Gewalteskalation in Bad Ems
Vater attackiert Schiedsrichterin bei Jugendspiel
Pöbeleien und Gewalt gegen Schiedsrichter sind im Fußball keine Seltenheit. Bei einem Jugendspiel in Bad Ems eskalierte die Lage, die Unparteiische wurde hart attackiert und verletzt.
Robert Michael/dpa. picture alliance/dpa

An jedem Spieltag sehen sich Schiedsrichter beim Fußball verbaler Gewalt ausgesetzt. In Bad Ems wurde jetzt ein Vater eines D-Jugendlichen handgreiflich gegen eine Schiedsrichterin und verletzte sie. Die Polizei ermittelt.

Auf Fußballplätzen geht es zuweilen hoch her. Schiedsrichter stehen oft im Mittelpunkt von mehr oder weniger hitzigen Diskussionen. Doch dabei bleibt es manchmal nicht. Dann fliegen sogar Fäuste. So wie am frühen MIttwochabend im Silberaustadion in Bad Ems. Dort wurde das Spiel der Meisterrunde der D-Junioren (!) zwischen dem VfL Bad Ems und der JSG Bogel nach heftigen Tumulten abgebrochen.

Heftige Attacke auf dem Weg in die Kabine

Mit dem Sturm auf den Platz des erzürnten Vaters eines VfL-Spielers sowie eines weiteren Mannes ging es los. Der Vater reklamierte rund vier Minuten vor dem regulären Ende der nach Aussage von Augenzeugen recht ruppig geführten Partie bei der Spielleiterin vehement ein Foul an seinem Sohn und bedrohte die Unparteiische, die erst seit 2024 pfeift. Daraufhin brach die Schiedsrichterin das Spiel ab. VfL-Jugendleiter Aleksandar Petkovic und Dalibor Srdanov, der Trainer des VfL-Teams, schritten ein, stellten sich schützend vor die Frau, machten unmissverständlich von ihrem Hausrecht Gebrauch und verwiesen die aggressiven Streithähne des Stadions.

Das war aber noch längst nicht alles. Was folgte, lässt einem den Atem gefrieren. Auf dem recht weiten Weg vom Kunstrasen in die Kabine tauchten besagter Vater und der andere Mann plötzlich wieder vor der Schiedsrichterin auf. Diesmal blieb es aber nicht bei verbalen Entgleisungen. Es sollen sogar Morddrohungen ausgesprochen worden sein. Der Schiedsrichterin wurde in einem Handgemenge körperliche Gewalt zugefügt. Die Frau musste unter anderem mit einem blauen Auge, einer Gehirnerschütterung und einer Verletzung an der Schulter in ein Krankenhaus gebracht und dort in der Notaufnahme ärztlich behandelt werden.

„Wir tolerieren keinerlei Gewalt – weder gegen Schiedsrichter, Trainer, Betreuer, Spieler noch sonst irgendwen. Dieses grob vereinsschädigende Verhalten wird von uns nicht toleriert und umgehend satzungsgemäß sanktioniert. Wir werden deutliche Zeichen setzen.“
Daniel Jores, Vorsitzender des VfL Bad Ems

Der VfL-Vorsitzende Daniel Jores, der beim Spiel selbst nicht anwesend war, aber wegen der sich zuspitzenden Eskalation – sogar die spielenden Kinder sollen sich „in die Wolle“ bekommen haben – gerufen wurde, ist total geschockt. „Das wird dann zunächst mal wieder auf unseren Verein abgewälzt. Aber das sind nicht die Werte, für die wir beim VfL Bad Ems stehen und die wir auch unseren rund 120 aus vielen Nationen kommenden Kindern und Jugendlichen vorleben. Das können wir so nicht stehen lassen. Wir haben weitgehend alles im Griff. Wir tolerieren keinerlei Gewalt – weder gegen Schiedsrichter, Trainer, Betreuer, Spieler noch sonst irgendwen. Dieses grob vereinsschädigende Verhalten wird von uns nicht toleriert und umgehend satzungsgemäß sanktioniert. Wir werden deutliche Zeichen setzen.“

Der Traditionsverein aus der Kurstadt hat unabhängig der polizeilichen Ermittlungen bereits erste Konsequenzen gezogen und die offenbar schon häufiger mitsamt ihrem Umfeld auffällig gewordene Mannschaft mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb abgemeldet. „Es gilt unbedingt weitere Eskalationen zu verhindern.“ Die vom Jugendleiter herbeigerufene Polizei ermittelt, das Opfer stellte Strafanzeige.

Jugendleiter und Trainer zeigen Zivilcourage

Jores lobte das entschlossene Handeln des Jugendleiters und des Trainers, die der angegriffenen Schiedsrichterin so gut es ging Schutz gewährten. „Bei körperlicher Gewalt hört es auf. Ich will mir gar nicht ausmalen, was noch hätte passieren können, wenn die beiden nicht so viel Zivilcourage gezeigt hätten. So schnell kann man ja kaum reagieren. Davor ziehe ich den Hut und wünsche der Schiedsrichterin, dass sie die körperlichen und seelischen Verletzungen schnell gut verkraftet und wegsteckt.“

Der Verein steht in engem Kontakt mit der Schiedsrichter-Vereinigung, Helmut Hohl vom Verbands-Jugendausschuss, der Kreisspruchkammer sowie der Schiedsrichterin. Das betonen Hohl und Kreis-Schiedsrichter-Obmann Patrick Heim. Hohl spricht „von einer Katastrophe für den Jugendfußball und den VfL Bad Ems“ und der Unmöglichkeit, den Vereinen die Gestellung von Platzordnern bei Jugendspielen aufzuerlegen. Heim ist nicht minder fassungslos. „Da kann man nur den Kopf schütteln. Es wurde hier eine Grenze überschritten, die nicht mehr tolerierbar ist. Du hast aber keine Chance, wenn ein Einzelner ausrastet“, so der Hohensteiner.

„Ich habe mit ihr gesprochen. Zum Glück geht es ihr den Umständen entsprechend gut.“
Patrick Heim, Schiedsrichter-Obmann Rhein-Lahn

Er berichtet von viel Zuspruch, Reaktionen aus den Vereinen und einer damit hergehenden enormen Welle an Solidarität für die Schiedsrichterin, die sich nach dem Bekanntwerden des schlimmen Vorfalls wie ein Lauffeuer verbreitet habe. „Ich habe mit ihr gesprochen. Zum Glück geht es ihr den Umständen entsprechend gut“, sagt Heim und bedankt sich zudem auch ausdrücklich beim VfL-Jugendleiter und Trainer.

Mögliche Konsequenzen im Schiedsrichter-Bereich würden mit den Betroffenen und den entsprechenden Gremien zeitnah besprochen. Heim sieht sich auch darin bestärkt, dass das praktizierte Stopp-Konzept mit Spielunterbrechungen zur Abkühlung der Gemüter wichtig sei. „Wir wurden dafür viel kritisiert, aber es zeigt sich in der Praxis, dass es äußerst sinnvoll ist.“

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