Wer glaubt, dass es für Kevin Kraus in der Fußball-Oberliga keine speziellen Spiele mehr gibt, keine Partien, auf die ein Spieler wie er - mit 300 Profi-Begegnungen auf dem Buckel - besonders hinfiebert, der irrt gewaltig. Am Samstag (15 Uhr) gastiert der 1. FC Kaiserslautern II beim SC Idar-Oberstein, und Kevin Kraus kann es kaum erwarten.
„Dieses Spiel ist definitiv sehr besonders für mich“, stellt Kraus klar und erklärt: „Ich habe nun einmal sechs Jahre beim FCK gespielt. Dass er im Profiteam der Roten Teufel aufgelaufen ist, dort zuletzt Kapitän war und zum Abschluss auch noch in Berlin beim DFB-Pokal-Endspiel im Kader stand, es am Samstag im Haag aber „nur“ gegen die U21 des FCK geht, ist für die Gefühlslage des 32-Jährigen überhaupt nicht wichtig. Der FCK elektrisiert ihn weiter. Wie sollte es auch anders sein? Schließlich wohnt er in Mehlingen, unweit des Betzenbergs und noch näher zum Fröhnerhof, dem Trainingsgelände der Lauterer.
„Nein, ich war jetzt nicht im FCK-Training spionieren“
Kevin Kraus
„Nein, ich war jetzt nicht im Training spionieren“, beantwortet Kraus die diesbezügliche, nicht ganz ernst gemeinte Frage laut lachend. Aber natürlich gibt es Verbindungen. Zum Beispiel zu Alexander Bugera, dem Coach des 1. FCK II. „Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm, treffe ihn öfter in Kaiserslautern. Er war ja auch mal mein Co-Trainer“, bestätigt Kraus. Bugera und Kraus arbeiteten unter den Cheftrainern Michael Frontzeck und Sascha Hildmann (der bekanntlich ja auch mal Coach es SC war) zusammen. Kraus hält viel von Bugera als Coach. „Ich weiß, dass er seine Mannschaften sehr gut einstellt und großen Wert darauf legt, dass sie fit sind“, erzählt er.
Sieht der Ex-FCK-Profi im Kader des SC Idar-Oberstein trotzdem eine Chance gegen die „kleinen Roten Teufel“ am Samstag im Haag? „Die Spieler von Zweitvertretungen von Profivereinen sind alle technisch gut, athletisch stark und haben ein sehr gutes taktisches Verständnis. Aber meiner Erfahrung nach können sie nicht so gut mit Härte umgehen“, erklärt Kraus und stellt klar: „Wir müssen ans Limit gehen.“
„Die Situation nervt mich extrem, aber ich habe gelernt, besser damit umzugehen“
Kevin Kraus über den Abstiegskampf beim SC Idar
Dass der SC Idar-Oberstein im Abstiegskampf der Fußball-Oberliga steckt und die Stimmung im Verein gerade etwas gedrückt und angespannt ist, lässt auch Kraus nicht kalt. „Die Situation nervt mich extrem, aber ich habe gelernt, besser damit umzugehen“, sagt er. Tatsächlich kennt Kraus Abstiegskampf ziemlich gut. Er hat ihn mit dem 1. FCK in der 3. Liga erlebt und erst im vergangenen Jahr auch in der 2. Liga - und er hat ihn immer gewonnen. Für den SC sollte das doch ein gutes Omen sein.
Dass er nun in der Oberliga im Abstiegskampf steckt, spielt für Kraus keine Rolle. Seinen Wechsel in der Winterpause zum SC Idar-Oberstein findet er weiterhin richtig. „Ich habe ihn auf gar keinen Fall bereut“, stellt er klar und erklärt: „Ich habe grundsätzlich noch extrem viel Spaß am Fußball, und beim SC Idar-Oberstein ist es wirklich besonders schön.“ Kraus schwärmt: „Der Verein ist sehr familiär, die Menschen sind sehr nett und zuvorkommend. Es ist ein Platz, wo man sich wohlfühlt.“ Eine Einschränkung macht der 1,90-Meter-Hüne aber: „Unsere sportliche Situation könnte besser sein.“
Kraus ist vom Klassenverbleib absolut überzeugt
Wie der SC Idar-Oberstein nach einer Euphoriewelle beim Start in die zweite Saisonhälfte, starken Leistungen und guten Ergebnissen zu Beginn der Rückrunde überhaupt wieder in derart große Gefahr geraten ist, warum sich die Stimmung so gedreht hat, das kann allerdings auch Kraus nicht so recht erklären. Er versucht es: „Gerade zum Schluss haben wir gegen stärkere Gegner gespielt, und in den Partien ist viel zusammengekommen - zum Beispiel auch individuelle Fehler.“ Dass der SC nun nur noch zwei Punkte über einem Abstiegsrang schwebt und auch nur drei Zähler Vorsprung auf den Vorletzten hat, ist Kraus natürlich bewusst, aber er hat nichts von seiner Sicherheit verloren, dass der SC in der Oberliga bleibt.
„Ich bin absolut überzeugt vom Klassenverbleib. Sonst dürfte ich auch nicht spielen“, sagt er und fügt hinzu: „Natürlich haben wir es noch mit Top-Mannschaften zu tun, mit dem 1. FC Kaiserslautern II am Samstag und am letzten Spieltag beim TSV Schott Mainz. Aber auch gegen solche Mannschaften kann man punkten. Zuletzt hat das ja Eppelborn beim FCK bewiesen.“ Kraus ist freilich bewusst, dass es wahrscheinlich für den SC in den beiden Partien zwischen den Spielen gegen den Aufstiegsanwärter und den designierten Meister gilt. „Es sind vielleicht keine Endspiele, aber die Partien in Engers und gegen Herxheim sind entscheidend“, bestätigt er. Überhaupt rät Kraus, die Lage nicht dramatischer zu machen als sie tatsächlich ist. „Wir sind nach wie vor über dem Strich. Wenn uns in der Winterpause jemand angeboten hätte, dass wir vier Spieltage vor Schluss dort mit zwei Punkten Vorsprung stehen, dann hätten wir vermutlich eingeschlagen.“
Kraus mit dem SC wegen einer Vertragsverlängerung im Gespräch
Kraus bewahrt also die Ruhe und ist vom Klassenverbleib überzeugt. Gelingt der, dann dürfte es ein gutes Stück wahrscheinlicher werden, dass er auch in der kommenden Saison beim SC Idar-Oberstein spielt. Noch ist das freilich offen. „Es gibt noch keine Entscheidung, aber der Verein und ich sind in guten Gesprächen“, erklärt er.
Kraus hält den Aufstieg des 1. FCK in die Bundesliga für möglich
Natürlich hat Kevin Kraus die Profis des 1. FC Kaiserslautern noch voll im Blick. Der Ex-Kapitän der Roten Teufel sieht durchaus eine Chance, dass am Betzenberg nächste Saison wieder der Bundesliga-Ball rollt. „Wenn der FCK gegen Darmstadt gewinnt, dann kann es ein Endspiel in Köln geben“, sagt er, hält aber fest: „Der Aufstieg in dieser Saison in der 2. Liga ist ein bisschen wie ein Lotteriespiel und deshalb auch sauschwer.“ Den neuen Trainer hält Kraus bei diesem Ziel für den richtigen Mann: „Torsten Lieberknecht weiß, wie Aufsteigen in die Bundesliga geht. Das hat er bewiesen.“