Robert Friedrich ist seit 1980 im Vorstand des TuS Pommern und seit 1984 Geschäftsführer, er hat die Zeiten auf dem letzten der vielen Fußballplätze in Pommern (früher alle im Moselvorland) in den 1980er-Jahren hautnah als Spieler miterlebt.
Durch die kleinen Gässchen im Moselort verlassen wir Pommern in Richtung Norden und die Eifel. Entlang des Pommerbachs geht es mehrere hundert Meter durch ein Waldgebiet. Es hat was von Geocaching, der modernen GPS-Schnitzeljagd nach einem Schatzstück. Bis wir unser Sportplatz-Schätzchen finden, sind einige Hürden zu überwinden. „Hier können wir parken“, sagt unser „Reiseführer“ Robert Friedrich, früher Spieler und seit 1984 als Geschäftsführer des TuS Pommern tätig.
Heute „verirrt“ sich keiner mehr auf den längst vergessenen Sportplatz am Pommerbach.
Auf die ausgesprochene Tatsache „viele Parkplätze gibt es hier aber nicht“ hat Friedrich die erste Anekdote parat: „Viele Parkplätze gab's hier noch nie. Es kam früher öfter vor, dass Autos zugeparkt wurden – und zwar von Spielern, die gerade auf dem Platz standen. Der eine oder andere musste dann damals mal kurz eine Pause einlegen und sein Auto wegfahren.“
Hier: Der ehemalige Hartplatz des TuS Pommern.
Heute parkt am Pommerbach keiner mehr, um Fußball spielen zu gehen. Unser Weg zur alten Heimstätte des TuS führt uns über eine Holzbrücke über den Pommerbach mitten ins Dickicht. „Das waren früher alles Gärten“, sagt Robert Friedrich beim Kampf durch das hohe Gras. Bäume sind umgestürzt und müssen überwunden werden. Am Ende des Kletterparcours steht noch ein abgeknickter Stacheldrahtzaun, die letzte Hürde vor einem sagenhaften Anblick. Rüber über den Zaun und rein in eine andere Welt.
Wir stehen nun auf dem ehemaligen Pommerner Hartplatz, den man als Ortsunkundiger nicht erblicken geschweige denn finden würde. Ein längst vergessener Sportplatz eingerahmt von einer Felswand auf der einen und einer Baumlandschaft auf der anderen Seite. Die beiden Tore stehen noch da wie bei der Sportplatzeinweihung im Juni 1982, sogar die Netze hängen noch.
Das Spielfeld kommt einem klein vor. „Mindestmaße hatte es“, ergänzt Robert Friedrich: „Wer an der Felswand stand, musste aufpassen, dass er keine herabfallenden Steine abbekommt. Auf der anderen Seite war auch nur ein Meter Platz für die Zuschauer bis zur Abgrenzung durch den Zaun.“
Die letzte Fußball-Heimstätte des TuS Pommern ist das Produkt eines Handels mit dem ehemaligen Campingplatz-Betreiber Alfons Lenz. „Der TuS hat früher im Moselvorland auf Rasen gespielt, dann kam der Campingplatz“, erinnert sich Friedrich. Der Campingplatz dehnt sich immer weiter aus, gleich dreimal muss der Sportplatz in den 1960er- und 1970er-Jahren um jeweils 20 bis 30 Meter moselabwärts versetzt werden. Es ist kein tragbarer Zustand für die TuS-Fußballer, auch weil das Hochwasser des Öfteren den Platz überflutet – und auch nicht für den Campingplatz-Besitzer und Großunternehmer Alfons Lenz, der weiter expandieren will.
Das Gestein wurde weggesprengt, um den Hartplatz des TuS Pommern entstehen zu lassen. Eine Heidenarbeit für ein sagenhaftes Sportplatz-Ambiente, das es aber nur ganze 16 Jahre (von 1982 bis 1998) zu bestaunen gab. Zwei Jahre vor Ablauf des Pachtvertrags im Jahr 2000 fand das letzte Meisterschaftsspiel in der D-Klasse statt, die SG Treis-Karden/Pommern spielte des Öfteren mit ihrer Reserve dort. 1998 wurde die Reserve aufgelöst, ein Jahr später die Spielgemeinschaft geschieden. Seitdem ist der TuS Pommern von der Fußball-Landkarte verschwunden.
„So kam es dann Ende der 1970er-Jahre zu der Maßnahme, die auf Gegenseitigkeit beruhte“, sagt Friedrich. Lenz bekommt das komplette Gelände im Moselvorland für seinen Campingplatz, im Gegenzug gibt er das Gelände oberhalb des Pommerbachs und mehrere Hundert Meter außerhalb des Orts per Pachtvertrag frei. „Als Dankeschön für den Tausch durften wir dort einen Sportplatz bauen“, sagt Friedrich.
