Was für ein Endspurt der EPG Guardians: Zwei Wochen vor dem Saisonende in der 2. Basketball-Bundesliga Pro A musste man in Koblenz das Schlimmste befürchten, drohte nach zwei Jahren in der zweithöchsten deutschen Spielklasse der Abstieg - ehe die Mannschaft um Trainer Venelin Berov mit zwei ebenso überraschenden wie souveränen Auswärtssiegen in Bochum und Karlsruhe für ein glückliches Ende einer insgesamt verkorksten Spielzeit sorgte. Die derzeit laufenden Play-offs können die Koblenzer somit entspannt verfolgen, stattdessen müssen nun die Artland Dragons noch zittern. Und doch: Eigentlich wollten die Guardians eine sorgenfreie Runde spielen und zumindest in die Nähe der Play-off-Plätze kommen, was aber allenfalls im ersten Drittel der Saison der Fall war. Was sind die Gründe, dass die Guardians weit hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben sind? Eine Analyse:
Statistik: Die Guardians starteten mit fünf Siegen aus den ersten elf Partien durchaus vielversprechend in die Saison, konnten aus den folgenden 23 Spielen aber nur noch vier weitere gegen Artland, Schlusslicht Vechta, in Bochum sowie in Karlsruhe verbuchen. Die Bilanz in der Rückrunde (drei Siege aus 17 Spielen) ist die eines Absteigers. Im Vorjahr, als die Koblenzer ihre Premieren-Saison in der ProA absolvierten, waren es noch zehn Siege gewesen, einer mehr als zuletzt. Ein Problem, das sich durch die gesamte Saison zog: Die Koblenzer hatten die schwächste Quote jenseits der Dreierlinie (31,2 Prozent) – ein Faktor, der oft spielentscheidend ist.

Trainer: Nach seinem Amtsantritt während der Vorsaison erfüllte Marco van Berg seine wesentliche Mission und hielt die Guardians in der Pro A. Vor dieser Saison konnte er seine Ideen bei der Zusammensetzung der Mannschaft einbringen, der Niederländer schaffte es aber nur selten, dass sie als solche auftrat. Die aggressive Defense, verbunden mit einem entschlossenen Rebounding waren in Teilen sichtbar, insgesamt gelang es dem Trainer aber nicht, der Mannschaft seine Handschrift zu verpassen. In der Offensive mussten häufig Einzelaktionen herhalten, eine Entwicklung war nicht wirklich festzustellen. Die Entscheidung, sich von van den Berg zu trennen und Venelin Berov zum Cheftrainer zu befördern, brachte indes keinen zählbaren Effekt. Berov gelang es nicht, die Defensive zu stabilisieren, der Kader wies zum Ende der Saison hin aber auch eine deutliche Unwucht auf. Für den Coach spricht, dass er in den beiden abschließenden Partien noch einmal die Kräfte bündeln konnte, die Guardians bildeten eine Art Schicksalsgemeinschaft. Mit Erfolg.

Transfers: Die Guardians haben vor der Saison alle Import-Spieler, also die ausländischen Akteure, ausgetauscht. Bis auf Ty Cockfield, der zu den Top-Ten-Scorern der Pro A gehört und von Beginn an einer der Leistungsträger war, konnte allenfalls Michael Bradley mit Abstrichen den Erwartungen gerecht werden. Bryce Workman zog es nach kurzer Zeit wieder in die Heimat zurück, Allin Blunt wurde im Winter ausgemustert. Kasey Draper kam über die Rolle eines Mitläufers nicht hinaus und kam zum Ende der Saison hin kaum noch zum Einsatz. Für Workman wurde der Tscheche David Böhm verpflichtet, der zwar unauffällig, aber effizient agiert – und neben Cockfield die einzige echte Verstärkung wurde. Kader-Justierungen sind in der ProA an der Tagesordnung, bei den Guardians entstand durch die enorme Fluktuation aber keine Stabilität. Die auf den letzten Drücker verpflichteten William Lee und Alexandre Bouzidi haben Potenzial, brachten aber keine echte Trendwende. Immerhin: Lee hatte mit 34 Punkten maßgeblichen Anteil am wichtigen Sieg in Bochum.
Deutsche Spieler: Die ProA hat die Besonderheit, dass stets zwei Akteure mit deutschem Pass auf dem Parkett stehen müssen – was maßgeblichen Einfluss auf die Kaderplanung und die Rotation während der Partien hat. Vor der Saison waren die Guardians mit Maurice Pluskota, Leon Friederici, DJ Johnson und Moses Pölking eigentlich gut aufgestellt. Weil sich Pluskota aber im Herbst nach Karlsruhe verabschiedete und Pölking häufig verletzt war, entstand unter den Körben eine Vakanz, die durch die Nachverpflichtungen von Aike Bensmann und Ben Stevens nicht geschlossen werden konnte – zumal letzterer Kanadier und eben kein Deutscher ist. Ebenso wie Bensmann fehlte dem kurzeitig zurückgeholten Yassin Mahfouz die Klasse für die ProA. Auch die jungen Jakob Hanzalek und Dami Ade-Eri konnten am Ende nur wenig die Routiniers Johnson und Ade-Eri entlasten.

Fans: Die ungeschickte Terminplanung der Guardians sorgte dafür, dass der Spielplan zerrissen war und die Begegnungen in der heimischen EPG Arena nur sporadisch am favorisierten Samstagabend ausgetragen wurden. Die Wochen-Termine kosteten Zuschauer, sorgten für weniger Einnahmen – und waren in vielen Partien der Stimmung in der Halle abträglich. In der Vorsaison kamen 1442 Besucher im Schnitt, in dieser Spielzeit waren es 1423, begünstigt auch durch einige Freikarten-Aktionen.
Verletzungen: Die lange Verletzungspause von Kapitän DJ Johnson war nur schwer zu kompensieren, zumal sein Fehlen die Rotation massiv beeinflusste. Zwischenzeitlich war das Team durch Krankheiten enorm geschwächt, aufgrund der fehlende Tiefe im Kader konnte in einigen Partien nur Schadensbegrenzung betrieben werden. Zum Ende der Saison fiel Center Moses Pölking aus, was eine erhebliche Mehrbelastung für Friederici und Johnson mit sich brachte. Die Blessuren in Kombination mit der Fluktuation im Kader waren wesentliche Faktoren, dass das Team kaum zu Konstanz fand – und guter Teambasketball selten zu sehen war.