"Längst vergessene Sportplätze der Region": In Lahnstein finden sich mehrere Orte, an denen an denen zu früheren Zeiten der Ball rollte
„Längst vergessene Sportplätze“: Von den „Laubfröschen“ bis hin zur schwarzen Asche in Lahnstein
In Lahnstein gibt es mehrere Stätten, auf denen früher der Ball rollte. Auf dem Rasenplatz an der Kölner Straße erzielte Timo Schneider von der SG Eintracht Lahnstein am 12. Mai 2002 das letzte Tor. Helmut Landsrath hielt diesen Moment für die Ewigkeit fest, die SGE besiegte die SG Mülheim-Kärlich damals mit 4:1.
Archiv Helmut Landsrath

Erstligafußball in Lahnstein - diese Vorstellung ist keinesfalls Fiktion, sondern entsprach in den 1960er-Jahren der Realität. Für unsere Serie „Längst vergessene Sportplätze der Region“ haben wir uns in der Stadt an der Flussmündung auf eine kleine Zeitreise begeben.

In Lahnstein gibt es mehrere Stätten, auf denen früher der Ball rollte. Auf dem Rasenplatz an der Kölner Straße erzielte Timo Schneider von der SG Eintracht Lahnstein am 12. Mai 2002 das letzte Tor. Helmut Landsrath hielt diesen Moment für die Ewigkeit fest, die SGE besiegte die SG Mülheim-Kärlich damals mit 4:1.
Archiv Helmut Landsrath

Die ganz großen Zeiten des Lahnsteiner Fußballs liegen schon einige Jahre zurück. Der FSV Rot-Weiß geht mit seinen beiden Aktivenmannschaften in den Kreisligen A und C auf Torejagd, die überregionalen Klassen sind derzeit ein gutes Stückchen entfernt. Doch dass der Fußballstandort Lahnstein Tradition hat, beweist ein Blick auf mehrere (ehemalige) Spielstätten, auf denen früher einmal das Leder rollte. Im Rahmen unserer Serie „Längst vergessene Sportplätze der Region“ haben wir uns in der Stadt an der Flussmündung auf eine kleine Zeitreise begeben.

Erstligafußball in Niederlahnstein – was heute unvorstellbar klingt, war zu Beginn der 1960er-Jahre Realität. Ob 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Saarbrücken, Borussia Neunkirchen, FK Pirmasens oder Mainz 05 – die zu dieser Zeit waren die größten Vereine im Südwesten allesamt zu Gast beim SV Niederlahnstein, der 1911 als „FC Deutschland“ gegründet, später umbenannt wurde und zeitweise zu den erfolgreichsten Klubs im Rheinland gehörte.

Heute erinnert nur noch ein Straßenschild an den Sportplatz.
Lukas Erbelding

In den Spielzeiten 1960/61 und 1962/63 war der SV in der erstklassigen Oberliga Südwest vertreten. Die Mannschaft landete zwar jeweils auf dem letzten Platz, allerdings durften die Zuschauer einige denkwürdige Partien am Sportplatz an der Hermsdorfer Straße erleben. Am 14. August 1960 setzte es zum Saisonauftakt ein 2:2 gegen Südwest Ludwigshafen. Der erste Sieg datiert vom 11. September 1960, als es ein berauschendes 5:2 gegen Saar 05 Saarbrücken gab. Unvergessen sind natürlich auch die Heimspiele gegen den 1. FC Kaiserslautern, wenngleich es dort nichts zu holen gab (0:1 im Jahr 1961 sowie 0:3 im Jahr 1962).

