Vergessene Sportplätze: Verein am nordwestlichen Rand des Kreises erlebte nach zweitem Anlauf eine Blütezeit - Nach Höhenflug ist's nun ruhiger
„Längst vergessene Sportplätze“: Wie Vitamin B den SV Dorsel wiederbelebte
k501 Dorsel 2
Im Partykeller des Vorsitzenden hängt dieses Bild von den beiden Teams aus dem Gründungsjahr 1989. Foto/Repro: Hans-Josef Schneider
Hans-Josef Schneider

In unserer Serie "Längst vergessene Sportplätze" blicken wir diesmal auf den SV Dorsel im Kreis Ahrweiler, der einst erst im zweiten Anlauf eine Blütezeit erlebte – dank Vitamin B.

k501 Dorsel 2
Im Partykeller des Vorsitzenden hängt dieses Bild von den beiden Teams aus dem Gründungsjahr 1989. Foto/Repro: Hans-Josef Schneider
Hans-Josef Schneider

Man kennt sich, man hilft sich. Manche nennen es Kölschen Klüngel, andere Vitamin B. Es mag ein wenig despektierlich klingen, aber es kann keinesfalls schaden, wenn in einem Dorf der Ortsbürgermeister der Bruder vom Chef des örtlichen Sportvereins ist.

So wie in Dorsel, dem 190-Seelen-Dorf am nordwestlichen Rand des Kreises Ahrweiler, nur einen Steinwurf entfernt von Nordrhein-Westfalens Landesgrenze. Günter und Walter Adrian ticken ähnlich, wenn es um die Pflege der Dorfgemeinschaft geht – sei es in kommunalpolitischen oder in sportlichen Belangen.

1960 die Wiedergeburt

Das war nicht immer so. Der SV Dorsel, den es auch schon in den 1920er-Jahren gab, erlebte 1960 eine Wiedergeburt. Aus dieser Zeit stammt auch der Sportplatz, der einst eher einem Acker glich, dann aber in Eigenleistung auf Vordermann gebracht wurde. Das Gemeindegrundstück am Ortsrand wurde in einen bespielbaren Zustand verwandelt.

Die Fußballmannschaft war recht erfolgreich und schaffte sogar den Aufstieg in die B-Klasse. Dann aber kam es zu einem heftigen Streit zwischen den Protagonisten auf Gemeinde- und Vereinsebene. Der Bürgermeister machte seinen Einfluss geltend und boykottierte zusammen mit einigen Sympathisanten den weiteren Spielbetrieb, sodass es nach drei Jahren zum frühzeitigen Aus kam.

Zweiter Anlauf war effektiver

Wesentlich dauerhafter und effektiver war der zweite Anlauf. „Es herrschte große Euphorie bei der Gründungsversammlung im März 1989 und in den Monaten danach. Mit vereinten Kräften wurde der Sportplatz in Schuss gebracht, die Tore aus Holz durch solche aus Aluminium ersetzt“, berichtet Walter Adrian, der nicht nur treibende Kraft bei der Gründung war, sondern auch bis heute das Amt des Vorsitzenden bekleidet.

Und er ergänzt: „Spieler, die vorher bei den Oberahrtaler Sportfreunden aktiv waren, und solche, die sich von der positiven Aufbruchstimmung anstecken ließen, machten es möglich, dass gleich zwei Mannschaften gebildet werden konnten.“

Eigenes Klub-Domizil

Die Eigenständigkeit machte Energien frei, ein edler Sponsor die benötigten Gelder, und so schafften sich die Dorseler am Rande des Sportgeländes ein Klub-Domizil aus mehreren Modulen mit Umkleideräumen, Duschen, Toiletten, einer kleinen Küche und einem Aufenthaltsraum. Mittels einer Plane kann das Freigelände davor überdacht werden, sodass Grillfeste oder klubinterne Feierlichkeiten auch im Freien veranstaltet werden können. Zwei Flutlichtmasten ermöglichten schon ab 1980 ein durchgängiges Training auch in den Herbst- und Wintermonaten.

