Eine halbe Stunde lang durfte der SC Idar-Oberstein hoffen, im Fußball-Oberliga-Heimspiel gegen Aufstiegsanwärter FK Pirmasens etwas Zählbares für den Abstiegskampf zu ergattern, doch dann leistete sich die Idarer Defensive einen Abwehr-Bock, den die Gäste kalt ausnutzten und auf die Siegerstraße abbogen. Am Schluss stand vor 483 Zuschauern im Haag ein ernüchternd klarer 3:0-Sieg für den FKP.
„Das war ein souveränes Spiel von uns. Hinten haben wir alles wegverteidigt, vorne waren wir eiskalt“, sagte Daniel Paulus. Der FKP-Trainer war sehr zufrieden und konnte es auch sein. Seine Mannschaft hatte dem SC Idar-Oberstein nämlich keine Chance gelassen. Das galt übrigens im doppelten Sinn. Die Gastgeber besaßen über 90 Minuten eigentlich keine richtige Tormöglichkeit und waren deshalb letztlich auch chancenlos. Das konstatierte auch Tomasz Kakala. „Fakt ist, wir hatten im ganzen Spiel vielleicht die eine oder andere Halbchance.“
„Die Pirmasenser haben eine mega Qualität, sie haben die Räume gefunden, um uns unter Druck zu setzen“
SC-Trainer Tomasz Kakala
Es ist nicht so, dass die Idarer Mannschaft den Willen vermissen ließ oder nicht kampfbereit gewesen wäre. Das Team um Kapitän Flavius Botiseriu gab bestimmt läuferisch und kämpferisch alles, aber es agierte viel zu bieder, viel zu mutlos und viel zu fehlerhaft, um ein Oberliga-Top-Team wie den FKP auch nur ansatzweise zu gefährden.
„Wir wollten das taktisch wie in Worms angehen – sehr defensiv und auf Konter setzen“, erklärte Kakala seinen Plan. Doch anders als beim 0:0 in Worms führte die Idee nicht zum Erfolg – vor allem deshalb nicht, weil der FKP schlicht besser als die Wormatia ist. „Die Pirmasenser haben eine mega Qualität, sie haben die Räume gefunden, um uns unter Druck zu setzen“, stellte der Idarer Trainer fest.
Florian Zimmer vom Spiel abgeschnitten
Die Gäste traten im Haag ungeheuer stabil auf. Auch schon, als die Partie in der ersten halben Stunde noch offen wirkte. Der SC war nämlich ganz ordentlich drin in dieser Partie – zumindest, wenn es um die Komponenten Räume zuschieben und Balleroberung ging. Das Problem: Umschaltaktionen – der zweite Teil des Matchplans – gelangen überhaupt nicht. Das lag zum einen daran, dass der SC furchtbar fehlerhaft, ungenau und technisch schlampig kickte und zum anderen an der Klasse der Pirmasenser, die es einfach nicht zuließen, dass die Idarer so richtig gefährlich umschalten konnten. Gar nicht so selten bediente sich der Aufstiegsanwärter auch kleiner taktischer Fouls noch in der SC-Hälfte.
Die Folge war, dass der FKP praktisch nie hinterherlaufen musste, sondern immer als Block verteidigen beziehungsweise den Ball erobern konnte. Um diesen Block zu überwinden, war der SC nicht gut genug. Besonders augenfällig war da, wie sehr der verletzte Brasilianer Alex als Verbindungsspieler als Eins-gegen-eins-Akteur fehlt. „An allen Ecken und Enden“, hatte Kakala schon vor dem Spiel zurecht festgestellt. Danial Rafisamii schaffte es nicht, diese Rolle auszufüllen. Auch über außen konnte der SC den Gast nur selten gefährden. Robin Hill rechts und Marius Botiseriu links konnten sich weder mit Schnelligkeit (Hill) noch mit Dribblings (Botiseriu) entscheidend durchsetzen. Und so war dann auch Torjäger Florian Zimmer vom Spiel abgeschnitten. Weil nach vorne nichts ging, war der SC irgendwie auch immer unter Druck.
Keine Hinweise für den unglücklichen SC-Keeper Tobias Edinger
Immerhin überstand der SC die erste Großchance der Gäste nach einer Ecke schadlos. Marius Botiseriu blockte Michael Müllers Kopfball auf der Linie (15.). Ansonsten schlossen die Pirmasenser noch einige Male ab, ohne aber das SC-Tor ernsthaft in Gefahr zu bringen. Und so schien es, als könnten die engagierten Idarer ein erstes Etappenziel – das Pausen-0:0 – erreichen. Doch dann passierten wieder einmal Fehler, die so eigentlich nicht geschehen dürften.
