch „erfahrene und gestandene Spieler braucht, um gutes und erfolgreiches Eishockey anbieten zu können“, hält Kaderplaner Billigmann fest.
Nachwuchs in Neuwied boomt
Der Nachwuchs aber, das hält Billigmann ausdrücklich fest, „ist in diesem Verein das Wichtigste“. Und Eishockey boomt auch beim Nachwuchs in Neuwied. 108 Kinder und Jugendliche spielen bei den Bären, Tendenz steigend. Sie sind die Zukunft. „Spieler für die erste Mannschaft aus den eigenen Reihen sind die preiswertesten“, sagt Billigmann klipp und klar.
Um auf diesem Terrain noch nachhaltiger zu werden, wird der Verein demnächst einen erfahrenen Mann verpflichten, einen „Entwickler“, wie der Teammanager ihn nennt. Jemand, der sich intensiv um die jungen Spieler bei den Bären kümmern soll mit Einzeltraining und allem, was dazu gehört. Und jemand, der Billigmann bei dessen umfassender und vielschichtiger Arbeit entlasten soll. Um den Namen macht Billigmann noch ein kleines Geheimnis – sicher eines, das bald gelüftet wird.
Kein Geheimnis ist dagegen, dass die Oberliga nach wie vor das Fernziel des umtriebigen Managers der Bären ist. Auch wenn de BeNe-League sich weiter für Mannschaften außerhalb der Niederlande und Belgien öffnen will und aus sich diesem Grund ab der neuen Saison „Central European Hockey League“ (CEHL) nennt. „Ja, die Oberliga ist eigentlich immer in meinem Kopf. Wir sind eine deutsche Mannschaft und gehören dorthin“, sagt Billigmann offen.
Das Nahziel aber ist die CEHL, in der die Neuwieder Bären auch in der nächsten Spielzeit für Furore sorgen wollen. Mit frischem Mut. Mit größerem Etat. Mit noch mehr Manpower. Denn das gilt auch und vielleicht gerade in einer Eishockeystadt wie Neuwied: Erfolg verpflichtet!