SC-Trainer Andy Baumgartner ahnte schon, dass die gemeinsame Vergangenheit von sich und seinem neuen Angreifers besonders herausgehoben werden könnte und meinte lachend: „Ja, er hat auch schon mal in Meisenheim gespielt, und ich war dort in der B- und der A-Jugend sein Trainer. Aber wie bei allen anderen Spielern mit Meisenheimer Vergangenheit war das für den SC Idar-Oberstein kein Kriterium für die Verpflichtung.
Müller gehört auch zu den Trainern
Deutlich wichtiger ist dem Coach, der längst auch in Personalunion Sportlicher Leiter beim SC ist, der Umstand, dass Maurice Müller eine Ausbildung als Fitnesscoach und Ernährungsberater abgeschlossen hat (mit sehr guten Noten, wie Baumgartner betont), in Idar-Oberstein arbeiten und auch wieder wohnen wird. „Er wird bei uns so eine Art spielender Fitnesstrainer“, erklärt Baumgartner, betont aber, dass Müller im Idarer Trainerteam nicht gleichzusetzen sei mit dem spielenden Co-Trainer Christian Henn. Über Aufstellungsfragen beispielsweise soll sich Müller nicht den Kopf zerbrechen. „Maurice steht uns in seinem Fachgebiet beratend zur Seite“, umreißt der Chefcoach die Traineraufgaben des Zugangs und streicht heraus: „In diesem Bereich hatten wir Nachholbedarf im Verein. Alle werden davon profitieren, aber besonders der Jugendbereich, wo er sein Wissen ebenfalls weitergeben wird.“
Kein Zweifel besteht jedoch darin, dass Maurice Müller in erster Linie wegen seiner Fähigkeiten als Angreifer zum SC Idar-Oberstein wechselt. Wenn der junge Mann aus Nahbollenbach, der in der Jugend schon einmal das Idarer Trikot getragen hat, fit ist, dann kann er den SC zweifellos weiterbringen. Wie gut er sein kann, beschreibt der Umstand, dass er schon zu Lehrgängen der Deutschen Jugendnationalmannschaften eingeladen worden ist. „Er ist ein echter Bulle, der enorme Wucht entwickelt und dem kein Weg zu weit ist“, beschreibt Baumgartner Müllers fußballerische Kompetenz und gibt ein Beispiel: „In seiner letzten Saison, 2018/19, in der A-Jugend-Regionalliga hat er für Elversberg mehr als 20 Tore erzielt.“ Auch bei Oberligist TSG Pfeddersheim ließ er in der vergangenen Saison aufhorchen, als er in der zweiten Verbandspokalrunde kurz nach seiner Einwechslung gegen Regionalligist TSV Schott Mainz das entscheidende 3:1 markierte. Kurios: sein Gegenspieler dabei war Luca Baderschneider, der nun ebenfalls das SC-Trikot überstreift.
Doch bei allem Talent, das Müller mitbringt, ist sich Baumgartner sicher, dass der neue SC-Angreifer Zeit brauchen wird. „Vor Corona hatte er einen Kreuzbandriss, Maurice hat also relativ wenig Spielerfahrung in letzter Zeit“, erklärt der SC-Coach, der zwar lachend, aber durchaus ernst gemeint festhält: „Mich freut es, dass Maurice zu uns kommt, weil ich seinen Opa Karl Müller schätze, dessen großer Wunsch es ist, Maurice beim SC zu sehen.“ Wohnort, Familie, Beruf, Fußball – Baumgartner glaubt, dass diese Bausteine ein stimmiges Bild im Falle von Müller geben.
