Nach einer Stunde Spielzeit auf dem Weierbacher Rasenplatz wäre es gewagt gewesen, noch auf einen Sieg des TuS Mörschied II zu setzen. Nichts sprach dafür. Der VfL Weierbach führte 2:0 und schien alles im Griff zu haben, während bei den Gästen nicht viel funktionierte. Zu einfallslos, fast ausschließlich mit langen Schlägen tief aus der eigenen Hälfte über das Mittelfeld, zentral nach vorne, agierten die Mörschieder, und der VfL, mit dem souveränen und kopfballstarken Philipp Schüler im Deckungszentrum, hatte wenig Probleme, diese Angriffsweise zu verteidigen. „Es hat nichts darauf hingedeutet, dass das Spiel noch kippen könnte“, bestätigte VfL-Trainer Oliver Kost den Eindruck, den auch viele der 500 Zuschauer hatten.
Haag verwertet die Superflanke
Doch dann griffen die Gäste einmal über außen an. Loris Michels sprintete mit Ball energisch die rechte Seitenlinie entlang und schaffte es dann schließlich, trotz Bedrängung und beinahe von der Eckfahne, präzise zu flanken. Die Kugel flog perfekt. Fast schien sie hoch über der Latte ins Aus zu segeln, blieb aber im Feld, um sich dann genau am hinteren Pfosten zu senken. Die Weierbacher Deckung hatte die Orientierung verloren, der bärenstarke Keeper Alexander Koch war chancenlos, und Lars Haag wuchtete die Superflanke aus einem Meter ins Netz – 1:2 (62.), und auf einmal sahen die Besucher ein anderes Spiel.
„Entscheidend war, dass wir angefangen haben, Fußball zu spielen“, betonte Heiko Faller. Dem Mörschieder Trainer waren die vielen lange Bälle seines Teams im ersten Abschnitt auch ein Dorn im Auge gewesen. „Das war viel zu viel und so auch nicht geplant“, erklärte er. Gleichwohl hätte der TuS in der Anfangsphase in Führung gehen können. Niklas Munsteiner kam zweimal frei vor Koch zum Abschluss, scheiterte aber an tollen Reaktionen des Weierbacher Torhüters (15./16.).
VfL besinnt sich auf fußballerische Stärken
Der VfL brauchte etwas, um seine offensichtliche Nervosität abzulegen, wurde dann aber immer sicherer und rasch auch zur deutlich besseren Mannschaft. Während der TuS zunehmend auf „Langholz“ setzte, dabei aber schlecht gestaffelt in die zweiten Bälle ging, nicht konsequent nachrückte und so riesige Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen entstehen ließ, besann sich der VfL auf seine fußballerische Qualitäten. Die Weierbacher kickten immer ansehnlicher, bemühten sich um Spielfluss und begannen schließlich auch, die gewaltigen Räume zu nutzen.
Den erste Warnung kassierten die Mörschieder nach einer eher ungefährlichen Flanke von rechts. Ziemlich unmotiviert stürmte Keeper Niklas Lohr aus seinem Kasten und fällte beim Abwehrversuch im Getümmel Simon Merscher, dass es im wahrsten Sinne des Wortes krachte. Unbegreiflicherweise entschied der ansonsten famos und unaufgeregt leitende Jörg Müller nicht auf Elfmeter für den VfL (20.).
Yilmaz gelingt die VfL-Führung
Eine Minute später wurde es noch knapper für Mörschied. Simon Merscher hatte Stefan Schlosser auf die Reise geschickt. Der schnelle Angreifer ließ sich von TuS-Innenverteidiger Dominic Best, der faktisch einen tief stehenden Libero gab, nicht bremsen, legte die Kugel aber um wenige Zentimeter am rechten Pfosten vorbei (21.). Das Weierbacher Führungstor lag in der Luft und fiel acht Minuten später auch. Der VfL baute seinen Angriff mit mehreren Kurzpässen in Ruhe auf und brachte schließlich Koray Yilmaz 20 Meter vor dem Tor in Schussposition. Überlegt und sehr präzise schloss der VfL-Akteur ab und besorgte auf herrliche Art und Weise das 1:0 (29.). Zehn Minuten später hätte der VfL eigentlich auf 2:0 stellen müssen, als Merscher wieder Schlosser einsetzte. Der Angreifer schien sogar schon an Lohr vorbei zu sein, doch im letzten Moment zuckte der Fuß des Torwarts raus und verhinderte den zweiten Einschlag in seinem Kasten (39.).