„Unser 1:0 war sehr schön herausgespielt“, fand FKP-Coach Paulus, durfte das aber eigentlich nur für das Freispielen von Flankengeber Dennis Krob reklamieren. Davor hatte SC-Innenverteidiger Paulo de Souza unzulänglich geklärt. Krob kam jedenfalls von der Strafraumkante rechts zum Flanken. Die Hereingabe segelte lang auf einen Pulk mit Idarer Überzahl zu. Für Tobias Edinger muss sie höchst gefährlich gewirkt haben. Der Keeper entschloss sich, sein Tor zu verlassen, um die Flanke im Rückwärtsflug zu erhaschen. Ein Hinweis seiner Feldspieler hinter ihm hätte sicher genügt, um diese riskante Rettungsaktion erst gar nicht zu starten. Doch ganz offensichtlich gab es einen solchen Hinweis nicht. „Da wird leider nicht miteinander gesprochen“, kritisierte auch Kakala die mangelnde Kommunikation, die seinen Schlussmann schlecht aussehen ließ. Edinger erreichte den Ball zwar, wischte ihn aber höchst unglücklich nach seitlich vorne genau auf Silas Gutmann, der zudem viel wacher war als die Idarer um ihn herum und der so das 1:0 erzielte (31.). „Der Treffer hat uns in die Karten gespielt“, sagte Paulus.
Dem 0:2 geht eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters voraus
Edinger brachte das ärgerliche Gegentor immerhin nicht aus dem Gleichgewicht. Der SC-Torhüter verhinderte nach dem Seitenwechsel mit einer tollen Parade das 0:2 gegen einen Kopfball von Müller (52.). „Wir wollten im zweiten Abschnitt mehr riskieren“, erklärt Kakala. Wie Pirmasens auf das erhöhte Risiko reagiert hätte, wäre spannend zu sehen gewesen, doch die Gäste ließen den SC nicht ins Spiel zurückfinden.
Es ehrt Kakala, dass er das 0:2 nicht am Schiedsrichter festmachte, aber der vollkommen ungerechtfertigte Freistoßpfiff des insgesamt schwachen Referees Fabian Knoll vom ASV Kleinottweiler, nachdem Malik Yerima Kevin Büchler die Kugel weggespitzelt hatte, war der Ausgangspunkt des Treffers. Ohne die Fehlentscheidung wäre das Tor nicht gefallen. Allerdings hätte der Treffer trotz des Pfiffs nicht fallen dürfen. „Wir hatten vier, fünf Mal die Chance, den Ball zu klären, kriegen das aber nicht hin“, stellte Kakala klar. Tatsächlich war der Freistoß durch eine Kopfballabwehr von Zimmer schon geklärt, der SC packte dann aber nicht richtig zu und so entstand die Flipperaktion, die Luca Eichhorn mit einem abgefälschten Schuss zum 2:0 nutzte (56.). „Das war eine Willensleistung von uns“, meinte Paulus.
„Ich hoffe, dass der SC Idar-Oberstein die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holt. Im Haag herrscht immer ein tolles Flair“
FKP-Coach Daniel Paulus
Ein paar Minuten später beendete der FKP die allerletzten Zweifel an seinem Sieg. Zunächst hatte Edinger noch bärenstark bei einem Konter gegen Luka Dimitrijevic reagiert (62.). Doch beim nächsten Pirmasenser Umschaltmoment war auch der SC-Schlussmann chancenlos. Krob ließ Kevin Kraus stehen und markierte das 3:0 (64.).
FKP-Trainer Paulus erwies sich als freundlicher Gast. In der Pressekonferenz sagte er: „Ich hoffe, dass der SC Idar-Oberstein die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holt. Im Haag herrscht immer ein tolles Flair.“ Kakala gab sich kämpferisch: „Es sind noch 15 Punkte zu vergeben. Es ist alles drin für uns.“
Sorgenfalten wegen überraschender Siege Herxheims und Eppelborns
Tatsächlich hat sich der SC trotz der Heimniederlage auch nach dem 29. Spieltag über dem Strich gehalten. Allerdings dürfte vor allem der 5:4-Sieg von Viktoria Herxheim bei Rot-Weiß Koblenz und das 2:0 des FV Eppelborn gegen die TuS Koblenz zusätzliche Sorgenfalten im Haag gebracht haben. Drei Zähler beträgt der Vorsprung der Idarer aktuell auf die gefährlichen Plätze 15 (SV Auersmacher) und 16 (Herxheim). Der vorletzte Rang (Mechtersheim), der selbst im besten aller Fälle (kein Absteiger aus der Regionalliga, Aufstieg des Zweiten der Oberliga RPS) den Sturz in der Verbandsliga bedeuten würde, ist sechs Punkte entfernt. Am Sonntag gastiert der SC bei der TuS Koblenz.
SC Idar-Oberstein – FK Pirmasens 0:3 (0:1)
SC Idar-Oberstein: Edinger – Yerima, Kraus, de Souza (46. Brach), F. Botiseriu – Amidon – Hill (70. Marino), Rafisamii (70. Fuchs), Do. Bauer (61. Baderschneider), M. Botiseriu (61. Bambach). – Zimmer.
FK Pirmasens: Reitz – Grünnagel, Grieß. Müller, Gutmann – Eichhorn (81. Dogan), Basenach (58. Deho), Andreas, Büchler (81. Vogt) – Dimitrijevic (81. Jensen), Krob (65. Decker).
Schiedsrichter: Fabian Knoll (ASV Kleinottweiler).
Zuschauer: 483.
Tore: 0:1 Gutmann (31.), 0:2 Eichhorn (56.), 0:3 Krob (64.).
Beste Spieler: Keiner – Grieß, Müller, Andreas.