Fußball: Was Kreisverband und Betroffene über die Empfehlung denken, einen Vereins-Schiedsrichterbeauftragten zu etablieren
Vereins-Schiedsrichterbeauftragter: FVR-Vorstoß löst im Rhein/Ahr-Kreis verhaltene Reaktionen aus
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Vor allem junge Schiedsrichter können jemanden gebrauchen, der sich um sie kümmert. Das soll dann auch zu den Aufgaben eines Vereins-Schiedsrichterbeauftragten gehören. Foto: Hans-Josef Schneider
Hans-Josef Schneider

Der Fußballverband Rheinland empfiehlt seinen Vereinen, einen eigenen Schiedsrichterbeauftragten zu installieren. Wie kommt dieser FVR-Vorstoß an der Basis an? Wir haben uns im Fußballkreis Rhein/Ahr umgehört. 

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Es ist eigentlich wie immer: Wenn bei den Deutschen Neues ins Haus steht, treten die Bedenkenträger auf den Plan und machen die Sache schon madig, bevor sie überhaupt zum Tragen kommt. So ist das auch beim Fußball. Man erinnere sich nur an die Diskussionen vor der Einführung von Regeländerungen. Mittlerweile sind sie etabliert.

Wird das beim Vereins-Schiedsrichterbeauftragten, der allerneuesten Kreation des Fußballverbandes Rheinland, auch der Fall sein? Kann durch die Implementierung dieser neuen und zusätzlichen Funktion der stetige Rückgang an Schiedsrichtern aufgehalten werden? Kann es gelingen, mehr Männer, Frauen und Jugendliche für dieses Ehrenamt zu begeistern, sie zu gewinnen und sie dauerhaft bei der Stange zu halten? Was sagen die Praktiker dazu, die Verantwortlichen vor Ort in den Vereinen und auf Kreisebene? Die RZ hat sich umgehört.

Keine Pflicht

Der Vereinsschiedsrichterbeauftragte soll als Bindeglied zwischen Verein, Schiedsrichtervereinigung, eigenen Schiedsrichtern sowie den spielleitenden externen Schiedsrichtern bei Heimspielen fungieren. Dies ist eine Empfehlung und (vorerst) keine Pflichtposition. Es soll eine Person sein, die das Verhältnis zwischen Schiedsrichtern, Spielern und Zuschauern positiv beeinflusst und die eigenen Schiedsrichter ins Vereinsleben integriert.

Bei Heimspielen soll er ein Ansprechpartner vor Ort sein, für einen sauberen und einwandfreien Zustand der Schiedsrichterkabine sorgen und während des Spiels deeskalierend einzuwirken.

Kreisvorsitzender ist skeptisch

Kein großer Freund dieser neuen Position ist der Kreisvorsitzende Dieter Sesterheim. Dies hat er auch schon in den Arbeitstagungen für Senioren und Jugend deutlich gemacht. „Ich sehe das zweigeteilt. Einmal geht es um die Betreuung im Verein. Da bedarf es aber keines gesonderten Betreuers, das ist Sache des Vorstandes, immer daran zu denken, dass auch der Schiedsrichter zum Verein gehört und ihn daher am Vereinsleben teilhaben zu lassen. Aber auch das hat zwei Seiten, denn es gibt ja Schiedsrichter, die nur kassieren und sonst nichts mit dem jeweiligen Verein zu tun haben wollen“, sagt Sesterheim.

Und er fährt fort: „Andererseits geht es um einen Betreuer für den angesetzten Schiedsrichter. Da bin ich als aktiver Schiedsrichter der Meinung, dass man frühzeitig anreisen sollte und dann alle Einzelheiten mit einem Vertreter des Heimklubs vor Ort klären kann. Dafür muss man vereinsseitig nicht extra jemanden abstellen. Denn auch das ist die nackte Wahrheit: Ehrenamtler fallen nicht vom Baum.“

