Eigentlich schien der SC Idar-Oberstein den TuS Mechtersheim geknackt zu haben. Die Mannschaft von Trainer Tomasz Kakala führte in der 90. Minute 2:1, war nach einer Gelb-Roten Karte gegen Nicolas Kortus in Überzahl und Florian Zimmer hatte den Freistoß nach dem Foul, das zu dem Platzverweis führte, gerade an die Latte geknallt. Außerdem behauptete Justus Klein im Mittelfeld physisch stark und clever den Ball gegen zwei attackierende Mechtersheimer Gegenspieler. Der SC war drauf und dran, einen kreuzgefährlichen und entscheidenden Konter zu fahren. Doch Sekunden später glitten den Idarern zwei Punkte durch die Hände.
Fehlende Abstimmung beim 2:2
Klein wählte beim Ausspielen der Konterattacke den risikoreicheren Steckpass auf den einlaufenden Robin Hill. Hätte der funktioniert, wäre der Neuzugang aus Meisenheim alleine aufs Tor gelaufen. Das Zuspiel kam aber nicht an. Recht rustikal machte die Mechtersheimer Restdeckung die Tür zu. Hill wälzte sich, in der nachvollziehbaren Erwartung eines Freistoßpfiffs, einen Moment zu lange auf dem Boden. So fehlte ihm die entscheidende Sekunde, um den folgenden langen Schlag von Felix Brand zu verhindern oder den Mechtersheimer Kapitän zumindest dabei zu stören. Kleinigkeiten kamen aus SC-Sicht jetzt zusammen.
„Bei dem langen Ball haben wir hinten nicht miteinander gesprochen, hatten keine Abstimmung. Zwei sind zum Ball gegangen, keiner hat abgesichert“, kritisierte Kakala. Dann allerdings nutzte Mechtersheim die SC-Fehlerkette auch großartig aus. Die Kugel erreichte Abdulkerim Cakar, der sie halbhoch und präzise von links zentral 18 Meter vors Tor bugsierte. Dort stand Dennis Arnst frei, nahm den Ball volley und versenkte ihn für Tobias Edinger unhaltbar im rechten Winkel – 2:2 (90.). „Ein Super-Schuss“, erkannte selbst Kakala neidlos an, ehe er festhielt: „Voll schade, dass es nicht zum Sieg gereicht hat.“
„Eigentlich war es nach dem 1:2 vorbei für uns.“
Uwe Rapolder
Froh war dagegen sein Gegenüber, der erfahrene Ex-Profi-Coach Uwe Rapolder, der den TuS Mechtersheim zwei Tage zuvor als Interimstrainer übernommen hatte. Rapolder fand: „Eigentlich war es nach dem 1:2 vorbei für uns.“ Und dieses 2:1 für den SC wäre das richtige Ergebnis, der Sieg für die Idarer verdient gewesen.
Der Oberliga-Aufsteiger war nämlich in zwei Dritteln der Spielzeit die bessere Mannschaft. „Wir sind sehr gut ins Spiel gekommen“, lobte auch Kakala und betonte: „Wir hätten in Führung gehen können.“ Stimmt! Alex, der von Rapolder herausgehoben wurde, eroberte schon früh tief in der gegnerischen Hälfte den Ball und hätte alleine aufs Tor zustreben können, machte dann aber einen Haken zu viel (4.). Zehn Minuten später düpierte der Brasilianer auf der rechten Seite Dominique Osterkamp und flankte präzise an den hinteren Pfosten, wo Zimmer die Kugel knapp vorbeiköpfte (14.). Der SC war spielfreudiger, giftiger und auch schneller in seinen Aktionen. Zumindest 20 Minuten lang. Dann flachte die Partie ab. Allerdings hatten die Idarer gegen schwerfällige, hölzerne und biedere Mechtersheimer weiter alles im Griff.
