Baris Yakut moniert Platzwahl
BSV schickt den VfL Rüdesheim in den Staub
Auch den allerletzten Angriffsversuch des VfL Rüdesheim (in gelb) überstand der Bollenbacher SV. Keeper Timo Furtwängler (links) setzt sich durch - und wenige Sekunden später wird das Entscheidunsspiel perfekt sein.
Michael Greber

War jetzt der Hartplatz schuld, oder war der Bollenbacher SV vor 400 Zuschauern in Mittelbollenbach diesmal einfach besser als der VfL Rüdesheim? Fakt ist, dass ein drittes Spiel um den Aufstieg in die Bezirksliga fällig ist -Sonntag in Simmertal. 

Lesezeit 8 Minuten

Kurz vor 21 Uhr am Donnerstag-Abend nutzte dem VfL Rüdesheim sein triumphaler 7:0-Sieg im Hinspiel um den Aufstieg in die Bezirksliga nichts mehr. Der Vizemeister der A-Klasse Bad Kreuznach lag im Staub von Mittelbollenbach. Und Baris Yakut, der Trainer der Rüdesheimer, machte erst einmal auch keinen Hehl daraus, dass die 1:2-Niederlage seines Teams in der Rückpartie beim Bollenbacher SV durchaus mit diesem Staub zu tun hatte.

„Die Bollenbacher Taktik mit dem Hartplatz ist aufgegangen“, sagte Yakut wenige Minuten nach dem Schlusspfiff einer emotionalen Begegnung vor 400 Zuschauern. In den Augen des Coaches hatte der BSV diese zweite Partie mit Berechnung auf das staubige, harte, sandige Geläuf nach Mittelbollenbach gelegt. Dabei verkannte er, dass die „Daaler“ noch am Tag zuvor mit mehr als 30 Helfern versucht hatten, ihren von Maulwurfgängen und -gruben durchzogenen Rasen in Kirchenbollenbach bespielbar zu machen. „Ich kann die Ausreden nicht verstehen“, meinte Yakut und erklärte: „Irgendwo in der Umgebung muss es doch einen Rasenplatz geben.“ Dabei übersah er, dass der BSV dann erstens kein „Heimspiel“ gehabt hätte, dass er zweitens dem Reglement entsprechend handelte und dass die „Daaler“ drittens schon seit Monaten nur in Mittelbollenbach spielen.“

„Zu 80 Prozent waren wir unterirdisch“
Baris Yakut, Spielertrainer des VfL Rüdesheim

Doch – und das sei zur Ehrenrettung des VfL-Spielertrainers klar festgehalten – Baris Yakut war kein unfairer, schlechter Verlierer. Er stellte nämlich klar: „Dass die BSV-Taktik aufgegangen ist, hat nichts mit dem Ergebnis zu tun. Der BSV hat verdient gewonnen, weil er viel griffiger und präsenter war als wir.“ Die Leistung seines eigenen Teams bezeichnete Yakut nach kurzem Nachdenken so: „Zu 80 Prozent unterirdisch.“ Der Coach kritisierte: „Wir hatten keine Bereitschaft und keinen Mut.“

Yakut hatte ja nicht unrecht damit, dass dem BSV der – zudem recht kleine – Hartplatz in Mittelbollenbach in die Karten spielte. Es war leichter für die Gastgeber, Räume eng zu machen und Zweikämpfe heraufzubeschwören, zu bestreiten und zu gewinnen. Aber es wäre ganz eindeutig zu kurz gesprungen, den BSV-Sieg alleine am Geläuf festzumachen. „Wir waren die klar bessere Mannschaft“, stellte Carsten Fuchs klar – und der BSV-Trainer hatte einfach nur recht.

„Ich wollte ein anderes Gesicht als beim 0:7 in Rüdesheim sehen, und das habe ich gesehen“
BSV-Trainer Carsten Fuchs

Fuchs’ Mannschaft hatte sich den Appell des Trainers zu Herzen genommen: „Ich wollte ein anderes Gesicht als beim 0:7 in Rüdesheim sehen, und das habe ich gesehen“, sagte Fuchs, dessen Kniff aufgegangen war, den kleinen, quirligen Nils Hahn Baris Yakut quasi auf die Füße zu stellen. Die Klasse des VfL-Spielertrainers blitzte zwar ab und an trotzdem auf, aber Yakut war kein Faktor. „Nils hat ihn komplett aus dem Spiel genommen“, freute sich Fuchs.

