„In Königsau und Kellenbach heißt es: Wir feiern zusammen, wir gehen zusammen in die Kirch', in die Schul' und zusammen auf den Friedhof“, sagt Ursula Hammer, als wir das Trio aus dem Vorstand des TuS Königsau-Kellenbach treffen. Kirche, Schule beziehungsweise Kindergarten und Friedhof, alles liegt in Kellenbach, dem gut dreimal so großen Ort. Und auch der Fußballplatz liegt tief im Kellenbachtal in der Mitte zwischen den beiden Orten, an der Grenze zum Rhein-Hunsrück-Kreis (zwei Kilometer nördlich liegt der Nachbarort Henau), wo der Bach parallel zur Bundesstraße 421 verläuft und später in Simmertal in die Nahe fließt.
Obwohl: D e r Fußballplatz ist falsch. Zwei Plätze sind es, die nebeneinander auf der schönen Anlage unweit des Kellenbachs liegen. Auf beiden wird kein Fußball mehr gespielt. Und etwas weiter drin im Ort – an der Frischwiller Heck – gab es einen weiteren Rasen. Auf dem spielte der TuS Königsau-Kellenbach, als er noch zum Fußballverband Rheinland und damit zum Altkreis Simmern zählte. Bis 1971 war das, ab dann ging es für den Klub aus dem Kreis Bad Kreuznach rüber in den Südwesten.
Ab Mitte der 1970er-Jahre bis in die 80er-Jahre waren dort Fußballmannschaften zu Gast, die einen großen Namen trugen und noch tragen. Fußballerisch hatte der im Jahr 1921 gegründete Turn- und Sportverein seine beste Zeit Anfang der 1980er-Jahre. Auf dem „Friedhof“ liegen die beiden Rasenplätze fußballerisch nun seit rund 15 Jahren. Einer von beiden war sogar für kurze Zeit ein „Paintball-Mekka“. Und bald wird aus dem ganzen Gelände ein Mehrgenerationen-Projekt entstehen. Wie das so ist bei unseren vergessenen Sportplätzen.
Ganz und gar nicht vergessen ist das letzte Auswärtsspiel der Kellenbacher im Verband Rheinland beziehungsweise im Rhein-Hunsrück-Kreis, denn ein kurioses Tor sollte den Weg zum Sieg ebnen. Helmut Weirich aus Königsau erzielte es in Laufersweiler. Dem Vernehmen nach per Knie von der Mittellinie aus. So ist es jedenfalls vermerkt in einem der grünen Ordnern, die Schriftführerin Ursula Hammer mitbringt. Grün wie eine der Vereinsfarben des TuS, die andere ist Weiß. „Das war bestimmt von der Mittellinie aus“, schmunzelt der TuS-Vorsitzende Manfred Demand, der damals dabei war als 25-Jähriger.
Vor Weirichs Tor hatte es bis weit in die zweite Hälfte hinein 3:0 für den TV Laufersweiler gestanden, der bis dahin noch kein Spiel gewonnen hatte. Es sollte dabei bleiben, denn mit dem 1:3 läutete der TuS eine Aufholjagd ein, die in der Nachspielzeit mit dem 4:3-Siegtreffer endete. In der kommenden Spielzeit schon ging es durch die Neuordnung der Kreise im Fußballverband Südwest weiter – für den TuS in der B-Klasse. Aus der stieg er aber wieder ab. Und später wieder auf, aber dazu tatsächlich später.
Denn ab 1975 schlugen die Kellenbacher und Königsauer ein neues Kapitel auf. Ende Mai wurde der neue Rasenplatz eingeweiht, im Rahmen der 50-Jahr-Feier des TuS. 1921 plus 50 ergibt zwar 1971, allerdings war da schon die Idee vom neuen Platz geboren und auch die Idee davon, das neue Grün mit der Jubiläumsfeier zu kombinieren.
1973 war in Zusammenarbeit mit der Schulverband der Sportplatzbau begonnen worden. Wie früher üblich wurde viel an Eigenleistung hineingesteckt. Der alte Platz war einfach für den Spielbetrieb nicht gemacht, die Maße stimmten nicht, es gab Gefälle. Kassierer Karl-Jürgen Ganns schmunzelt: „Wenn du da drei Meter hinter dem Tor Richtung Kellenbach gelegen hast, hast du auf der anderen Seite gerade noch die Latte gesehen.“ Er muss es wissen, denn der 67-Jährige war früher der Torhüter beim TuS.