K501 Dorsel 1
Laut Walter Adrian, seit über 34 Jahren an der Spitze des SV Dorsel, hat das vereinseigene Umkleidegebäude seinerzeit 70 000 Mark gekostet. Foto: Hans-Josef Schneider
Hans-Josef Schneider

Erinnerungen an Walter Porz

Gern erinnert man sich in Dorsel an den ehemaligen Trainer Walter Porz, der sechs Jahre lang tolle Arbeit leistete und in dieser Zeit immer wieder die weite Anfahrt von Hain im Brohltal bis an die Landesgrenze in Kauf nahm. Den größten sportlichen Erfolg feierte der SV im Spieljahr 1990/1991, als man als C-Liga-Meister in die B-Klasse aufstieg.

„In diesen glorreichen Jahren kamen wir nicht ohne sogenannte Gastspieler aus“, erinnert sich Adrian: „Die kamen aus Nachbarorten, zudem brachte der Trainer welche mit.“

Seniorenelf im Jahr 2001 abgemeldet

Dem fußballerischen Höhenflug folgten bald weniger erfolgreiche Zeiten. Zudem ließ die Begeisterung merklich nach. Während andere Klubs ihr Heil in Spielgemeinschaften suchten, sah sich Dorsel gezwungen, seine Seniorenelf im Jahr 2001 zurückzuziehen und abzumelden.

Es wurde danach aber weiter gekickt. Sei es beim traditionellen Dörferturnier im Rahmen des jährlichen Sportfestes der Oberahrtaler Sportfreunde oder bei den Alten Herren. Hier sind laut Adrian noch immer einige aktiv, die schon 1989 mit von der Partie waren und inzwischen weit über 50 Jahre alt sind.

Als Schiedsrichter kürzertreten

Weiterhin engagiert zu Werke geht der Klubchef in einer anderen Funktion. Als der Verein 1989 den Spielbetrieb aufnahm, musste ein Schiedsrichter gemeldet werden. Walter Adrian opferte sich damals und ist bis heute dabei geblieben. Inzwischen zählt er mit seinen 64 Jahren, er hatte Anfang des Jahres Geburtstag, zu den Ältesten, aber auch Aktivsten seiner Zunft im Kreis Rhein/Ahr. Künftig will er aber kürzertreten und vor allem nicht mehr so weite Fahrten auf sich nehmen wie nach Remagen oder Oberwinter. „Da kommen 60 bis 70 Kilometer zusammen. Ich habe den Ansetzer gebeten, mich ortsnah einzusetzen und nur noch einmal pro Woche.“

Kürzer treten auch die Dorseler Fußball-Oldies. Und das schon länger. Mehr als sechs oder sieben Begegnungen pro Jahr kommen nicht mehr zustande. Immerhin sorgen sie noch dafür, dass die Pflege des Spielfeldes durch den Verein nicht umsonst ist.

Schäden durch Wühlmäuse

Entsprechend mit Gerätschaften ausgestattet, wird bei Bedarf gemäht, und es werden auch mit Großeinsatz Schäden beseitigt, die schon häufiger von Wühlmäusen verursacht wurden. „Wir mussten schon mehrmals neuen Mutterboden aufbringen und neu einsäen, um unsere Wiese wieder in Ordnung zu bringen“, erzählt Adrian.

Ein mit Gras bewachsenes Spielfeld, das wegen seiner exponierten Lage auf einer weitgehend ungeschützten Hochfläche Wetterkapriolen ausgesetzt ist – vor allem dem Wind, der überwiegend aus Westen kommt und bei entsprechender Stärke das Vergnügen beim Kicken gegen null gehen lässt. Der Fußball spielt in Dorsel nicht mehr die Hauptrolle.

Frauen auf dem Vormarsch

Schon seit mehr als drei Jahrzehnten sind die Frauen auf dem Vormarsch. Sie haben bei der Mitgliederzahl die männliche Fraktion schon seit Längerem überholt. Frauenturnen gibt es seit 1989, seit der Fertigstellung des Bürgerhauses findet man dort ideale Übungsbedingungen vor. Bis zu ihrem Tod vor einigen Jahren war Anneliese Schunck aus Müsch die Übungsleiterin.

Top-News aus dem Sport