Davor und danach hätte der TuS Mörschied II freilich ausgleichen können, doch VfL-Torsteher Koch war reaktionsschnell zur Stelle, als zunächst Thorben Heß eine Freistoßflanke (33.) und dann Haag einen Eckball (42.) verwerten wollten. Trotz der Mörschieder Chancen war die Weierbacher Führung verdient, ganz einfach deshalb, weil die Gastgeber deutlich besser kickten.
Das setzte sich nach dem Seitenwechsel zunächst auch fort und führte relativ rasch auch zum 2:0. Diesmal nutzte Schlosser den Raum, passte exakt in Merschers tiefen Lauf und sah dann, wie sein Mannschaftskamerad eiskalt blieb und Lohr tunnelte – 2:0 (56.). Die Sache schien gelaufen, doch dann setzte Loris Michels zum schon beschriebenen Flankenlauf an.
Dem VfL gehen die Körner aus
„Mit dem Anschlusstor haben wir Blut geleckt“, sagte Faller und ergänzte: „Wir haben dann auch endlich so gespielt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Viel über die Außenbahnen.“ Den VfL zählte der Treffer so richtig an. Und während Mörschied jetzt heiß lief, wurden die Weierbacher Beine immer schwerer. „Da ist dann leider zum Tragen gekommen, was ich vorher befürchtet hatte. Wir hatten zu viele Leute auf dem Platz, die zuletzt nicht oder nur wenig trainiert haben“, analysierte Kost und hielt fest: „Uns sind die Körner ausgegangen. Das 1:2 war wie ein K.o-Schlag für uns.“
Unmittelbar nach dem Anschlusstor hätte der VfL nach einem Ballverlust beinahe schon das 2:2 kassiert, kam aber irgendwie noch einmal davon. Zehn Minuten hielten die taumelnden Weierbacher, denen auch die Wechselmöglichkeiten auf der Bank fehlten, ihre Führung noch, dann glich der TuS Mörschied II aus. Bests Eckball fand Heß, der wuchtig zum 2:2 einköpfte (71.). Und während der große Mörschieder Anhang euphorisiert jubelte, schüttelte Kost draußen den Kopf. „Wir hatten eigentlich eine klare Zuteilung. Thorben Heß hat ja schon den Mörschieder Siegtreffer am Sonntag in Stipshausen geköpft“, erklärte der Trainer. Seine Mannschaft hing in den Seilen und ging kurz darauf vollends auf die Bretter.
Einmal funktioniert ein langer Ball
Kurioserweise funktionierte diesmal ein langer Ball von Best. Der hinten allein gelassene Schüler konnte die energische Kopfballverlängerung von Haag nicht verhindern und Michels krönte seine großartige Leistung mit dem 3:2 (73.).
Eine einzige Möglichkeit besaß der VfL Weierbach danach noch, um wenigstens ein Remis zu retten. Schlosser setzte in der Nachspielzeit zum Solo an, das erst Torwart Lohr stoppte, indem er beim Herauslaufen Kopf und Kragen riskierte (90.+2). Doch viel eher wäre das 4:2 locker noch möglich gewesen. Edgar Luft scheiterte am Pfosten und Haags Nachschuss vereitelte Koch (80.). Und der VfL-Keeper war auch zur Stelle, als Michels abzog (84.). Zurecht wurde Michels bei seiner Auswechslung bejubelt, denn seinem starken Flankenlauf hatten es die Mörschieder zu verdanken, dass sie überhaupt in diese Partie zurückfanden, die sie am Ende verdientermaßen gewannen.
Das Rückspiel um den A-Klasse-Aufstieg findet am Mittwoch, 19 Uhr, in Mörschied statt.
VfL Weierbach – TuS Mörschied 2:3 (1:0)
VfL Weierbach: A. Koch – Hessel (63.Lamberti), Schüler, Beck, Hamelmann – Nazaruk – Yilmaz (77. Hahn), Yotkiri (40. Ahmad), S. Koch – Schlosser.
TuS Mörschied II: Lohr – Michels (87. Bill), Koch, Best, Heß – Mildenberger (71. Wedekind), Studt, Wagner, Doll (46. Luft) – Munsteiner (89. Müller), Haag.
Schiedsrichter: Jörg Müller (SV Stipshausen). Assistenten: Markus Sommer (Bollenbacher SV), Jan Setz (FC Bärenbach).
Zuschauer: 500.
Tore: 1:0 Yilmaz (29.), 2:0 Merscher (56.), 2:1 Haag (61.), 2:2 Heß (73.), 2:3 Michels (76.).
Beste Spieler: A. Koch, Schüler, Merscher – Michels, Heß.