„Natürlich kannten wir das Ergebnis, aber es war uns trotzdem wichtig, den Oberligisten vorzustellen, wie wir uns eine eventuelle Fortsetzung der Saison vorstellen können“, sagt Spielleiter Schneider. Von gelungener Überzeugungsarbeit konnte am Ende aber keine Rede sein. Das Modell, die Gruppenphase in den beiden Zwölfer-Staffeln abzuschließen, fiel bei den Vereinsvertretern ebenso durch wie die Idee, in den Staffeln nur eine einfache Runde zu spielen und diese dann in zwei Sechser-Gruppen aufzuteilen. Damit wäre die Zahl der Spiele reduziert – aber aus Sicht der Vereine immer noch deutlich zu hoch gewesen.
Was am Ende neben dem eindeutigen Votum steht, ist die Frage, wie der Regionalverband mit dem nun vorliegenden Meinungsbild umgeht. Natürlich könne man sich darüber hinwegsetzen, erklärt Spielleiter Schneider auf die Frage, ob es denn jetzt überhaupt noch eine Alternative zum Abbruch geben kann. Allerdings betont der Funktionär aus Wissen im gleichen Atemzug, dass es das Ziel sei, „das Meinungsbild in der Urteilsfindung zu berücksichtigen“.
Noch, so Schneider, könne aber nichts entschieden werden. Der Zeitplan, den sich die Verantwortlichen für die Oberliga gegeben haben, sieht im nächsten Schritt vor, auf den nächsten Bund-Länder-Gipfel zu warten, der für den 22. März anberaumt ist. „Vorher wird sich nichts tun. Wir müssen wissen, wie sich die Verfügungslage dann ab dem 28. März darstellt“, skizziert der Oberliga-Spielleiter das weitere Vorgehen und peilt einen „vermutlich zum 1. April gültigen Beschluss“ an.
Dabei sei auch zu berücksichtigen, wie sich die Lage in den Bundesländern und erst recht in den vielen Landkreisen, aus denen die 24 Mannschaften der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar kommen, dann darstelle. Denn mehr noch als die Frage, ob sich Fußball in dieser Klasse auch ohne Zuschauer darstellen lasse (Schneider: „Zuschauer sind ganz bestimmt nicht zugelassen“), sei entscheidend, dass eine Wettbewerbsgleichheit gegeben sei. „Und wenn in dem einen Kreis trainiert werden darf und in dem anderen nicht, dann funktioniert es nicht“, so der Spielleiter.
Einen weiteren Aspekt bringt Patrick Reifenscheidt ins Spiel, der für die Eisbachtaler Sportfreunde an der Videokonferenz teilgenommen hat. „Wir müssen doch auch unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden“, sagt der Sportliche Leiter der Westerwälder, der sich für seinen Verein „klar gegen eine Weiterführung der Saison positioniert“ hat. „Es bringt nichts, aus den Augen zu verlieren, was wir unseren Spielern, deren Familien und Arbeitgebern zumuten. Wenn man das alles berücksichtigt, macht in der momentanen Lage ein Spielbetrieb einfach keinen Sinn.“
Außerdem findet Reifenscheidt die Modelle des Regionalverbandes sportlich nicht fair und darüber hinaus aus Sicht der Vereine auch nicht darstellbar. Einer der Knackpunkte: die Finanzierbarkeit. „Ein Spielbetrieb ohne Zuschauer ist nicht darstellbar“, sagt er. Doch das ist nicht das einzige Kriterium. Aus dem Stand müssten die Vereine ihren Trainingsbetrieb nicht nur hochfahren, sondern in kurzer Zeit auf Wettbewerbstemperatur bringen. „All das hatten wir doch im letzten Jahr schon“, bringt Eisbachtals Sportlicher Leiter in Erinnerung. „Die kurze Vorbereitung auf das Rheinlandpokal-Halbfinale hat uns damals drei verletzte Spieler gebracht, die danach nicht mehr spielen konnten.“
Jetzt wieder einzusteigen „ohne jeden zeitlichen Puffer“ und mit der Belastung von enorm vielen Spielen in kurzer Zeit, hält Reifenscheidt für einen Plan fernab der Realität. „Das klingt so, als sei Corona vorbei, sobald wir wieder spielen“, lautet seine Kritik. „Da fehlt einfach der Weitblick, das ist viel zu kurz gedacht.“
Die Vorstellung des Sportlichen Leiters der Eisbachtaler sieht so aus: „Lasst uns im Rahmen des Möglichen und ohne Druck langsam anfangen zu trainieren, den Sommer nutzen, um wieder ein gewisses Niveau bei den Spielern zu erreichen und dann im August/September unter besseren Voraussetzungen die Saison neu zu starten. Bis dahin hilft uns auch hoffentlich das fortgeschrittene Impfen in der Gesellschaft weiter.“
