Kühnreichs Enttäuschung war mehr als nachzuvollziehen, denn nehmen wir es direkt vorweg: Der Sieg der Gastgeber war glücklich, sehr glücklich sogar. In der zweiten Hälfte spielte eigentlich nur noch ein Team, und das waren die Karbacher. „Selbst mit einem Unentschieden hätte ich nicht nicht leben können“, stellte Kühnreich treffend fest.
Eine gute Begründung, warum trotz der FCK-Überlegenheit die Gastgeber siegten, lieferte Alemannen-Mittelfeldspieler Konstantin Ludwig: „In den 40 Minuten in der zweiten Hälfte, in denen wir nicht den Ball hatten, haben wir das gemacht, was wir am besten können. Wir haben auf dem Platz alle unsere Leben gelassen und uns in jeden Ball geworfen.“
Vor allem ist mir aber wichtig, dass die Jungs alles auf dem Platz geben.
Elvir Melunovic
Ein 1:0 in Trier, nun ein 1:0 gegen den FC Karbach, das sind bei allem Matchglück natürlich keine Zufallsprodukte. „Wir spielen einfach so, wie zu unserem Spielermaterial am besten passt. Vor allem ist mir aber wichtig, dass die Jungs alles auf dem Platz geben, und dann ist mir das Ergebnis fast egal“, erläuterte Melunovic und freute sich erneut „Herz und Leidenschaft“ bei seinem Team erkannt zu haben.
Alemannia-Trainer verlängert Vertrag
Wenige Tage nach seiner Vertragsverlängerung hatte Melunovic kurz dran gedacht, sein defensives System zu verändern, dann aber erneut auf die Trier-Besieger-Taktik gesetzt. „Das sind zwei massive Ketten vor dem eigenen Tor, da musst du erst einmal durchkommen. Wie geht das am besten? Über die Flügel, und genau das haben wir gemacht, über außen hatten wir eine große Zahl an Durchbrüchen“, analysierte Kühnreich, auch die Ecken von Kieran Ike waren stets brandgefährlich. „Ich habe in der zweiten Hälfte viele Chancen von uns gezählt, auch in der Box, die wir alle übers Tor gesetzt haben. Aber es reicht eben nicht, wenn du nur eine Hälfte gut spielst, und unsere ersten 45 Minuten waren schlecht“, bilanzierte der Karbacher Trainer.
In der Tat waren die Waldalgesheimer in der Anfangsphase präsenter. Aufgrund des Fehlens von Pierre Merkel (private Verpflichtung) nominierte Melunovic zwei quirlige Anläufer. Lewis Long und Tom Gürel machten mächtig Betrieb. „Das haben wir die ganze Woche geübt“, sagte Melunovic. Unter Stress gesetzt, litt das Karbacher Aufbauspiel. Vor allem Kapitän Jannik Mohr agierte fehlerhaft, einen Schnitzer bügelte er auf Kosten einer Gelben Karte aus. Drei Verwarnungen in den ersten 27 Minuten verdeutlichen die FC-Unsicherheit. Zudem fiel in dieser Startphase der einzige Treffer des Spiels. Anes Abdiovski machte einen Ball auf der rechten Seite mit einem Zuspiel auf Gürel scharf. Der hatte den Platz, sich im Strafraum zu drehen und platzierte einen Hoppelball im kurzen Eck (12.).
Karbacher Überlegenheit nach der Pause
Nach einer halben Stunde änderte sich das Spiel, die Karbacher wirkten nun ballsicherer und konzentrierter. Ihre Überlegenheit nahm nach der Pause drastisch zu, hinzu kam deutlich mehr Zug zum Tor. Ein eigensinniger Konterabschluss von Long (52.) sollte die einzige SVA-Entlastung bis in die Nachspielzeit bleiben. Auf der anderen Seite hatten die Gäste eine Vielzahl von Chancen. Spektakulär wie Eugene Dennis den Kopfball des freien Tim Puttkammer noch klärte (57.). Sechs Minuten später setzte David Peifer den Ball frei stehend über den Kasten.