Seit 40 Jahren Schiedsrichter

Ähnlich sieht es Hans-Werner Zschiesche, selbst seit fast 40 Jahren Schiedsrichter und in seinem Heimatverein SC Saffig für den Nachwuchs verantwortlich: „Grundlegend bei dieser neuen Position ist doch der allgemeine Personalmangel bei den Ehrenämtern. Wir sehen es beim Kreisvorstand und müssen es doch auch in den Vereinen erkennen. Ein Überschuss bei den Bewerbern zur Vorstandsarbeit gibt es nicht. Ich sehe das doch beim Ehrenamtsbeauftragten. Auch hier wird der Posten meist nur am Rande mit verwaltet. Wenn man den Personalaufwand für ein normales Spiel betrachtet, haben sicherlich viele Vereine auch schon ein Problem, fünf Platzordner zu stellen. Bei uns in Saffig sehe ich darüber hinaus die Schiedsrichter gut aufgehoben. Wir haben eine saubere Kabine, es gibt immer was zu trinken, und die Damen und Herren wurden in den vergangenen Jahren meiner Meinung nach gut behandelt.“

SG Westum/Löhndorf wartet ab

Erwin Ritterrath, seit Jahrzehnten Jugendleiter bei der SG Westum/Löhndorf und vielfach ausgezeichneter Vereinsfunktionär, gibt an, dass in seinem Verantwortungsbereich derzeit nicht geplant sei, einen Schiedsrichterbeauftragten zu installieren. „Die unter Aufgaben im Verein genannten Punkte werden bei uns von den Vorständen wahrgenommen. Die Aufgaben bei Heimspielen können nach unserer Auffassung nur von den Trainern und Betreuern vor Ort wahrgenommen werden. Das Thema bleibt aber bei uns auf der Tagesordnung. Wir werden die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls in der Sache neu entscheiden.“

Für Krings ändert sich nicht viel

Hermann Krings ist seit fast 30 Jahrzehnten Schiedsrichter und daher bei der SG Eintracht Mendig/Bell schon immer für Werbung, Betreuung und Schulung von Schiedsrichtern zuständig. „Jetzt werde ich also zum Beauftragten befördert. Dabei wird sich für mich kaum etwas ändern. Denn bei uns weiß längst jeder Trainer, Spieler und Vorständler, dass man sich bei mir melden kann, wenn es ums Pfeifen geht. Natürlich kann ich als Beauftragter nicht bei jedem Spiel vor Ort sein. Aber unsere Trainer und Spieler wurden von mir informiert und sind in der Lage, das Notwendige zu erledigen.“

Krings beschreibt seine Aufgaben so: Schiedsrichterkabine in Ordnung halten (Dusche, PC, Ausstattung, Info Material), am Spieltag Getränke und Imbiss regeln, Begrüßung und Verabschiedung, Jungschiedsrichter bei den eigenen Mannschaften werben, Ansetzungen bei Freundschaftsspielen mit eigenen Schiedsrichtern organisieren, die Vereins-Schiedsrichter einladen zu Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern. Krings: „Wir haben in Mendig auch schon Schiedsrichter an Vereine abgegeben, sobald wir einen Überschuss hatten.“ Sein Fazit: „Es kann nur besser werden mit einem Beauftragten. Dass der Vorstand das so nebenbei regelt, führt dazu, dass in dem Bereich zu wenig gemacht wird. Ich möchte nur an die Zustände der Schiedsrichterkabinen in vielen Fällen hinweisen.“

SG Kempenich sucht nach Unparteiischen

Die SG Kempenich/Spessart/ Rieden/Volkesfeld verfügt derzeit noch über drei Schiedsrichter und erfüllt damit das vom Verband verlangte Soll. Alexander Bell, Spieler der ersten Mannschaft und Vorstandsmitglied im SC Kempenich, ist auf der Suche nach Ersatz für einen Unparteiischen, der für mehr Geld zu einem anderen Verein wechselt. „Und das bringt mich auf die Palme. Da werden schon mehr als Tausend Euro pro Schiedsrichter gezahlt, da machen wir nicht mehr mit. Da müsste auch der Verband einen Riegel vorschieben und die Beträge deckeln.“

Es fehle zunehmend an der Motivation seitens potenzieller Neueinsteiger. „Einerseits wird sehr viel verlangt, andererseits hat der Spielleiter viel mehr als die Spieler mit Kritik von außen und nicht selten mit Drohungen und Gewaltanwendung zu kämpfen. Der Verband macht es sich zu einfach, wenn er die Belastungen nach unten an die Vereine verlagert. Ich bin der Auffassung, dass ein neuer Posten keineswegs ausreicht.“

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