Norbert Nigbur war auch Torhüter. Und zwar unter anderem beim Bundesligisten FC Schalke 04, mit dem er am 13. Juni 1976 in Kellenbach gastierte. Beziehungsweise gastiert haben die Gelsenkirchener in Martinstein im „Goldenen Hirsch“, der damals einem sehr starken Fußballer gehörte – und zwar Anton Picard, der für die Offenbacher Kickers stürmte, für die er nach dem Ersten Weltkrieg in der damals erstklassigen Oberliga Süd in 179 Spielen 66 Tore erzielte. Seine Karriere ließ Picard beim VfR Kirn ausklingen. Zurück zu Nigbur. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass er nach dem Spiel von einer Kneipe in Martinstein bis zum „Picard“ einen Kilometer auf den Händen gelaufen sein soll...
Was verbrieft ist: Die Schalker feierten auch in der Nacht vor dem Spiele recht lange ihren 3:1-Sieg beim 1. FC Kaiserslautern, der den Knappen den Einzug in den Uefa-Pokal bescherte. Klaus Fischer, Erwin Kremers und Rüdiger Abramczyk hatten getroffen. Sie alle spielten auch einen Tag später gegen eine Nahe-Auswahl, die ihnen vor rund 2000 Zuschauern ordentlich Paroli bot.
Viele der Zuschauer saßen auf dem „Westhang“ in Kellenbach, einem Naturhang, von dem man einen einen tollen Blick auf den Rasen hatte. Heute stehen Bäume, Büsche und Hecken dort, der Westhang ist kaum noch zu sehen. Die Partie damals endete 4:3 für Schalke 04, Klaus Fichtel traf zum schmeichelhaften Erfolg gegen die Auswahl, die ihre besten Spieler in Torwart Arnold Hand vom FC Sobernheim und Fritz Röhrig vom ASV Oberstein hatte, Röhrig traf zweimal. Hand wechselte später zum FSV Mainz 05.
„Hier wurde in dieser Zeit einiges bewegt“, sagen alle im Rückblick. Auch der Schalker Bundesliga-Nachwuchs mit A- und B-Junioren ließ sich blicken. Der C-Klassen-Klub hatte schlichtweg den Mut, illustre Namen zu kontaktieren und ins Kellenbachtal zu locken. Schon bei der großen Einweihung 1975 waren es mit dem VfR Kirn (Südwestliga) und dem TuS Neuendorf (Rheinlandliga) zwei sehr bekannte Klubs der Region.
1977 war es der 1. FC Kaiserslautern, der vor 2500 Zuschauern gegen eine allerdings weitaus schwächer besetzte Nahe-Auswahl als 1976 mit 10:0 gewann. Der viel zu früh verstorbene spätere FCK-Manager Reiner Geye traf dreimal, Betze-Ikone Hans-Peter Briegel zweimal, die weiteren fünf Treffer erzielten Seppl Pirrung, Hannes Riedl, Werner Melzer, Reinhold Meier und Herbert Scheller für das Team von Trainer Erich Ribbeck.
1979 wurde es dann international. Slavia Prag machte Station. Das Team aus der damaligen obersten Staatsliga der Tschechoslowakei hatte vier Nationalspieler an Bord und war auf dem Weg zum Intertoto-Cup-Spiel beim FC St. Gallen. Die weiteren Gruppengegner von Slavia damals waren Eintracht Braunschweig und Malmö FF. In Kellenbach war der Gegner wieder eine Nahe-Auswahl – und immerhin kamen beim 1:1 wieder 1000 Fans.
