Michael Höft hatte sich nach dem Abpfiff, der seinen SV Winterbach zum Meister der Fußball-Bezirksliga machte, ein ruhiges Plätzchen gesucht, ganz weit weg vom großen Trubel, außen am Zaun. Der SVW-Vorsitzende kniete nieder, zog seine Brille aus und vergoss einige Tränen. „Ich bin ein sehr emotionaler Mensch“, sagte er ein paar Minuten später und erklärte: „Diese Meisterschaft bedeutet mir enorm viel, weil so viel Herzblut drinsteckt.“
Auf der großen Rasenfläche startete da nach dem 6:1 über den FSV Idar-Oberstein bereits die große Meistersause. Als Erster bekam Torwart Samuel Keßler eine Bierdusche verpasst. Torjäger Elias Pfenning schnappte sich direkt mal ein Meistershirt, und zahlreiche Raketen stiegen in den Winterbacher Himmel auf. Der ultimative Meistersong „We are the champions“ lief in Dauerschleife, und auch die mittlerweile obligatorischen Bengalos durften nicht fehlen und nebelten den Sportplatz ein. Später kamen einige Sektduschen hinzu. Nein, trocken blieb an diesem so historischen Tag in Winterbach keiner. „Wir machen jetzt die Nacht zum Tag“, kündigte Höft an, nachdem er von Staffelleiter Thomas Dubravsky die Meisterurkunde entgegengenommen und noch einige Worte an die Mannschaft gerichtet hatte.
„Die beiden Trainer sind mit Geld nicht zu bezahlen.“
Michael Höft
Dabei hob er die Arbeit des Trainerteams hervor. „Was Torben Scherer und Patrick Jungblut geleistet haben, ist herausragend“, betonte Höft und erklärte: „Sie haben es geschafft, dass wir alle zu einer großen Gemeinschaft zusammengewachsen sind, dass erste und zweite Mannschaft eine Einheit sind. Die beiden sind mit Geld nicht zu bezahlen.“
Dabei fiel auch mehrfach der Name von Vorgänger Michael Minke, der am Morgen vor dem Spiel noch viel Glück gewünscht hatte und passenderweise am gleichen Tag mit der SG Dickenschied Meister wurde. „Torben und Patrick haben das fortgeführt, was Mitch angestoßen hat“, stellte Höft fest, ehe er das Motto der folgenden Stunden vorgab: „Jetzt wird mal so richtig Gas beim Feiern gegeben.“
Jonas Kunz spielt mit den Jungs, die er einst trainiert hat
Das ließen sich auch die Trainer nicht zweimal sagen. Jungblut war schon völlig durchnässt, als er analysierte: „Ich glaube, dass Entscheidende war die Vorbereitung auf die Saison. Von der zehren wir bis heute. Wahnsinn, wie sich die Jungs da reingehängt und das neue System umgesetzt haben.“ Eine einzige Niederlage kassierte das Team in 29 Punktspielen. Die fiel mit 0:5 in Weinsheim heftig aus, erwies sich aber als reinigendes Gewitter. „Die kam zum richtigen Zeitpunkt. Sie hat die Sinne noch einmal geschärft, danach war wieder ein anderer Geist zu spüren“, erinnerte sich Jonas Kunz, der Routinier des Teams.
Er spielt mittlerweile mit den Jungs, die er in der Jugend selbst trainierte. „Da schließt sich ein Kreis. Es macht Mega-Spaß, mit diesen Jungs zu spielen und nun auch Meister zu werden. Ich gebe zu, ihre Welt ist nicht immer auch meine Welt, aber ich denke, dass ich den Jungs mit meiner Erfahrung weiterhelfen kann“, sagte Kunz.

An der Winterbacher Meisterschaft wird einmal mehr deutlich, wie wichtig Jugendarbeit und auch das Fördern eines starken Jahrgangs ist. Das Gros der Mannschaft stellen die Spieler, die 2016 Meister der Landesliga wurden – in der D-Jugend wohlgemerkt. Dazu kommen extrem junge Spieler, die nachrücken. Emilio Becker, Tommy Warkus, der in der Rückrunde auftrumpfte, und seit wenigen Wochen und seit seinem 18. Geburtstag auch Höfts Sohn Maximilian.
Egal, welches Alter, alle Meisterspieler sind Eigengewächse oder haben einen sehr engen Bezug zu Winterbach. Das macht die Mannschaft und die Meisterschaft so besonders. „Der SV Winterbach ist eine große Familie“, betonte Scherer. „Wir leben 24/7 für den Fußball und das Team. Es gab zuletzt keinen Tag, an dem ich nicht mit Torben gesprochen oder telefoniert habe“, ergänzte Höft, der aber auch nachdenkliche Töne anschlug: „Die Landesliga wird nun eine Herausforderung, sportlich und organisatorisch. Wir haben viele gute Ehrenamtliche. Aber es wird nicht mehr reichen, dass drei, vier Leute nahezu alles machen. Da wird von jedem Einzelnen im Verein mehr verlangt werden.“ Eines schloss der Vorsitzende aber aus: „Verrückte Sachen machen wir auch nach dem Aufstieg keine. Wir bleiben da ganz bei uns.“
„Die Winterbacher waren das stärkste Team der Saison.“
Thomas Dubravsky
Im Feiern von Meisterschaften haben sie in Winterbach übrigens wenig Erfahrung. Zuletzt war der SVW meist über Aufstiegsspiele aufgestiegen, nun geht es als Champion hoch. „Und das völlig verdient. Die Winterbacher waren das stärkste Team der Saison“, würdigte Staffelleiter Dubravsky. Der Weg des SVW ähnelt übrigens dem des FC Schmittweiler. Auch der war zunächst in der Aufstiegsrunde gescheitert und in der Saison darauf durchgestartet. „Der FC Schmittweiler ist auch in der Landesliga ein gutes Vorbild“, betonte Jungblut mit dem Blick auf die Arbeit dort mit vielen jungen Spielern und starken 44 Punkten nach dem Aufstieg.
Mit mittlerweile 52 Toren sticht Torjäger Elias Pfenning auf den ersten Blick aus dem Winterbacher Kollektiv heraus. Doch wer den Torjäger auf dem Spielfeld sieht, wie er fürs Team ackert und den Ball auch mal querlegt, der spürt, dass er das Winterbacher Gen in sich trägt. „Ich bin einfach sehr, sehr froh, ein Teil dieser tollen Mannschaft zu sein und die Meisterschaft zu Hause mit unseren Fans feiern zu können“, drückte er auch verbal seine Verbundenheit aus und ergänzte: „Wir sind von Training zu Training enger zusammengerückt und von Spiel zu Spiel stärker geworden.“
In der nächsten Saison rückt er ins Trainerteam auf, assistiert Chefcoach Scherer. Der blickte im Moment des großen Triumphs nicht nur auf die erfolgreiche Saison zurück, er erinnerte auch an eine vor wenigen Wochen verstorbene Winterbacher Fußball- und Schiedsrichter-Legende. „Ich möchte unsere Meisterschaft gerne Horst Wolf widmen. Er hätte sich mit Sicherheit sehr mit uns gefreut.“ Noch so ein emotionaler Moment am großen Meistertag.