Abgesehen davon tat der BSV das, was die Situation und die Verhältnisse erforderten. Und er tat es mit Hingabe und Leidenschaft. Der BSV bestritt Zweikämpfe, rannte, attackierte und spielte einfach und schnörkellos. Und damit hatten die Rüdesheimer, die mit dem Platz nicht klarkommen wollten und deshalb mit dem BSV-Spiel nicht klarkamen, ihre liebe Not. Vor allem das BSV-Zentrum bereitete dem VfL Kummer. Dort herrschten der starke BSV-Kapitän Christopher Kornetzky, der ausgezeichnete Mike Ruppenthal, dem nichts von einer acht Tage zuvor zugezogenen Zerrung anzumerken war, und Justus Klein, der gerade in diversen „Infights“ zeigte, warum er eigentlich noch immer Oberligaspieler ist. Schon klasse, wie er in Bedrängnis Bälle festmachte.

Nur Christ und Merk in Form beim VfL Rüdesheim

Und sechs Minuten vor der Pause hätte Klein beinahe auch das 1:0 besorgt. Der Angreifer klemmte – von drei Abwehrmännern umringt – die Kugel ein, drehte sich und zog von der Strafraumgrenze aus ab. Eine großartige Aktion. Doch noch besser war die Antwort von Can Christ. Der VfL-Keeper hob ab und wischte das Geschoss oben rechts unter der Latte aus dem Tor (39.). Nach der anschließenden Ecke wäre Klein acht Meter vor dem Gehäuse frei zum Schuss gekommen, säbelte aber über den Ball (39.).

Der Rüdesheimer Torhüter war einer von gerade zwei VfL-Akteuren, die sich in guter Form zeigten. Der andere war Innenverteidiger Alexander Merk, der scheinbar immer richtig stand und eine Unzahl Bälle wegräumte. Philipp Martin hatte einen schweren Stand gegen diesen Klasse-Mann.

Ab und an war Baris Yakut dann doch nur mit unlauteren Mitteln zu halten. Hier packt Mike Ruppenthal beherzt zu. Gelb war die Folge.
Michael Greber
Justus Klein (vorne) im Staub von Mittelbollenbach. Mit dem Oberligaspieler hatten die Rüdesheimer ihre liebe Not.
Michael Greber
Luftkämpfe waren Trumpf im "Daal".
Michael Greber
Großchance für Torben Retzler, aber Can Christ pariert.
Michael Greber
Nils Hahn (links) stand Baris Yakut 90 Minuten lang auf den Füßen und im Weg.
Michael Greber
Justus Klein als "Handballer" gegen Fevzi Almazoglu.
Michael Greber
Die letzte Chance für Rüdesheim: Sogar VfL-Keeper Can Christ (dunkelblaues Trikot) ist vorne. Sieger dieser Szene ist aber Timo Furtwängler, der Torwart des BSV (hellblaues Trikot).
Michael Greber
Das war die kurioseste Szene des Spiels, in der VfL-Keeper Christ viel Glück hatte. Gleich zweimal innerhalb weniger Momente steht Aluminium dem BSV-Führungstor im Weg.
Michael Greber
1 / 8

„Ich habe ununterbrochen vor diesem Spiel gewarnt, aber anscheinend war dieses 7:0 zu sehr in unseren Köpfen“, sagte Yakut und stellte klar: „Ich bin enttäuscht.“ Seine Mannschaft hatte schon Glück, einigermaßen ungerupft in die Pause gehen zu können. Außer bei Kleins Schuss brannte es häufiger lichterloh vor Keeper Christ. Vor allem, wenn Florian Decker von der Seite einwarf. Nach einem solchen Schleuderball hatte der BSV auch seine größte Chance vor der Pause, doch Torben Retzler war am Fünfmeterraum zu zögerlich, um Christ zu bezwingen (11.).