„Mehr Zuschauer kann man an einem Mittwochabend nicht erwarten“, sagte der damalige Vorsitzende Heiner Klein unserer Zeitung. In St. Gallen gewann Prag drei Tage später übrigens 1:0. 20 Jahre war Klein Vorsitzender des TuS, von 1965 bis 1985. „Gerade bei den größeren Festen war er oft der Urheber – und wir hatten Riesensportfeste hier“, erinnert sich Demand, einer seiner Nachfolger. Seit 1992 ist der 74-jährige Demand bereits im Amt, 2022 also dann 30 Jahre. Es aufzugeben, weil er schon lange nicht mehr in Kellenbach wohnt, kam und kommt für ihn nicht in Frage: „Klar ist das die Verbundenheit, ich war ja immer dicke dabei.“
Stärkste TuS-Elf unter Hausmann
Auch bei der Mannschaft, die wohl die stärkste eigenständige des TuS war. Unter Spielertrainer Rolf Hausmann gelang 1981/1982 der Aufstieg in die B-Klasse, mit 50:6 Punkten und 107:41 Toren ganz souverän vor dem FSV Reiffelbach (41:14 Punkte). „Das war sicher die beste Zeit“, weiß Keeper Ganns, „Rolf Hausmann war ein super Trainer.“ Zu dieser Zeit war die alte Holzumkleide, eine ehemalige Flagg-Baracke aus Kappel, in der einige legendäre Kabinenfeiern über die Bühne gegangen waren, schon Geschichte. 1977 wurde mit viel Eigenleistung das Klubheim fertiggestellt, 1979 wurde ein weiterer Anbau errichtet.
Und 1984 kam gar ein zweiter Rasenplatz dazu, da der „Hauptrasen“ doch zu sehr in Anspruch genommen wurde und man ihn entlasten wollte. Der Rasen mit Flutlicht, der auch theoretisch für den Spielbetrieb hätte genutzt werden können, lag etwas näher auf dem Weg zur „Rippas Mühle“ kurz hinter den Fußballplätzen. Dafür wurde viel Erdreich aufgeschüttet, planiert – und meistens wurde darauf trainiert. Heute grast Pferd Bella dort, der Rasen wird von Familie Rippa als Weide benutzt.
Dieser Rasen, der Kellenbach ab 2002 zum „Paintball-Mekka“ machte. Paintball ist ein Strategiespiels, in dem man versucht, seine Gegner mit Farbkapseln zu beschießen und zu markieren. Das Team „Paintstorm“ wurde 2005 sogar Weltmeister, im Kellenbachtal tummelten sich viele auswärtige Teams zum Trainieren. Das Gelände, das der TuS den Paintballern zur Verfügung gestellt hatte, wurde in Fachmagazinen als „Klasse für sich“ bezeichnet.
Auch das ist mittlerweile schon lange wieder Geschichte. Wie der Fußball. Die Senioren spielten meist in der C-Klasse, 1999 bis 2005 wurde eine SG mit Weitersborn eingegangen. Weitersborn machte ab 2006 wieder allein weiter, beim TuS gingen die Lichter aus. „Von hier kamen einfach keine Spieler mehr“, sagt Demand.
Vereinsleben ist noch intakt
Das letzte Seniorenspiel dürfte das 0:8 daheim gegen den SC Bad Sobernheim 1b gewesen sein, die SG Weitersborn/Kellenbach wurde Letzter in der Kreisklasse Mitte. Die letzten Partien überhaupt dürften Jugendspiele der JSG Lützelsoon gewesen sein und danach lediglich Duelle der Dorfmeisterschaft bei den Sommerfesten des TuS. Trotzdem ist das Vereinsleben noch rege im Gange, 70 Mitglieder gibt es noch. Die Gymnastikgruppe trifft sich, Sportabzeichen können abgelegt werden, es gibt Winterwanderungen. Da macht Corona derzeit einen Strich durch die Rechnung. Auch durch die 100-Jahr-Feier, die auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.
Nun ist hier ein Mehrgenerationen-Park mit Bolzplatz sowie Volleyball- und Basketballfeldern zu finden, wie Rüdiger Schmit aus Kellenbach berichtet. Hinzu kommen Spielplatz, Boule-Bahn, Freiluftschachfeld, Seil-Rutsche, BMX-Gelände, Grillplatz, Fitnessparcour, Bogen-Schießbahn und Zeltplatz. Außerdem gibt es ein Schutzgebäude, drei Wohnmobil-Stellplätze sowie einen Geräte-Container. Zusätzlich wurde das Funktionsgebäude saniert und eine große Freiterrasse angelegt. Die gesamte Anlage ist barrierefrei angelegt und wird rege für vielfältige kulturelle und soziale Begenungen genutzt, erklärt Schmit weiter.