Enormer Konkurrenzkampf
Unstrittig ist nach dieser Verpflichtung allerdings auch, dass der Konkurrenzkampf in Idar ordentlich angeheizt worden ist. Müllers beste Position ist die des Mittelstürmers – und dort verfügt der SC in Florian Zimmer und Justus Klein schon über zwei Supermänner. Baumgartner sieht darin aber alles andere als ein Problem, sondern fast schon Notwendigkeit. Er sagt: „Alle drei, Justus, Florian und Maurice, können auch auf der Außenbahn spielen. Außerdem haben wir in der vergangenen Runde schon mehrfach mit zwei Spitzen agiert. Wir können und wollen mehrere Systeme abbilden, und dafür brauchen wir jeden Spieler.“
Baumgartner verteidigt Kadergröße
Womit wir beim Kader des SC Idar-Oberstein angekommen wären. Nachdem nun feststeht, dass Achille Ebongue weiter zum Aufgebot der Verbandsligamannschaft zählt, besteht der Kader aus 20 Feldspielern und drei Torhütern. Hinzu kommen fünf Akteure, die an der Schnittstelle zwischen erster und zweiter Mannschaft stehen. Leidenschaftlich verteidigt Baumgartner die Größe seines Kaders. Er hält fest: „Nur die erste Mannschaft für sich genommen, ist er genauso groß wie in der vergangenen Saison. Außerdem sehe ich erste und zweite Mannschaft, die immerhin in der Landesliga spielt, als Gesamtpaket.“ Der SC-Trainer erklärt: „Alle Spieler kommen zudem aus einer immens langen Coronapause. Ich habe schon mal gesagt, dass das wie nach einem Kreuzbandriss ist. Wir werden auf Verletzungen reagieren und Belastungen steuern müssen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir jeden Spieler brauchen werden.“ In den Augen des SC-Trainers gehört ab einer bestimmten Spielklasse Konkurrenzkampf außerdem zum Geschäft. Er betont: „Es gibt Spieler, die Konkurrenzkampf annehmen, und es gibt Stinkstiefel. Das Gute bei uns ist, dass wir keine Stinkstiefel haben, so dass der Konkurrenzkampf dazu führen sollte, dass wir als Mannschaft besser werden – und nur so hat man im Amateurbereich Erfolg, nicht wegen eines Einzelspielers.“
Gleichwohl dürfte die Qualitäten des Trainers als Moderator und Pädagoge gefragt sein – vor allem dann, wenn alle oder fast alle Spieler fit sind. Baumgartner räumt das auch ein und sagt: „Stimmt, wir haben nur Bomben im Kader, eigentlich niemanden, der abfällt, aber die „Bomben“ können alle auf mindestens drei Positionen spielen. Ich bin deshalb sicher, dass jeder seine Einsatzzeiten bekommen wird.“
Achille Ebongue bleibt
Dass nun doch auch Ebongue Teil dieser starken Mannschaft ist, war lange nicht zu erwarten. Die Wege des Innenverteidigers und des SC schienen sich zu trennen, doch es hat eine Wendung gegeben. Andy Baumgartner erklärt: „Weil wir nicht in die Oberliga aufgestiegen sind, sehe ich keinen Sinn darin, einen weiteren externen Innenverteidiger zu holen, zumal wir mit Johannes Lang, Paulo de Souza, Christian Henn und Alex Davidenko dort auch ansonsten hervorragend aufgestellt sind. „Wir haben uns entschlossen, mit Achille weiterzuarbeiten und ihn vielleicht wieder zu dem zu machen, was er schon war: einen der besten Oberliga-Verteidiger.“
Zunächst einmal würde es freilich ausreichen, wenn Ebongue wieder in der Verbandsliga Fuß fassen und helfen könnte, dass der SC Idar-Oberstein wie in der vergangenen Saison zur absoluten Spitze der höchsten SWFV-Spielklasse gehört. Damit die Idarer dieses Ziel erreichen, plant Baumgartner mit einer Vorbereitungszeit von acht bis neun Wochen. Darin enthalten ist auch ein Trainingslager, das, sofern es Corona zulässt, vom 15. bis 18. Juli in der Sportschule Wedau in Duisburg stattfinden wird.
Großer, starker, ausgeglichener Kader mit drei Mittelstürmern der Extraklasse und ein Trainingslager an der alten Wirkungsstätte des legendären Weltmeistermachers Sepp Herberger: Der SC Idar-Oberstein lässt definitiv nichts unversucht, um in der Saison 2022/23 endlich wieder dort zu spielen, wo er seit 1995 am häufigsten zu finden war – in der Fußball-Oberliga.