Das Problem: Eine freie Fläche ist nicht zu sehen, ein Felsmassiv steht Ende der 1970er-Jahre noch dort, wo der neue Hartplatz des TuS entstehen soll. Die Lösung: Der Fels wird gesprengt. Mehrere Monate lang befreien schwere Raupen der Firma Schnorpfeil die Steinlast vom künftigen Hartplatz. Aus Belgien wird die „Rote Erde“ angeliefert. 1982 ist die neue Heimstätte des TuS Pommern fertig. Eine Baubude, die später aus unerklärlichen Gründen abbrennt, dient als Kabine für die Mannschaften und den Schiedsrichter.
Der Hartplatz ist zugewuchert, die Tore sind aber immer noch intakt – so wie bei der Platzeinweihung im Juni 1982. Das Tor in Richtung Eifel hat das Felsmassiv quasi im Rücken.
Auf dem Pommerner Hartplatz herrscht direkt viel Betrieb. „100 bis 200 Zuschauer waren bei den Heimspielen hier immer da“, sagt Robert Friedrich. Er spielt als linker Verteidiger in der Elf des TuS, die in den 1980er-Jahren in der C-Klasse immer oben mitmischt. Im Juni 1985 gelingt der Aufstieg: In der Relegation zur Kreisliga B verliert der Tabellenzweite Pommern (Meister wird der SV Leienkaul) in der Viererrunde zuerst daheim 0:1 gegen den SV Beltheim, ehe der SV Woppenroth und der TuS Dichtelbach geschlagen werden. Die Mannschaft des Kardeners Wolfgang Müller ist endlich in der B-Klasse. „Wir hatten eine ausgeglichene Mannschaft, alles waren Pommerner“, erinnert sich Friedrich an den letzten großen Erfolg des TuS: „Viele sagten uns schon Potenzial für die A-Klasse nach.“
Die Aufstiegsmannschaft des TuS Pommern beim letzten großen Erfolg des Klubs, 1985 ging es als Vizemeister der C-Klasse Mosel/Eifel über die Relegation hoch in die Kreisliga B Nord: (stehend, von links) Trainer Wolfgang Müller, Betreuer Andreas Herlitz, Rafael Helbach, Hubert Stein, Klaus Nelles, Lothar Stein, Albert Mentenich, Hans Frevel, Betreuer Armin Dünzen, Robert Friedrich, Vorsitzender Josef Hammes sowie (kniend, von links) Uwe Nelles, Helmut Blenz, Günter Lenz, Gottfried Ehlen, Heinz Stumpf, Bernd Birkenbeil und Jürgen Nelles. Foto: TuS-Archiv
Doch es kommt alles anders: Trotz einer ordentlichen Punktzahl muss Pommern nach einer Saison wieder aus der B Nord absteigen. „Mit so vielen Punkten abzusteigen, das hat danach wohl niemand mehr geschafft“, sagt Friedrich, der sich an ein Heimspiel kurz vor Saisonende gegen den SC Frankweiler erinnert: „Bis zur 72. Minute hatten wir hier 3:1 geführt, den Klassenerhalt vor Augen haben wir dann noch 3:6 verloren – und hatten dabei insgesamt vier Eigentore geschossen. An dieses Spiel erinnert sich heute noch jeder.“
Mitte der 1980er-Jahre köpfte TuS-Pommern-Kapitän Hubert Stein (im Heimspiel gegen den SV Hambuch) am Hartplatz an der Pommerbach, mehr als 30 Jahre später ist von der „Roten Erde“ nichts mehr zu sehen. Foto: Alfons Benz
Heutzutage spielt kaum ein Pommerner Jung' mehr Fußball. Der Bekannteste ist noch Paul-Jordan Michels von Bezirksligist SG Vordereifel und Sohn von TuS-Kassierer Manfred Michels. „Wir haben noch 150 Mitglieder im TuS, aber leider ist der Verein völlig überaltert wie der ganze Ort“, sagt Geschäftsführer Friedrich. Einiges hat der TuS dennoch zu bieten: Gymnastik für Männer und Frauen, ein- oder mehrtägige Wandertouren, dazu eine alljährliche Skifreizeit. Aber Fußball spielt beim TuS seit der Jahrtausendwende keine Rolle mehr. Ein Positives hat das gehabt: Im Jahr 2000 wäre der Pachtvertrag mit dem Nachfolgebesitzer des ehemaligen Hartplatzes ausgelaufen. Kurz vorher hat der TuS Pommern selbst die Reißleine gezogen und seine aus einem Fels entsprungene Heimstätte gänzlich der Natur überlassen.