Rückstand nach „Katastrophentor“
Umso überraschender gingen die Gastgeber in Führung. Es war ein Tor buchstäblich aus dem Nichts – und es brachte Kakala noch lange nach dem Abpfiff auf die Palme. „Ein Katastrophentor“, schimpfte er. „Die hatten nur ein Mittel, lange Bälle. Deshalb hatten wir uns vorgenommen, etwas tiefer zu stehen, um diese Dinger zu verteidigen.“ Doch dann schlug Kapitän Brand dieses lange Gerät. Fast von der eigenen Strafraumkante und ziemlich präzise in den Bereich zwischen letzter SC-Abwehrlinie und Sechszehner.
Niklas Baus verpasste es, sich ein paar Schritte nach hinten abzusetzen. Deshalb war der Idarer Innenverteidiger plötzlich im Nachteil gegen Arnst, der die Chance witterte und durchsprintete. Auch die Kommunikation von Baus und Torwart Edinger, der – womöglich zu früh – aus seinem Kasten stürmte, stimmte nicht. Und so kamen weder der Idarer Abwehrmann noch der Keeper richtig zum Ball. Auch Lukas Stallbaum, der als Linksverteidiger aufgeboten worden war, konnte nichts mehr retten. Arnst kam zwischen Baus und Edinger zuerst an die springende Kugel und hob sie mit der Innenseite über den Torwart zum 1:0 ins Netz (38.).
Bis zur Pause war der SC nun völlig von der Rolle und hatte Glück, dass Mechtersheim nicht nachlegte, nachdem Arnst, den Rapolder als „unser bester Spieler“ adelte, Stallbaum die Kugel durch die Beine geschoben und Taha Albayrak in Schussposition gebracht hatte. Malik Yerima rettete auf der Linie (42.) und sorgte dafür, dass sich der SC in der Kabine neu sortieren konnte.
Kakalas Wechsel sitzen
Kakala reagierte mit einem ersten Wechsel. Er brachte David Bauer für Alessandro Marino, den Neuzugang aus Waldalgesheim. Marino hatte zwar in der Offensive einige auffällige Aktionen, aber sein Abwehrverhalten war Kakala ein Dorn im Auge. „Er hat nicht so nach hinten gearbeitet, wie ich es mir vorstelle“, erklärte der Coach. Konsequenz des Wechsels war, dass Hill die Seite tauschte und nun links vorne auf der bisherigen Marino-Position agierte und David Bauer den offensiveren Part auf der rechten Seite übernahm. Eine gute Viertelstunde später wechselte David Bauer dann nach links hinten, und Marius Botiseriu übernahm rechts vorne. Die Kakala-Wechsel und -Umstellungen stachen, denn spätestens jetzt war der SC Idar-Oberstein wieder richtig am Drücker.
Schon mit Beginn der zweiten Halbzeit hatten die Gäste dem TuS Mechtersheim wieder mehr Schwierigkeiten bereitet. Coach Rapolder sah das Unheil wohl kommen, stellte später fest: „Fußball ist wie Schach, man muss das Zentrum beherrschen, und das war in den Händen unseres Gegners.“ Allerdings machte Rapolder weniger die taktische Überlegenheit des SC an der nun folgenden Wende fest, sondern einen diskutablen Elfmeterpfiff von Schiri Ziehmer. „Der Elfmeter war der 'Game-Changer' fand Rapolder.
Uwe Rapolder findet: Der Elfmeter war der „Game-Changer“
Dem Elfmeter ging ein präzises, langes Zuspiel von Yerima, der ohnehin ein ausgezeichnetes Spiel als Linksverteidiger ablieferte, voraus. Leon Krüger, SC-Neuzugang vom TuS Hohenecken, hatte diesen Pass über die Deckung mit einem entschlossenen Sprint aus dem Mittelfeld in die Tiefe gefordert. Krüger war im Strafraum eher am Ball als TuS-Torwart Maxime Klein, doch sein Lupfer verfehlte das Tor klar. Allerdings rannte Klein den Idarer Akteur regelrecht über den Haufen, kurz, nachdem der abgeschlossen hatte. Für Rapolder war das deshalb kein Elfmeter. „Er hatte ja schon geschossen, die Situation war schon vorbei“, argumentierte der Coach. Allerdings war der Ball in der Luft noch im Spiel, als der Keeper ziemlich sinnlos Krüger zu Boden rammte. Deshalb war der Elfmeter durchaus nachvollziehbar. Florian Zimmer war das alles ohnehin 'piepe“, er lupfte die Kugel cool in die Mitte, und glich zum 1:1 aus (66.).
