Fußballfreie Zeit? Nicht für Michael Stahl. Während viele Spieler aller Ligen in diesen Tagen zumeist in südlichen Gefilden die Mannschaftskassen plündern und die Trainer froh sind, mal nicht über Auf- und Einstellungen zu sinnieren, ist der Coach der TuS Koblenz gleich doppelt gefordert: Der 36-Jährige drückt für den Erwerb der A-Lizenz gewissermaßen die Schulbank – und bemüht sich, den anstehenden Neuaufbau in der Oberliga voranzutreiben. Ein schwieriges Unterfangen, denn es zeichnet sich immer mehr ab, dass der Kader der anstehenden Saison nur wenige Namen aus der vergangenen Spielzeit enthalten wird.
Publikumsliebling Armend Qenaj nach Freiberg
„Keine Frage, es wird einen Umbruch geben“, sagt Stahl, und verweist unter anderem auf einige Akteure, die ihre Zukunft in der Regionalliga sehen. Wie zum Beispiel Innenverteidiger Dominic Volkmer, der fortan für den TSV Steinbach Haiger aktiv sein wird – oder auch Armend Qenaj. Der Außenstürmer und Publikumsliebling wechselt nach Freiberg, wo er nun den „nächsten Schritt gehen will“, wie es im Fußball-Sprech heißt. „Ich habe seine Entwicklung super gern begleitet“, sagt Stahl über seine drei gemeinsamen Jahre mit Qenaj, „aber mir war klar, dass der Tag kommen wird, falls wir die Liga nicht halten können.“ Der Trainer lässt den 20-Jährigen nur ungern ziehen, „weil er TuS Koblenz durch und durch verkörpert – aber er muss es jetzt einfach probieren. Das Talent, um sich auch in Freiberg zu behaupten, hat er.“
Neben dem Duo, da macht Stahl kein Geheimnis daraus, wird es weitere Spieler geben, die der TuS den Rücken kehren werden, weil sie ihre Zukunft im (professionellen) Fußball sehen. Erijon Shaqiri, Behadil Sabani oder auch Tariq Suleiman dürften ihr Glück andernorts versuchen, um sich zumindest in der Regionalliga zu etablieren. Und da ist natürlich auch Angreifer Dylan Esmel, der zwar wohl noch einen Vertrag bis 2025 hat, aber Begehrlichkeiten anderer Klubs wecken dürfte. „Wir zahlen in der Oberliga eben keine Profigehälter, das ist so“, hält Stahl nüchtern fest. Daran ändern auch die Einnahmen aus dem Rheinland-Pokal nichts.
Tuchscherer kommt aus Eisbachtal
Bei weiteren Spielern war bereits in den vergangenen Tagen und Wochen bekannt geworden, dass sie aus unterschiedlichen Gründen die TuS verlassen. Almir Ahmetaj zieht es zum Nachbarn und künftigen Liga-Konkurrenten Rot-Weiss Koblenz, Torhüter Jonas Bast zum FC Karbach, Lukas Szymczak nach Engers, Leon Waldminghaus zum Ahrweiler BC, und Jan Mahrla wechselt zum FC Karbach. „Bei manchen sind es berufliche Aspekte, andere wünschen sich eine Rolle mit mehr Spielanteilen“, berichtet Stahl aus den Gesprächen. Obendrein wird er sich nach einem neuen Co-Trainer umsehen müssen, sein bisheriger Assistent Daniel Wilde sucht eine neue Herausforderung. Immerhin gibt es neben Abwehrmann Karim Zeghli (Waldalgesheim) einen weiteren Neuzugang: Von den Sportfreunden Eisbachtal wechselt Lukas Tuchscherer zur TuS. Seine Referenz: Mit 15 Toren hatte er in der abgelaufenen Runde entscheidenden Anteil am Oberliga-Aufstieg der Eisbachtaler. „Wir sind mit vielen weiteren Spielern im Gespräch, aber ich kann im Moment noch nicht ins Detail gehen“, hält sich Stahl bedeckt.
Die TuS steht dabei vor der Herausforderung, bei der Suche nach neuen Akteuren zahlreiche Mitbewerber in der Region zu haben. Der Name und die Tradition sind dabei ohne Zweifel ein Pfund, mit dem der Klub werben kann. „Die Jungs sollen Bock auf den Verein haben“, sagt Stahl, „bei uns kann man wie gegen Trier auch mal vor 7000 Zuschauern spielen oder eben besondere Tage wie gegen Schneifel erleben. Und wir bieten eine hohe Schlagzahl im Training an“, hebt er gewissermaßen die weichen Faktoren hervor.
Wiederaufstieg ist vorerst kein Thema
Großartige Versprechungen, was den Wiederaufstieg anbetrifft, werden jedenfalls nicht gemacht. „Es ist an der Zeit, jetzt ein weiteres Kapitel zu beginnen“, sieht er den Umbruch eben auch als eine neue Erfahrung. „Wir müssen es schaffen, eine Mannschaft auf den Platz zu bringen, die eine ähnliche Entwicklung nehmen kann wie vor zwei, drei Jahren“, umreißt er seine Gedanken, „es wäre vermessen, uns jetzt als Aufstiegskandidaten zu bezeichnen.“
Dass sich Stahl derart intensiv in die Planungen einbringt, lässt den Schluss zu, dass der 36-Jährige auch fortan die Geschicke in Koblenz leiten wird – trotz ungeklärter Vertragssituation. Was ihm indes keine schlaflosen Nächte bereitet. „Die Tinte ist noch nicht trocken, aber ich gehe davon aus, dass ich weiterhin TuS-Trainer bin“, sagt Stahl, „es gab zuletzt einfach viele Themen, die wichtiger waren. Außerdem wollten wir den Fokus ganz auf das Rheinlandpokal-Finale richten.“
Und ganz nebenbei stehen für ihn am Ende einer langen Spielzeit auch noch die Prüfungen für die A-Lizenz an. Die fußballfreie Zeit muss ausfallen, was für Stahl aber kein Problem ist: „Um meinen Energielevel muss sich niemand Sorgen machen.“