Und was wäre, wenn die Runde doch weitergehen sollte, weil das Meinungsbild der Vereine nicht zu einer entsprechenden Entscheidung bei den Verantwortlichen im Regionalverband geführt hat? Patrick Reifenscheidt positioniert sich auch hier ganz klar: „Wenn sich der Verband über ein solches Votum hinwegsetzt, dann wird das nicht gutgehen. Der Verband muss sich gut überlegen, ob er diesen Konflikt eingeht, und muss hinterher damit leben, wenn die Vereine sagen: Spielt mit wem ihr wollt, aber nicht mit uns. Wir als Vorstand tragen die Verantwortung für unseren Verein, und unter den derzeitigen Voraussetzungen ist es für uns aus gesellschaftlicher, gesundheitlicher und finanzieller Sicht nicht möglich, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen.“
Das sehen natürlich nicht alle Oberligisten derart radikal. In der Abstimmung waren immerhin fünf gegen einen Abbruch. Vor allem Eintracht Trier als Spitzenreiter in der Nord-Gruppe und Wormatia Worms als der Erstplatzierte im Süden hoffen auf eine sportliche Wertung. Eine denkbare Variante: Es gibt einen Abbruch-Meister, der durch den Regionalverband für den Aufstieg in die rechtlich eigenständige Regionalliga gemeldet würde. Demnach dürfte Trier aufsteigen, weil die Eintracht vom Punktquotienten her knapp vor Worms liegt, während die Wormatia in die Aufstiegsrunde mit den Oberligavertretern aus Hessen und Baden-Württemberg gehen würde. Angesichts von gerade mal acht absolvierten Spielen von Trier und der neun Partien, die Worms bis zur Unterbrechung der Runde Ende Oktober bestritten hat, wäre das eine durchaus kuriose Lösung.
Von unserem Redakteur Marco Rosbach
Reaktionen der anderen Vereine: „Gesundheitlich, wirtschaftlich und sportlich wie russisches Roulette“
Martin Hahn (Vorsitzender FV Engers): „Die Pläne des Regionalverbandes waren in Bezug auf gesundheitliche, wirtschaftliche und sportliche Gründe wie russisches Roulette. Was ist Gesundheit betrifft, werden wir niemanden im Verein in Gefahr bringen. Das Votum der Vereine war eindeutig. Ich bin überzeugt davon, dass das Präsidium sich nicht über das deutliche Votum der Vereine hinwegsetzen wird. Die Oberligasaison ist für mich beendet.“
Christian Krey (Präsident TuS Koblenz): „Wir wollen die Realität nicht aus den Augen verlieren, die Hinrunde ist nach menschlichem Ermessen nicht mehr zu schaffen. Wir haben uns nicht direkt für den Abbruch entschieden, aber die drei vorgeschlagenen Modelle entsprechen nicht unseren Vorstellungen. Fußball ohne Zuschauer ist für uns keine Option – und das sagen wir nicht aus finanziellen Erwägungen heraus. Was wir leisten, dient ja keinem Selbstzweck. Es geht auch um das ganze Drumherum und da sind beispielsweise die Fans ein elementarer Bestandteil. Ohne sie macht das auf Dauer keinen Sinn.“
Wilfried Zils (Sportlicher Leiter SG Mülheim-Kärlich): Wir, der gesamte Vorstand und das Trainerteam, sind für einen Abbruch der Saison. Nach der monatelangen spielfreien Zeit sind drei bis vier Wochen Vorbereitungszeit viel zu wenig. Außerdem ist es für uns als Verein schwierig, ohne Zuschauer zu überleben.“
Daniel Bernd (Vorsitzender FC Karbach): „Aus unserer Sicht ist vom wirtschaftlichen und gesundheitlichen Aspekt und von der sportlichen Fairness her eine Fortsetzung nicht möglich. Allein die Satzung unseres Vereins lässt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Weiterspielen ohne Zuschauer nicht zu. Ohne Zuschauer wird dem Amateurfußball die Grundlage entzogen, für wen macht man das denn?“
Karl Hartmann (Sportlicher Leiter TSV Emmelshausen): „Normalerweise ist das keine Situation, um noch weiter zu warten. Es gibt nur den Abbruch. Zudem ist die Version, ohne Zuschauer zu spielen, eine sehr unglückliche. Die Vereine sind darauf angewiesen, gerade in diesen Klassen. Auch Arbeitgeber sehen das kritisch. Aus medizinischer Sicht ist es auch nicht möglich mit drei Wochen Vorbereitung, Oberliga zu spielen. Das Ganze gäbe Probleme ohne Ende, deswegen wäre es besser abzubrechen.“