Selbst der überraschende Einsatz eines Oberliga-Spielers half dem Bollenbacher SV nicht, eine Klatsche im ersten Aufstiegsspiel zur Fußball-Bezirksliga zu vermeiden. Justus Klein, bis vor wenigen Tagen beim SC Idar-Oberstein unter Vertrag, lief in Rüdesheim für den BSV auf. Doch die Gastgeber konnte auch er nicht stoppen, sie erwiesen sich als zu stark. Der VfL Rüdesheim gewann auch in dieser Höhe verdient mit 7:0 (3:0).
„Wir hatten natürlich im Vorfeld davon gehört, und ich habe mich erkundigt, wie er uns wehtun könnte, aber ich habe die Jungs auch beruhigt und gesagt, dass Fußball ein Mannschaftssport ist und dass wir ihn im Verbund verteidigen müssen. Genau so haben wir es umgesetzt“, sagte VfL-Spielertrainer Baris Yakut. Nach wenigen Sekunden gewann Klein an der Außenlinie einen Zweikampf und ließ die Bank des BSV anerkennend jubeln. Danach war wenig bis nichts von ihm zu sehen. „Das war eine Schnapsidee, aber Justus liebt das Daal, und ich finde klasse, dass er uns helfen will. Es war sein Impuls, aber wir sollten nicht vergessen, dass er aus einer halbjährigen Verletzung kommt“, erklärte BSV-Trainer Carsten Fuchs. Nur aufgrund dieser Zwangspause in Pflichtspielen war der kurzfristige Wechsel ja auch erst möglich geworden.
„Die Rüdesheimer waren in jedem Zweikampf drin, wir in kaum einem. So kenne ich meine Mannschaft eigentlich gar nicht.“
Carsten Fuchs
In den ersten zehn Minuten war so etwas wie Ausgeglichenheit erkennbar. „Da wurde es ein-, zweimal brenzlig“, erinnerte Yakut nach dem Spiel an gute Ansätze des Gegners. Er tat es auch oder gerade, um seine Mannschaft und das Umfeld davor zu warnen, im Rückspiel am Donnerstag von einem Selbstläufer auszugehen. Verständlich aus Trainersicht, auch wenn Spiel eins schnell zu einem Selbstläufer wurde. Von Minute zu Minute nahm die Überlegenheit der Gastgeber zu – läuferisch, spielerisch und taktisch. Fuchs erkannte noch einen weiteren wesentlichen Unterschied: „Die Rüdesheimer waren in jedem Zweikampf drin, wir in kaum einem. So kenne ich meine Mannschaft eigentlich gar nicht.“







Als Musterbeispiel diente das 1:0, als Fevzi Almazoglu in einer Pressingaktion den Ball mit einem geschickten Zweikampfverhalten gewann, Cihan Yakut den Ball nicht nur abschirmte, sondern auch perfekt zu Baris Yakut weiterleitete. Der nahm mit einem Schlenzer Maß und traf zum 1:0 (18.). Baris Yakut war in der Folgezeit nicht mehr zu stoppen. Grandios sein Zuspiel aus der eigenen Hälfte in den Lauf von Dominik dos Santos. Der schien schon gestoppt zu sein, stocherte den Ball aber noch in die Mitte, und abgefälscht von einem BSVler trudelte die Kugel über die Linie zum 2:0 (23.). Das 3:0 (40.) markierte Yakut dann wieder auf direktem Weg, er zirkelte einen Freistoß von außen ins lange Eck.
„Die Tore sind sehr unterschiedlich gefallen. Das passt zu unserem Spiel. Ich möchte variabel sein.“
Baris Yakut
Die Rüdesheimer zeichnete aus, dass sie nach der deutlichen Führung im Rücken zu keinem Zeitpunkt auch nur einen Deut nachließen, selbst nach ihren Wechseln wurden sie nicht schlechter. Dass auch Kontern zu ihrem Repertoire gehört, zeigten die Rüdesheimer in Minute 51. Nach einem Eckball des BSV ging es ruck, zuck nach vorne, vor allem aber mit viel Präzision. Der Pass von Cihan Yakut fand exakt den Laufweg von Torschütze Semih Celebi. Nach zwei Assists trag sich dann auch Cihan Yakut in die Torschützenliste ein. Baris Yakut hatte vor dem 5:0 (58.) quergelegt, Furkan Senel das 6:0 (69.) mit einem öffnenden Pass glänzend vorbereitet. Den Schlusspunkt setzte Hayri Gülsen mit einem Kopfball nach einer Ecke (75.). „Die Tore sind sehr unterschiedlich gefallen. Das passt zu unserem Spiel. Ich möchte variabel sein. Die Außenspieler sollen mal kurz kommen, mal in die Tiefe starten. Das Gleiche gilt auch für andere Positionen“, verriet Baris Yakut seine Handschrift, die an seiner ersten Trainerstation auch direkt als Erfolgsrezept bezeichnet werden darf.
Keine Gelbe Karte, dafür eine Rote
Egal, ob im Rückzugsverhalten oder auf dem Weg nach vorne – der BSV wirkte behäbig, schwerfällig, unglücklich. Das in der Verlängerung verlorene Entscheidungsspiel gegen den SV Oberhausen schwebte irgendwie über den Köpfen der Daaler. Zu allem Überfluss kam noch eine Rote Karte hinzu. In der letzten Aktion des fairen Spiels, in dem nicht eine Gelbe Karte gezückt wurde, zog Tim Wagner die Notbremse. Das 0:8 verhinderte er so, seinen Einsatz im zweiten Spiel am Donnerstag aber auch. „Das war bitter und deutlich. Wir hatten null Chance gegen diese Rüdesheimer. Bei vier der sieben Treffer helfen wir nach, teilweise war das Slapstick“, sagte Fuchs und fügte an: „Das war eben alles ein bisschen zu viel für meine Mannschaft, vor allem die Niederlage in Bärenbach und die Verletzungen, die wir da erlitten haben.“
Doch der Modus gibt es her, dass der BSV schon mit einem 1:0 am Donnerstag um 19 Uhr vor eigenem Publikum wieder im Spiel wäre – auch wenn nach dem ersten Spiel wenig dafür spricht. „Wir haben nichts mehr zu verlieren“, erklärte Fuchs. Sein Gegenüber Baris Yakut bremste die Euphorie: „Wir dürfen uns von dem 7:0 nicht täuschen lassen. Wir haben erst 50 Prozent geschafft. Am Donnerstag geht es wieder bei null los.“
VfL Rüdesheim – Bollenbacher SV 7:0 (3:0)
VfL Rüdesheim: Christ – Gülsen, Rodionov, Merk, Rabaa – Almazoglu (65. Senel), Nurkovic (79. Gomes) – dos Santos (59. Ghafori), B. Yakut, Celebi (64. Ergün) – Cihan Yakut (76. K. Yakut).
Bollenbacher SV: Furtwängler – Juchem, Horbach (65. Ziegel), Köhler, Dahm (72. Wagner) – Kornetzky – Lotzmann (72. El-Saleh), Klein (72. Buatkala), Retzler – Martin (65. Hahn), Decker.
Schiedsrichter: Benazza (Mainz).
Zuschauer: 600.
Tore: 1:0 B. Yakut (18.), 2:0 dos Santos (23.), 3:0 B. Yakut (40.), 4:0 Celebi (51.), 5:0 Cihan Yakut (58.), 6:0 Cihan Yakut (69.), 7:0 Gülsen (75.).
Rote Karte: Wagner (90., Notbremse).
Beste Spieler: B. Yakut, Merk, Nurkic, Cihan Yakut – Fehlanzeige.