Richtig eng für den Alemannen-Kasten wurde es auch in der Schlussphase. Ike (87.) schoss über den Kasten, Puttkammer kam aus zwei Metern frei zum Abschluss, traf aber nur den auf der Linie liegenden Andrej Juric (88.). Und nur eine Minute später hatten eigentlich alle den Ball schon hinter der Linie gesehen, doch Jurics Arm schnellte nach oben. „Ein starker Reflex“, adelte Melunovic die Hammer-Parade. In der achten Minute der Nachspielzeit hatte Linus Peuter dann noch eine sehr gute Freistoßchance, doch auch der Ball war zu hoch angesetzt.
Schiedsrichter zeigt erst Gelb, dann Rot
Zu diesem Zeitpunkt waren beide Teams nur noch zu zehnt. Serdal Günes traf den kurz zuvor eingewechselten Yannic Steinert mit dem Fuß im Gesicht. Schiedsrichter Nicola Sprunk zeigte dem Alemannen zunächst die Gelbe Karte. Nachdem der Unparteiische die Schwere der Verletzung – Steinert musste mit einer offenen Wunde unter dem Auge ins Krankenhaus gebracht werden – erkannte, revidierte er seine Entscheidung und zeigte die Rote Karte.
Während der agile Puttkammer, den es kaum noch auf seiner Rechtverteidiger-Position hielt, an vielen guten Aktionen beteiligt war, kam FCK-Torjäger Max Wilschrey nicht zum Zug. „Ganz ausschalten kannst du ihn nicht, aber wir hatten ihn gut im Griff“, freute sich Melunovic über die Leistung seiner Innenverteidiger-Clique um den starken Abwehrchef Daniel Braun und den bärenstarken Fabrizio Haas. „Unser Trainer war selbst Verteidiger. Das Verteidigen liegt ihm im Blut. Wenn er noch drei Innenverteidiger im Kader hätte, würde er die auch ins Team einbauen“, sagte Ludwig mit einem Schmunzeln, und die neue Sechser-Karriere des langjährigen Innenverteidigers Günes unterstreicht die Aussage.
Ich hoffe sehr, dass wir uns nächstes Jahr in Waldalgesheim wiedersehen. Aber das wird ein heißer Ritt für uns beide.
Patrick Kühnreich
So endeten im späten Abendhimmel von Waldalgesheim die Serien von Wilschrey, der zuletzt immer gegen den SVA getroffen hatte, und der Karbacher, für die Alemannen ein Lieblingsgegner war. „Ich hoffe sehr, dass wir uns nächstes Jahr in Waldalgesheim wiedersehen“, erklärte Kühnreich zum Abschluss und fügte an: „Aber das wird ein heißer Ritt für uns beide.“ Doch die Alemannia glaubt an sich nach nun sieben Spielen ohne Niederlage und nur noch vier Punkten Rückstand auf das rettende Ufer. Karbachs Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz 14 beträgt weiterhin sieben Punkte, daran änderte auch die unnötige Niederlage in Waldalgesheim nichts.
Waldalgesheim: Juric – Zeghli, Dennis, Braun, Haas, Gräff – Abdiovski (86. Ludwig), Günes, Agovic – Long (62. Marino), Gürel (90.+3 Skenderovic).
Karbach: M. Reifenschneider – Puttkammer, Mohr, Schink (88. Steinert), Fischer – Peifer (78. Marx), Otto (62. Oster) – Peuter, Leidig (78. Eberhardt), Ike – Wilschrey.
Schiedsrichter: Sprunk (Oberbexbach); Zuschauer: 300.
Tor: 1:0 Gürel (12.).
Besonderheit: Rot für Günes (Waldalgesheim) wegen grobem Foulspiels (90.+2).