Das Pressegespräch mit Tomasz Kakala nach dem Spiel war eigentlich unnötig. Alles, was der Trainer des SC Idar-Oberstein zur peinlichen 0:4-Niederlage seiner Mannschaft beim FV Eppelborn zu sagen hatte, war Minuten vorher laut und deutlich für praktisch jeden im Illtalstadion zu hören gewesen. Kakala hatte seine Jungs im obligatorischen Kreis nach dem Schlusspfiff rund gemacht, aber so richtig. „Man kann ein Spiel verlieren, aber nicht auf diese Art“, schimpfte der Coach und wetterte weiter: „Das war nicht Oberliga, das war vielleicht Kreisliga!“
Es waren harte Worte, die der 50-Jährige wählte, aber sie waren nachvollziehbar, denn in den 90 Minuten zuvor dürfte sich Tomasz Kakala weniger wie der Trainer einer Oberliga-Mannschaft, sondern eher wie der Schaffner eines Eisenbahnschlafwagens gefühlt haben. „Das war nicht ein Schritt zurück, das waren zwei Schritte“, seufzte der Coach später.
„Das war nicht Oberliga, das war vielleicht Kreisliga!“
Tomasz Kakala wettert im Mannschaftskreis
Tatsächlich hatte kaum jemand für möglich gehalten, dass der SC Idar-Oberstein nach der Kaderverstärkung in der Winterpause und insgesamt fünf Spielen ohne Niederlage mit elf Punkten in Folge noch einmal so einbrechen könnte. Doch in Eppelborn, bei einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, lieferte das Kakala-Team eine Gruselvorstellung ab, die schlechter war als die schwächsten Auftritte vor der Winterpause.
Schon die ersten fünf Minuten deuteten an, wie die Partie laufen würde. Der FV Eppelborn - personell extrem gebeutelt, mit einem Rumpfangriff, ohne seinen besten Torjäger Matthias Krauß angetreten und mit einer Wackelabwehr, die schon 77 Gegentore eingesteckt hat - kam in den ersten fünf Minuten zu drei freien Abschlüssen. Da schon hatte der SC Glück, dass die Eppelborner gar nicht gemerkt zu haben schienen, welch große Chancen sie da eigentlich besaßen. Dreimal hatte Tobias Edinger im SC-Kasten keine Mühe beim Parieren - auch nicht, nachdem Jona Peters nach einem Überzahlangriff blank aus acht Metern genau in die Hände des Keepers gezielt und zudem noch ohne Wucht geschossen hatte (3.).
Auch Kevin Kraus steht neben sich und tritt zweimal am Ball vorbei
Beim SC Idar-Oberstein ging mehr als 20 Minuten lang gar nichts. Schon gar nicht im Spielaufbau, bei dem sieben, acht Akteure in ihren Positionen warteten, verharrten und zuschauten, wie von hinten Paulo de Souza, Kevin Kraus, Danial Rafisamii oder Colin Fuchs Anspielstationen suchten, dabei selbst aber aus dem Stand kickten. Und defensiv war der SC offen wie ein Scheunentor, weil die Spieler nicht gemeinsam als Block verteidigten, sondern die Reihen ziemlich weit auseinander agierten - richtiger - standen. Lauf- und Einsatzbereitschaft waren ziemlich weit heruntergefahren. Hinzu kamen haarsträubende technische Fehler - auch von Akteuren, von denen das nicht unbedingt zu erwarten ist. Ex-Profi Kevin Kraus trat zweimal am Ball vorbei. „Das war von allen schlecht. Ich kann niemanden ausnehmen“, schimpfte Kakala.
Vielleicht wäre es bei seinem Keeper möglich gewesen - wenn da nicht die 11. Minute gewesen wäre, als Edinger die Kugel - freilich auch mangels Laufbereitschaft seiner Mitakteure und deshalb nicht vorhandener Passmöglichkeit - genau in die Füße von Peters spielte. Doch der traf das gähnend offene Gehäuse aus 35 Metern halbrechte Position nicht. Der Ball sprang vorbei. Der SC hatte also auch noch Glück. Und noch mehr davon, als nach 17 Minuten Adam Ladjnef, der bis dahin auffälligste und für die träge SC-Defensive zu schnelle FVE-Angreifer verletzt vom Feld musste. „Wer soll jetzt bei uns ein Tor schießen?“, klagten die einige Eppelborner Stammanhänger. Sie konnten ja nicht wissen, dass der eingewechselte Justin Pfeffler später einen Doppelpack schnüren und einen weiteren Treffer vorbereiten würde.
Drei Wechsel und drei Chancen
Vorläufig kam aber jetzt eine Phase, in der der SC Idar-Oberstein trotz aller Mängel das Spiel auf seine Seite hätte ziehen können. Schlimm anzuschauen blieb das Gekicke, aber nachdem sich Eppelborns Keeper Niklas Knichel bei einem eigentlich harmlosen Freistoß von Alexander Bambach verflogen und per Fangfehler eine Ecke verursacht hatte (23.), übernahm das Kakala-Team doch das Kommando. Nicht mit Nachdruck, nicht mit Spielwitz und auch nicht mit Chancen in Hülle und Fülle, aber doch mit dem einen oder anderen guten Diagonalball samt einigermaßen gefährlicher Hereingabe - und mit Eckbällen von Marius Botiseriu. Zweimal wäre da das 1:0 für den SC möglich gewesen. Zunächst köpfte Kraus haarscharf vorbei (33.), und dann verlängerte Paulo de Souza den Schuss von Rafisamii unhaltbar in Richtung lange Ecke. Pechsache, dass der Ball nicht im Netz landete, sondern mit einem Hauch von Berührung des Pfostens vorbei hoppelte (41.).
