Es ist schon kurios. Seit nunmehr 20 Jahren stehen Michael Scherer oder Markus Schwinn an der Spitze der Fußball-Schiedsrichter im Kreis Birkenfeld. Wenn der eine aufhörte, dann wurde der andere sein Nachfolger und umgekehrt. 2004 trat der der Schaurener Scherer die Nachfolge von Helmut Finck an und übernahm zum ersten Mal das Amt des Kreis-Chefs der Referees. Er übte es bis 2011 aus, ehe er zurücktrat und es an Schwinn weiterreichte.
Schwinn war schon elf Jahre lang Obmann
Der Mann vom TuS Hintertiefenbach war dann für volle neun Jahre der erste Mann an der Pfeife des Kreises. 2020 entschloss er sich, im Verbands-Schiedsrichterausschuss mitzuarbeiten und fungiert seither als Lehrwart des SWFV. Damals wollte Schwinn eine Doppelfunktion vermeiden und gab den Kreis-Vorsitz ab. Nachfolger wurde sein Vorgänger. Scherer, der längst keine Spiele mehr leitete, sondern jetzt als Beobachter unterwegs war, entzog sich der Verantwortung nicht, ließ sich erneut zum Vorsitzenden wählen und manövrierte die Kreis-Schiris durch die Coronazeit. Aber der Schaurener war amtsmüde geworden und kündigte im Herbst des vergangenen Jahres an, nach 40 Jahren im Schiedsrichterwesen aufhören zu wollen. Dass nun wieder der Vorgänger Nachfolger des Kreis-Obmanns wird, war so eigentlich nicht vorgesehen.
Doppelfunktion notwendig
„Ich war nicht der Erste, der die Hände gehoben und hier geschrien hat“, betont Markus Schwinn, „doch als Michael Scherer offenbart hat, in den Ruhestand gehen zu wollen, hat es viele Gespräche und Sitzungen gegeben.“ Schwinn stellt fest: „Es wurde relativ schnell klar, dass wir alle Vorstandsposten besetzt bekommen, nur eben den des Obmanns nicht.“ Schwinn machte im Verbandsausschuss auf die Probleme im Kreis Birkenfeld aufmerksam und bekam einen einfachen Lösungsvorschlag: „Da hieß es, 'warum machst du es nicht?'“, erzählt er. Und weil ihm die nunmehr 105 Jahre alte Schiri-Vereinigung des Kreises am Herzen liegt, entschloss sich Schwinn dazu, wieder vom stellvertretenden Obmann aufzusteigen und den Vorsitz zu übernehmen, obwohl er weiterhin auch Lehrwart des Südwestdeutschen Fußballverbands ist und auch bleiben möchte.
Um beide Ämter unter einen Hut zu bekommen, setzt Schwinn auf die Hilfe seiner Vorstandskollegen im Kreis Birkenfeld. „Ich habe mit dem Ausschuss besprochen, dass ich mich nicht zweiteilen kann und dass es nötig sein wird, mir immer wieder den Rücken freizuhalten“, erklärt er. Auf seine Mannschaft, die in Teilen neu aufgestellt ist, dürfte er sich da verlassen können.
Matthias Fuchs neuer Stellvertreter, Patrick Nikodemus neuer Lehrwart
Beim Kreis-Schiedsrichtertag in der Tiefensteiner Stadenhalle wählten 37 Referees den neuen Ausschuss, der sich folgendermaßen zusammensetzt: Matthias Fuchs vom SV Regulshausen fungiert als stellvertretender Obmann und Patrick Nikodemus vom SV Weiersbach als Lehrwart. Nikodemus folgt auf Felix Bank (SC Birkenfeld), der sich nicht mehr zur Wahl stellte. Anika Schulz vom TuS Rötsweiler-Nockenthal und Maurice Fender vom TuS Berschweiler haben ihre Beisitzer-Posten behalten.
„Die Mannschaft ist gut, sonst hätte ich das Obmann-Amt auch nicht übernommen“, stellt Schwinn klar und erklärt: „Matthias, Patrick und ich kennen uns seit mindestens 20 Jahren. Wir waren lange auch gemeinsam als Verbandsliga-Schiedsrichter unterwegs. Auch ihnen ist unsere Schiedsrichtervereinigung wichtig.“ Über Anika Schulz und Maurice Fender sagt der neue Obmann: „Beide gehören zur jungen Generation unserer Schiedsrichter, und ich hoffe sehr, dass sie nach und nach auch höhere Ämter anstreben.“
Auf die Kreis-Schiedsrichtervereinigung wartet eine herausfordernde Zukunft. Positiv ist aber, dass sich die Anzahl der Schiedsrichter deutlich erhöht hat. „Mehr als 70 haben wir mittlerweile wieder, und ich bin unseren Vereinen wirklich dankbar, dass sie da die Zeichen der Zeit erkannt und sich bemüht haben, Menschen für das Schiedsrichterwesen zu begeistern“, betont Schwinn und informiert: „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren mehr Leute zum Schiri ausgebildet als in den zehn Jahren vorher.“ Doch der künftige Obmann weist auf die Kehrseite der Medaille hin.