Marius Botiseriu trifft zum 2:1
„Wir waren sehr griffig in der zweiten Hälfte und haben auch verdient zwei Tore geschossen“, sagte Kakala. Tatsächlich hatte der SC nach dem Elfmeter Oberwasser. Weil den Idarern aber die letzte Präzision im Spiel nach vorne fehlte, und weil Mechtersheim total platt wirkte und sich nur noch aufs Verteidigen versteifte, schien das 1:1 bis zum Schluss Bestand zu haben. Allerdings wackelten die Gastgeber mehrfach über ihre linke Abwehrseite. Und von dort kassierten sie dann auch doch noch das 1:2. Ausgangspunkt der SC-Führung war freilich Flavius Botiseriu. Der neue Kapitän hatte sich mit körperlicher Wucht, Willen und ohne zu bremsen gegen zwei Mechtersheimer die Kugel geschnappt und war Richtung Tor gestartet. Im richtigen Moment spielte er seinen Cousin Marius Botiseriu an, der von rechts nach innen zog und mit einem leicht abgefälschten Schuss zum 2:1 in die lange Ecke traf (85.).
Wenn wir in fünf, sechs Wochen 2:1 in Führung liegen, schaffen wir das Spiel auch nach Hause
Tomasz Kakala
Der Sieg war also zum Greifen nah, zumal der SC dann ab der 88. Minute noch in Überzahl agierte. Doch dem TuS Mechtersheim glückte – wie schon beschrieben – mit seinem dritten Torschuss der Partie doch noch der Ausgleich. „Leider hat es uns am Schluss an Erfahrung gefehlt“, sagte Kakala und versprach: „Wenn wir in fünf, sechs Wochen 2:1 in Führung liegen, schaffen wir das Spiel auch nach Hause.“
Einordnung: TuS Mechtersheim war ein schwacher Gegner
Der Trainer war übrigens durchaus nicht unzufrieden mit dem Punkt zum Start, tat aber gut daran, ihn richtig einzuordnen und den Auftritt in Mechtersheim nicht überzubewerten. Denn zur Wahrheit dieses ersten Oberliga-Spiels des SC Idar-Oberstein nach fünf Jahren gehört auch, dass die Idarer kaum auf einen noch schwächeren Gegner als den TuS Mechtersheim an diesem ersten Spieltag treffen werden. Nüchtern betrachtet, hat der SC in der Südpfalz eher zwei Punkte verloren als einen geholt. Kakala mag das so ähnlich gesehen haben. Der Coach stellte abschließend fest: „Es war ein ordentlicher Auftritt von uns, aber diesen Gegner müssen wir auf jeden Fall hinter uns lassen, wenn wir die Klasse halten wollen.“
TuS Mechtersheim – SC Idar-Oberstein 2:2 (1:0).
TuS Mechtersheim: Klein – Lichti (73. Hayvali), Kortus, Brand, Osterkamp – Albayrak, Karakus (33, Sulejmani), Nkunga – Arnst, Pummarrin (60. Helbig), Cakar.
SC Idar-Oberstein: Edinger – Yerima, de Souza, Baus, Stallbaum (61. M. Botiseriu) – F. Botiseriu, Krüger (77. Do. Bauer) – Hill, Alex (81. Klein), Marino (46. Da. Bauer) – Zimmer.
Schiedsrichter: Ziehmer (FV Kindsbach).
Zuschauer: 204.
Gelb-Rote Karte: Kortus (88./Mechtersheim)
Tore: 1:0 Arnst (38.), 1:1 Zimmer (66. Foulelfmeter), 1:2 M. Botiseriu, 2:2 Arnst (90.).
Beste Spieler: Arnst, Brand – Yerima, F. Botiseriu.