Ich möchte vorab betonen, dass ich bei besagtem Spiel nicht am Platz war und deshalb nicht beurteilen kann, ob der Spielabbruch das letzte Mittel an diesem Tag war oder nicht. Solche Bewertungen übernimmt die Sportgerichtsbarkeit, die sich dem Sachverhalt annehmen und ein Urteil fällen wird.
Vereinsvertreter reden sich um Kopf und Kragen
Sehr gut beurteilen kann man aber aufgrund der Presseberichterstattung die Verhaltensweise der beiden Vereine in ihren Statements. Da reden sich Vereinsvertreter nach einem Spielabbruch um Kopf und Kragen und geben Statements ab, die einen nur den Kopf schütteln lassen. Es ist ja scheinbar gar nicht Schlimmes passiert, der eine oder andere Betreuer auf dem Platz, Spieler, die sich Schubsen, Bauch an Bauch stehen, hier ein bisschen Gerangel, da ein bisschen Gerangel. Ein Spieler (gleichzeitig ebenfalls Vereinsverantwortlicher) traut sich dann mal zu sagen, dass dann doch möglicherweise Zuschauer auf dem Platz waren, so wie es auch der Vater des Schiedsrichters schildert.
Ich hätte mich als 17-jähriger nach dieser öffentlichen Kritik so gefühlt, als hätte ich diese Prügel tatsächlich körperlich auf dem Platz kassiert
Wichtig in allen (!) Aussagen ist es den Vereinsvertretern jedoch, fortwährend zu betonen, dass der 17-jährige Schiedsrichter ja total überfordert war, dass ein anderer, erfahrener Schiri sicherlich anders gehandelt hätte, um somit dem jungen Mann die komplette Torte ins Gesicht zu werfen. Man prügelt also förmlich verbal auf einen 17-jährigen jungen Mann ein, der einer der wenigen im Kreis Birkenfeld ist, der sich dieses Hobby noch antut. Ich hätte mich als 17-jähriger nach dieser öffentlichen Kritik so gefühlt, als hätte ich diese Prügel tatsächlich körperlich auf dem Platz kassiert.
Solche Reaktionen nach der Berichterstattung über das Karriereende von Andreas Schmitz
Da feiern wir 2023 das Jahr des Schiedsrichters, viele Vereine schreiben Andreas Schmitz und bauen ihn nach einem Vorfall bei einem Spiel im Saarland auf. Und in diesem Jahr 2023 und wenige Wochen nach der Presseberichterstattung zu Andreas Schmitz erfolgen dann solche Reaktionen gegenüber einem jungen Schiedsrichter.
Auf der einen Seite wird das eigene Verhalten relativiert und auf der anderen Seite der Schiedsrichter verbal attackiert? Nichts, aber auch gar nichts verstanden, liebe Frauenberger und liebe Nohener.
Hoffen auf die Gebietsspruchkammer
Ich hoffe das erste Mal in meinem Schiedsrichterleben inständig, dass auch eine Gebietsspruchkammer diese, teilweise sich widersprechenden und diskreditierenden, Äußerungen von Vereinsvertretern in der Presse bewertet und die richtigen Schlüsse daraus zieht, wie immer die auch aussehen mögen.
Mir ist bewusst, dass ich mir diese Kritik als Schiedsrichter eigentlich nicht erlauben darf, aber irgendwann ist mal ein Punkt gekommen, an dem es nicht mehr anders geht. Ich werde selbstverständlich aufgrund meiner offenen Kritik gegenüber den beiden Vereinen bei meinem Obmann einen Antrag stellen, dass ich nicht mehr bei Spielen der beiden Mannschaften eingesetzt werden möchte.
Respekt und Dank an Stefan Bank und Kai Weber-Gemmel für ihren Umgang
Abschließend möchte ich mich als Schiedsrichter auf diesem Weg bei Stefan Bank vom SV Niederwörresbach und Kai Weber-Gemmel vom TuS Hoppstädten bedanken. Sie haben in den letzten Tagen gezeigt, wie man mit einem Schiedsrichter nach einem einschneidenden Erlebnis umgeht. Hierfür meinen Respekt.
Jörg Müller, Stipshausen