Kakala hatte trotzdem genug gesehen - und wechselte in der Pause dreimal aus. Paulo musste verletzungsbedingt runter (Niklas Brach kam) und Fuchs sowie Hill zweifellos aus Leistungsgründen, wobei der Coach, ohne falsch zu liegen, auch jeden anderen hätte austauschen können. Dennis Kaucher und Luca Baderschneider betraten zur zweiten Halbzeit das Feld und übernahmen die linke Seite. Kapitän Flavius Botiseriu rückte ins Zentrum. „Drei Wechsel in der Pause, weil man hofft, dass es besser wird - und dann wird alles noch schlechter“, schüttelte Kakala den Kopf und traf den Nagel auf den Kopf. Wobei: Zunächst hätte der SC wieder in Führung gehen können. Florian Zimmer schaffte es zwar irgendwie nicht, abzuschließen, wurstelte die Kugel dann aber weiter zu Bambach, dessen Schuss Keeper Knichel jedoch blockte (56.).
SC Idar-Oberstein deckt mit dem Fernglas und kassiert vier Gegentore
Drei Minuten später lag der SC hinten - und die Eppelborner Zuschauer konnten ihr Glück kaum fassen. Am eigenen Strafraum packten die Idarer nicht zu, sondern ließen die Gastgeber hin und her spielen. Der SC deckte mit dem Fernglas, bis Peters frei zum Schuss kam und präzise hoch in die linke Ecke zum 1:0 versenkte (59.). Drei Minuten später verfehlte Bambach per Volleyabnahme den Ausgleich knapp, ehe die Idarer Dämme brachen.
Das 2:0 spottete jeder Beschreibung. Von links zog Reber Kazik den Ball flach vor das SC-Gehäuse. Alle verfehlten den Ball, und am Ende der Fehlerkette stand Kaucher. Der Linksverteidiger hätte leicht klären können, die Kugel rollte vor ihm, bereit für den Befreiungsschlag. Aber irgendwie verpasste Kaucher den Moment, zum Ball zu gehen. Die Kugel rutschte durch zu Pfeffler, der sie im langen Eck unterbrachte - 2:0 (63.).
Acht Minuten später schlug Eppelborn die Pille lang nach vorne. In Höhe der Mittellinie lieferten sich FVE-Akteur Hassan Srour und Kevin Kraus ein Kopfballduell. Dem Eppelborner blieb zwar nach dem Zusammenstoß in der Luft der Atem weg, aber er schaffte es, die Kugel per Kopf zu verlängern. Einen Pass später war wieder Pfeffler frei und traf zum 3:0 (71.). Und sieben Minuten vor Schluss versenkte Giovanni Runco den SC endgültig. Wieder entschieden sich die Idarer zur Fernglas-Abschirmung, wieder ließen sie Eppelborn am Strafraum kombinieren und wieder sah Kaucher am Ende der Fehlerkette uralt aus. Sein Stellungsfehler brachte Pfeffler in Ballbesitz, dessen Rückpass Runco zum 4:0 einschoss.
„Wir können nur mit hundert Prozent Oberliga spielen. Wenn wir nur zwei Prozent rausnehmen, dann reicht es nicht“
Tomasz Kakala
„Die Leistung ist unerklärbar“, sagte Kakala und stellte klar: „Wir können nur mit hundert Prozent Oberliga spielen. Wenn wir nur zwei Prozent rausnehmen, dann reicht es nicht.“ Verärgert meinte der Trainer: „Wir hätten einen Riesenschritt in Richtung Nichtabstieg machen können.“ Stattdessen hat Eppelborn nach Punkten gleichgezogen und der SC hat nur noch vier Zähler Vorsprung auf den drittletzten Platz, dem aktuell ersten wahrscheinlichen Abstiegsrang. Den belegt der SV Auersmacher - der nächste Gegner des SC am Samstag (15 Uhr) im Haag.
FV Eppelborn - SC Idar-Oberstein 4:0 (0:0)
FV Eppelborn: Knichel - Jobst, Bubel, Pesch, Marjanovic - Peters (83. Bayer), Sträßer, Runco, Kazik (75. Ward) - Ladjnef (17. Pfefler), Srour (75. Bach).
SC Idar-Oberstein: Edinger - Stallbaum, Kraus, de Soza (46. Brach), F. Botiseriu - M. Botiseriu (65. Amidon), Fuchs (46. Baderschneider), Rafisamii, Hill (46. Kaucher) - Bambach, Zimmer.
Schiedsrichter: Fabian Mohr (SV Strohn).
Zuschauer: 300.
Tore: 1:0 Peters (59.), 2:0 Pfeffler (63.), 3:0 Pfeffler (71.), 4:0 Runco (83.).
Beste Spieler: Pfeffler, Sträßer, Runco - Keiner.
Nächste Aufgabe für den SC: Am Samstag (15 Uhr) gegen SV Auersmacher.