Es ist eine besondere Art des Projekts „Jugend forscht“, das die TuS Koblenz in diesen Tagen startet. In Ermangelung von etablierten Akteuren ist Trainer Michael Stahl mehr und mehr gezwungen, auf U19-Akteure zurückzugreifen, was sich im Stadt-Duell gegen Rot-Weiss aber nicht nachteilig bemerkbar gemacht hat. Nachdem die TuS dem Nachbarn zuletzt zweimal mit 0:1 unterlegen war, ging sie dieses Mal mit einem 2:1 vom Platz - und vertrieb damit auch die bösen Geister, die es in den vergangenen Begegnungen lange nicht gut mit den Blau-Schwarzen gemeint hatten.
„Das war ein schönes Gefühl.“
TuS-Innenverteidiger Damir Grgic nach seinem Treffer zum entscheidenden 2:1.
Mann des Tages auf dem Oberwerth war indes einer der etablierten Akteure. Zu einem Zeitpunkt, als vieles auf ein Unentschieden hindeutete, ließ Innenverteidiger Damir Grgic in der 86. Minute vor allem die TuS-Anhänger neben der Haupttribüne ausrasten. Nach einer Flanke von Lukas Tuchscherer ließ Igor Blagojevic den Ball mit der Brust abtropfen, Grgic rammte ihn mit einem Seitfallzieher in die Maschen. Die TuS eskalierte, die vermaledeite Serie gegen Rot-Weiss war gerissen. „Ein schönes Gefühl“, sagte Grgic nach den Feierlichkeiten vor der Fankurve.
Mandt und Tchadjei müssen kurzfristig passen
Zu erwarten war dieser Erfolg angesichts der Personalnöte nicht unbedingt. Der TuS-Kader ist in der Rückrunde ohnehin auf Kante genäht, nun meldeten sich kurzfristig auch noch die gesetzten André Mandt (krank) und Nazif Tchadjei (muskuläre Probleme) ab. Tuchscherer, der nach seiner Verletzung in dieser Woche gar nicht trainiert hatte und nicht für den Kader vorgesehen war, blieb fast nichts anderes übrig als sich auf die Bank zu setzen, auf der er fast ausnahmslos neben A-Junioren saß. Mehr noch: U19-Akteur Christian Opitz (18) kam zu seinem Startelf-Debüt im Oberliga-Team, wo mit Nic Alsbach (18) ein weiterer A-Junior fast schon zum Inventar zählt. „Man darf nicht mit der Erwartung ins Spiel gehen, keine Fehler zu machen“, ist einer der Sätze, die Stahl seinen jungen Akteuren mit auf den Weg gibt, wohlwissend, dass der Sprung ins Oberliga-Team ein sehr großer ist.

Rot-Weiss macht folgenschwere Fehler
Rot-Weiss Koblenz durchlebt derzeit ein Wellenbad der Gefühle: Die Freude über den Einzug ins Pokalfinale wich am Wochenende dem Frust über die Niederlage im Stadtduell gegen die TuS. Trainer Fatih Cift bemüht sich um Zuversicht.
„Wir haben uns vor dem Spiel gesagt, dass es auf keinen Fall eine Ausrede sein darf, wenn uns jetzt zwei weitere wichtige Jungs ausfallen“, gab Stahl später einen Einblick in seine Ansprache, die zunächst aber nur bedingt verfing. Viele Aktionen wirkten zunächst bemüht, aber wenig überzeugend. „Wir waren zu unsauber“, fand Stahl, „wir wollten eigentlich viel längere Ballpassagen, haben aber Rot-Weiss immer wieder zu Kontern eingeladen.“ Dass ausgerechnet der junge Opitz den „Gästen“ aus der Nachbarkabine mit zur Führung verhalf, sollte indes letztlich nur eine Fußnote bleiben. In der 41. Minute ging er im Strafraum etwas zu ungestüm gegen Sota Matsui zu Werke - Elfmeter. Rachid Tchadjei, vier Jahre älter als sein Bruder in Diensten der TuS, schoss wenig platziert, hatte aber Glück, dass TuS-Torwart Michael Zadach vor die Füße von Alexander Shehada abwehrte, der zum 0:1 traf.

In der Pause nahm Stahl vor allem seine wenigen verbliebenen Führungsspieler in die Pflicht, doch bitte ein bisschen mehr Engagement zu zeigen. Ohne Mandt mangelte es im Zentrum zweifellos an Struktur, die Daniel von der Bracke, Marcel Wingender oder auch Igor Blagojevic in der Folge durch verstärkten Einsatz wettmachten. Dass die Partie in der Folge kippte, war indes auch einem Anflug von Übermut der Rot-Weissen geschuldet. Sonst eher auf Sicherheit bedacht, waren die Akteure von Trainer Fatih Cift bei einer Ecke allzu weit aufgerückt und liefen in einen folgenschweren Konter. Leon Hysenaj (20), auch einer dieser jungen Akteure, setzte aus dem Mittelfeld Blagojevic mit einem feinen Pass in Szene, der zum Ausgleich vollendete (52.).
Stahl geht ins Risiko und wechselt Tuchscherer ein
Trotz aller Nöte ist es das erklärte Ziel der TuS, Kontakt zum FK Pirmasens auf Platz zwei zu halten, Stahl ging nach einer Stunde mit der Einwechslung des gerade erst genesenen Tuchscherer ins Risiko. Was später belohnt werden sollte: Fünf Minuten vor dem Ende war der Außenstürmer mit einer präzisen Flanke maßgeblich an jener Aktion beteiligt, die in Grgics Tor mündete und alle Dämme brechen ließ. „Wir haben das Spiel vor allem dank der Intensität gedreht“, sagte Tuchscherer, der sich somit rechtzeitig vor der Partie bei den Sportfreunden Eisbachtal am Mittwoch (19.30 Uhr) zurückmeldete, wo er lange Jahre aktiv war. „Klar, das wird ein besonderes Spiel“, sagte der 27-Jährige, „aber wir müssen dort mir Sinn und Verstand an die Sache herangehen und dürfen nicht zu viel wollen“.
TuS-Trainer Stahl vermied nach dem Erfolg, der nicht nur drei Punkte brachte, sondern vielleicht auch ein bisschen die Revanchegelüste befriedigte, ein großes Jubelgetöse. „Nach dem 1:1 hätte die Partie durchaus in beide Richtungen kippen können“, sagte er, „auch wenn wir ganz am Ende noch eine gefährliche Situation überstehen mussten, bin ich natürlich extrem froh über den Sieg.“ Großartig Zeit zum Feiern bleibt eh nicht, mahnte Grgic, „am Mittwoch geht es ja schon weiter.“
TuS Koblenz - Rot-Weiss Koblenz 2:1 (0:1)
TuS Koblenz: Zadach - Yaman, von der Bracke, Grgic, Zeghli - Alsbach (76. Selinger), Wingender, Opitz (64. Tuchscherer), Hysenai - Yeboah (81. Vdovychenko), Blagojevic.
Rot-Weiss Koblenz: Grote - Wilki, Alsela, Dennis, Matsui - Cartus (71. Asani), Ahmetaj (71. Wozny) - R. Tchadjei, Shehada (64. Hadzic), Azahaf (64. Oriyama) - Sivic (89. Sanchez).
Schiedsrichter: Jan-Vincent Ritter (Münchweiler).
Zuschauer: 1641.
Tore: 0:1 Shehada (41.), 1:1 Blagojevic (52.), 2:1 Grgic (86.).
Bes. Vorkommnis: Zadach (41., TuS) hält Foulelfmeter von Tchadjei.