Man mag es kaum glauben, aber der letzte Auftritt der TuS Koblenz im DFB-Pokal liegt tatsächlich schon stolze sieben Jahre zurück. Und ein skurriler war es obendrein. Am 11. August 2017 ging es gegen Dynamo Dresden, wobei die Partie nicht etwa auf dem Oberwerth stattfand, sondern in: Zwickau. Weil seinerzeit im Koblenzer Stadion gewerkelt wurde, musste in der halben Republik nach einem Ausweichplatz gesucht werden, rund 100 Kilometer von Dresden entfernt wurde es letztlich gewissermaßen zu einem Heimspiel für Dynamo. Und doch: Beim 2:3 gegen den zwei Klassen höheren Zweitligisten war eine Überraschung für die Elf des damaligen TuS-Trainers Petrik Sander in Reichweite, Andreas Glockner verschoss kurz vor Schluss beim Stand von 2:3 einen Elfmeter.
Stahl und von der Bracke damals wie heute dabei
Neben dem heutigen TuS-Trainer Michael Stahl stand auch Daniel von der Bracke in der Koblenzer Startelf, beide sind nun mit daran beteiligt, dass der große Fußball zumindest wieder ein bisschen auf dem Oberwerth Einzug hält. Ob es für den inzwischen in der Oberliga gelandeten Verein nur eine kurze Episode oder die durchwachsene Pokalhistorie um eine Sensation bereichert wird, muss sich am Montag zeigen.
Dann geht es um 18 Uhr gegen den Bundesligisten VfL Wolfsburg, und dieses Mal steigt das Ganze sogar im Stadion Oberwerth. Was vor ein paar Wochen nicht selbstverständlich war, wollte doch der im Sommer frisch ausgesäte Rasen nicht recht anwachsen. Um das Geläuf nicht über Gebühr zu strapazieren, weicht Oberliga-Nachbar Rot-Weiss derzeit noch auf den Südplatz aus, beim jüngsten 0:1 der TuS gegen Engers hielt der Rasen. „Er ist jetzt in einem sehr guten Zustand“, findet Jörg Pfeffer, Leiter des Sport- und Bäderamtes.
Anstoßzeit ist wenig zuschauerfreundlich
Schon beim 2:0 im Finale um den Rheinlandpokal gegen die SG Schneifel waren rund 4000 Zuschauer ein Beleg dafür, dass die TuS nach wie vor in der Lage ist, die Massen zu mobilisieren – wenn es dem Anlass entspricht. Das setzt sich nun fort, was durchaus überraschend ist. Der VfL Wolfsburg gilt nicht unbedingt als ein Traumlos, noch dazu ist die Anstoßzeit am Montag um 18 Uhr nicht unbedingt zuschauerfreundlich.
„Natürlich, als Fan hätte man sich einen großen Namen wie Bayern, Dortmund, Köln oder Mönchengladbach gewünscht“, sagt TuS-Präsident Christian Krey, dessen anfängliche Enttäuschung aber längst gewichen ist. Denn: Die Vorverkaufszahlen liegen weit über den Erwartungen. Nicht nur, dass rund 500 Fans den Niedersachsen nach Koblenz folgen, inzwischen sind weit mehr als 5000 Tickets im Vorverkauf abgesetzt worden.
„Wir steuern stark auf die 6000 zu, vielleicht knacken wir am Wochenende sogar die 7000“, sagt Krey. Und weil das Wetter mitspielen soll, hoffen sie bei der TuS sogar ein bisschen auf ein ausverkauftes Haus mit dann rund 10.000 Zuschauern. Das gab's auf dem Oberwerth zuletzt im Vorjahr, als Nachbar Rot-Weiss im DFB-Pokal 0:5 gegen den 1. FC Kaiserslautern unterlag.
Vorbehalte gegen das Los haben sich längst aufgelöst
Für die TuS wäre es nun eine kleine Zeitreise zurück in die 2. Liga, als die Arena regelmäßig proppenvoll war. Was auch daran auszumachen ist, dass der Parkplatz hinter der Haupttribüne mit Sattelschleppern voller Technik gefüllt ist. Die Partie wird wie alle 32 Erstrundenpartien live im Bezahlsender Sky übertragen. Noch dazu müssen sich die Mitarbeiter der TuS-Geschäftsstelle in diesen Tagen nicht über mangelnde Arbeit beschweren, es ist eben kein Spiel wie jedes andere.
Angesichts dieser Umstände und Zahlen dürften sich bei der TuS auch die Vorbehalte über das Los in Wohlgefallen auflösen. „Die Wolfsburger haben vielleicht nicht die große Tradition wie andere Vereine“, so Krey, „aber der Klub hat ja in den vergangenen Jahren einige Erfolge vorzuweisen.“ In der Tat: 2022 spielten die „Wölfe“ sogar noch in der Champions League, blieben seither aber weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Die vergangene Saison unter Trainer Niko Kovac verlief zäh, und weil der VfL immer weiter in den Keller rutschte, wurde er im Frühjahr durch Ralph Hasenhüttl ersetzt. Unter dem Österreicher soll der Fußball in der VW-Stadt nun wieder attraktiver – und vor allem erfolgreicher – sein.
Rollen sind klar verteilt
So oder so, die Rollen sind am Montag klar verteilt. Wie in vielen Partien der ersten Runde im DFB-Pokal wollen die Kleinen die Großen ein bisschen ärgern und vielleicht sogar für einen Coup sorgen. Im Vorjahr scheiterte der damalige Bundesligist Darmstadt 98 bei Regionalligist FC Homburg (0:3), später mischte bekanntlich der 1. FC Saarbrücken den Wettbewerb auf und stürmte bis ins Halbfinale.
„Unter normalen Umständen ist ein Weiterkommen natürlich völlig unrealistisch“, weiß TuS-Chef Krey, zumal nun gleich vier Klassen Unterschied zwischen beiden Vereinen liegen. Aber: Während die unterklassigen Vereine schon seit einigen Wochen im Liga-Betrieb stehen, absolvieren die 18 Bundesligisten im Pokal ihr erstes Pflichtspiel – mit entsprechend vielen Unbekannten. „Es erwischt ja meist jedes Jahr irgendeinen ...“, sagt Krey und verweist auf die besonderen Gesetze des Pokals. Sein Credo: „Wir haben keine Chance, aber die wollen wir nutzen.“
Satte Einnahme und Prämie vom DFB
Neben den satten Zuschauereinnahmen, die freilich nicht in Gänze in der TuS-Kasse landen, sind dem Oberligisten nach DFB-Angaben aber bereits 209.453 Euro an Prämie sicher, die an alle 64 Teilnehmer ausgeschüttet werden. Viel Geld für einen notorisch klammen Verein wie die TuS. Bei einem Weiterkommen wären es dann mehr als 400.000. Daran will in Koblenz natürlich noch niemand denken. Aber wer weiß ...
Tickets für das DFB-Pokalspiel gibt es unter diesem Link. Die Partie der TuS Koblenz gegen den FC Cosmos in der 2. Runde des Rheinlandpokals ist derweil auf Dienstag, 27. August, 19.30 Uhr, verschoben worden und findet im Stadion Oberwerth statt.