Wir müssen für die Jungen attraktiver werden, müssen mehr anbieten, müssen Konzepte finden, die sie ansprechen
Markus Schwinn
„Der Wermutstropfen bei dieser an sich guten Schiedsrichterzahl ist der Umstand, dass sehr viele Junge dabei sind“, sagt Schwinn und erklärt: „Es wird Zeit brauchen, bis aus einem 13-Jährigen ein Schiedsrichter geworden ist, der stabil in der B- und A-Klasse pfeifen kann. Ja, es wird sogar vorrangig zunächst einmal darum gehen, diese Jungs bei der Stange zu halten.“ Das sei umso schwieriger, weil viele dieser jungen Referees auch noch als Spieler aktiv seien, erläutert Schwinn und kennt deshalb eine Aufgabe für seinen Ausschuss: „Wir müssen für diese Altersgruppe attraktiver werden, müssen mehr anbieten, müssen Konzepte finden, die sie ansprechen.“
Viele altgediente Schiris nach wie vor im Einsatz
Unverändert hat die Schiedsrichter-Vereinigung des Kreises das Problem, dass ihr der Altersmittelbau fehlt. „Einige Jungs und Mädchen im besten Fußballeralter würden uns sehr helfen“, bestätigt Schwinn, wohl wissend, dass die Probleme in zwei oder drei Jahren noch größer sein könnten. „Nach wie vor sind bei uns viele ältere Kollegen im Einsatz, bei denen es absehbar ist, wann sie dann doch einmal die Pfeife an den Nagel hängen.“ Schwinn nennt Jürgen Theiler, Wolfgang Nitsch oder Karl-Heinz Becker als Beispiele von Schiedsrichtern, die die 70 Jahre schon deutlich überschritten haben oder gar schon älter als 80 sind und trotzdem nach wie vor Woche für Woche auf dem Platz stehen. „Es wäre wichtig, diese Leute zu entlasten und etwas nachzuschieben, sonst drohen weitere Probleme“, seufzt Schwinn.
Schon jetzt kann im Kreis Birkenfeld bekanntlich die C-Klasse nicht mit offiziellen Schiedsrichtern besetzt werden und gegen Ende der vergangenen Runde blieben sogar Partien der B-Klasse ohne Unparteiischen und mussten von einem Heimschiedsrichter geleitet werden.
Schwinns Vorgänger Scherer machte in seinem Abschlussbericht beim Kreis-Schiedsrichtertag ebenfalls noch einmal auf die Schwierigkeiten und Herausforderungen aufmerksam, ehe er – sozusagen als letzte Amtshandlung – zwei Schiedsrichter im Rahmen der DFB-Aktion „Danke Schiri“ auszeichnete. Geehrt wurden Emil Barth vom Bollenbacher SV und Marcel Bühl vom FC Frauenberg.
„Emil Barth ist überall bekannt, ihm ist nichts zu viel und er versieht seinen Schiedsrichterdienst seit vielen, vielen Jahren zuverlässig und mit Herzblut“, erklärt Schwinn, ehe er Marcel Bühl lobt: „Er gehört zur jungen Generation, und er zeichnet sich dadurch aus, dass er den Unterschied kennt zwischen 'Zeit haben' und 'Zeit nehmen'.“ Der künftige Obman erläutert: „Viele pfeifen, wenn sie Zeit haben. Marcel Bühl ist jemand, der auch mal zwei Stunden später auf eine Geburtstagsfeier geht, sich also Zeit nimmt, um zuerst noch ein Spiel zu pfeifen.“
Trotz des Mehraufwands, der ihn zweifellos erwartet, freut sich Schwinn auch wieder auf die Aufgaben eines Schiedsrichter-Obmanns im Fußballkreis Birkenfeld. Und wenn er dann irgendwann keine Zeit oder Lust mehr hat, dann kann er vielleicht ja wieder in Schauren bei Michael Scherer anrufen und das Wechselspiel fortsetzen.