Die Führung der „Daaler“ bahnte sich dann mit dem Anpfiff zur zweiten Hälfte richtiggehend an. Einmal kam Rüdesheim noch davon. Ein Freistoß von Decker, nahe der Eckfahne, klatschte ganz oben im Torwinkel gegen den Innenpfosten, fiel von dort Martin auf den Rücken und flipperte wieder zurück an die Latte (55.). Doch damit hatten die Gäste ihr Glück erst einmal aufgebraucht. Drei Minuten später schickte Ruppenthal einen „Mondball“ von links nach rechts draußen in den Strafraum. Retzler kegelte die Kugel volley in die Mitte, und weil die Rüdesheimer Abwehr komplett den Überblick verloren hatte, stand dort Thomas Köhler mutterseelenallein. Mit dem Kopf rammte er den Ball zum 1:0 ins Netz (55.). Das war der erste Streich eines BSV-Innenverteidiger-Oldies. Vor dem zweiten glich Rüdesheim aus.

Christian Horbach krönt seine Klasse-Vorstellung

Dieses 1:1 fiel total überraschend, wirklich aus dem Nichts. „Ich glaube, sonst hatten die keine Chancen“, überlegte BSV-Coach Fuchs. Plötzlich konnte Semih Celebi rechts im Strafraum sieben Meter vom Tor entfernt schießen. Köhler und Lukas Dahm waren zwar in seiner Nähe, aber nicht so recht bei ihm. Allerdings hätte Timo Furtwängler das Schüsschen halten müssen, doch der BSV-Keeper und -Co-Trainer reagierte höchst unglücklich und ließ den Ball passieren (66.). Rüdesheim atmete auf – nur um kurz darauf wieder Staub zu schlucken.

Der BSV zeigte sich nämlich nicht geschockt und bekam einen Freistoß. Ruppenthal zirkelte ihn genau auf den Kopf von Christian Horbach – und der zweite Streich eines BSV-Innenverteidiger-Oldies war perfekt. Knallhart wuchtete Horbach die Kugel zum 2:1 ins Netz und krönte damit seine großartige Leistung (77). Als der BSV tief in der Nachspielzeit einen Baris-Yakut-Freistoß aus 17 Metern (90.+4) und ein Einwurf-Getümmel (90.+5) überstanden hatte (beide Male war Furtwängler zur Stelle), war der Jubel in Mittelbollenbach groß.

Entscheidung am Sonntag, 15 Uhr, in Simmertal

Baris Yakut gab sich da schon wieder kämpferisch und sagte: „Ich bin zwar richtig enttäuscht, aber es ist nichts verloren für uns. Am Sonntag entscheidet das allerletzte Fußballspiel dieser Saison.“ In Simmertal wird diese Entscheidungspartie um 15 Uhr angepfiffen. Für den BSV ist es die vierte Partie in elf Tagen, nach dem in der Verlängerung verlorenen Meisterschafts-Entscheidungsspiel gegen den SV Oberhausen und den beiden bisherigen Aufstiegspartien. „Weil es so schön ist, nehmen wir alles mit, was geht“, meinte Coach Fuchs mit einer Mischung aus Spott, Freude und Sorgen. „Wir gehen wirklich auf dem Zahnfleisch, aber wir werden noch einmal alles geben. Es wird alles im Kader sein, was einigermaßen geradeaus laufen kann.“ Einen Hartplatz als Verbündeten hat der BSV am Sonntag freilich nicht mehr.

Bollenbacher SV – VfL Rüdesheim 2:1 (0:0)

Bollenbacher SV: Furtwängler – Horbach, Köhler, Dahm – Kornetzky, Hahn – Retzler (86. El-Saleh), Klein (82. Juchem), Ruppenthal (82. Wedekind) – Decker, Martin (90.+1 Ziegel).

VfL Rüdesheim: Christ – Gülsen (80. K. Yakut), Rodionov (88. Ergün), Merk, Rabaa (80. Saraiva Dos Santos)- Almazoglu – Celebi, Nurkovic (81. Ghafori), B. Yakut, Gontscharow (52. Senel) – C. Yakut.

Schiedsrichter: Luca Dieterich (SV Rodenbach). Assistenten: Ingo Hess (Spvgg Miesenbach), Thorsten Nies (SV Hermersberg).

Zuschauer: 400.

Tore: 1:0 Köhler (55.), 1:1 Celebi (66.), 2:1 Horbach (77.).

Beste Spieler: Horbach, Hahn, Ruppenthal, Klein – Merk, Christ.

Top-News aus dem Sport