Abschlussspiel im Jahr 2002

Das Sportgelände an der Kölner Straße wurde 1959 eröffnet. Hier wurde bis 2002 Fußball gespielt. Wie Bernd Geil vom Stadtarchiv Lahnstein berichtet, begannen ab 1997 die Planungen für einen Gewerbepark in unmittelbarer Nähe. Infolgedessen musste der Sportplatz weichen. Geil erklärt weiter: „Im Jahre 2003 eröffneten auf dem Areal ein Fitnessstudio und ein Orthopädie-Fachgeschäft mit über 100 Parkplätzen.“ In der Nähe befindet sich zudem ein großer Supermarkt. Das letzte Meisterschaftsspiel fand am 12. Mai 2002 statt. Die SG Eintracht Lahnstein, die 1973 nach dem Zusammenschluss des SC Oberlahnstein und des SV Niederlahnstein gegründet worden war, schlug die SG Mülheim-Kärlich mit 4:1. Das letzte Tor gelang Timo Schneider per Freistoß.

Auch im „Kränchen“ (heute Wohnmobilpark) wurde Fußball gespielt.
Stadtarchiv Lahnstein/Geil

Bevor es an der Kölner Straße zur Sache ging, war der FC Deutschland (beziehungsweise SV) auf dem Sportplatz „Am Kränchen“ beheimatet gewesen. Dieser wurde 1912 mit einem Spiel gegen eine Auswahl aus Braubach eingeweiht. Nach dem Ersten Weltkrieg gelang es dem Vorstand, wie Geil zu berichten weiß, „bei der Stadtverwaltung eine wohlwollende Haltung in der Sportplatzfrage herbeizuführen.“

Das „Kränchen“ wurde ausgebaut, und aus Kriegsheimkehrern sowie der Jugend wurde eine neue Mannschaft gebildet. 1923 erhielt der Sportverein die neuen Vereinsfarben grün-weiß, fortan war der SV unter dem Spitznamen „Laubfrösche“ bekannt. Bis in die 1950er-Jahre hinein war das „Kränchen“ Heimat der ersten SV-Mannschaft, ehe das Gelände den gestiegenen Anforderungen nicht mehr genügte.

Hier war lange Zeit der SV Niederlahnstein aktiv. Die Fotos stammen aus den 1950er-Jahren.
Stadtarchiv Lahnstein/Geil

Nach kurzer Zeit im Exil in Koblenz folgte 1959 der Umzug an die eingangs erwähnte Kölner Straße. Die Reserve- und Jugendteams spielten aber noch eine Weile im „Kränchen“, einem „typischen Ascheplatz mit dunklem Untergrund“, wie sich der ehemalige Spieler Thomas Schneider erinnert: „Nach jedem Spiel waren die Füße schuckeschwarz.“ 1978 wurde auf dem Platz übrigens eine deutsche Vorentscheidung der beliebten Fernsehsendung „Spiel ohne Grenzen“ ausgetragen. Hierzu wurde extra eine temporäre Tribüne aufgestellt.

Pokalbegegnung gegen Alsenborn als Höhepunkt

In Oberlahnstein war die Fußballbegeisterung ebenfalls ungebrochen. 1909 wurde der Sportclub gegründet, der zunächst auf einer provisorischen Anlage auf dem heutigen Kurzentrum beheimatet war. Im August 1921 schließlich „konnte der Sportplatz in der Nähe des Victoriabrunnens fertiggestellt und bespielbar gemacht werden“, erklärt Bernd Geil.

Diese Aufnahme aus dem Jahr 1959 zeigt das Stadion am Victoriabrunnen zeigt.
Stadtarchiv Lahnstein/Geil

Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Bombentrichter auf dem Sportplatz zugeschüttet werden. Anschließend konnte hier wieder trainiert und gespielt werden. Ein Höhepunkt aus Oberlahnsteiner Sicht ereignete sich im Jahr 1970, als mit dem SV Alsenborn ein zu damaliger Zeit regionaler Spitzenverein zu einem Südwestpokalspiel zu Gast war. Die Begegnung ging vor stattlicher Kulisse mit 1:3 verloren. Mittlerweile existiert der Platz nicht mehr, seit 2011 ist der Modellbahnclub Rhein-Lahn mit seiner Gartenbahnanlage hier zu Hause.

Auf diesem Platz genoss der SC Oberlahnstein (hier das Mannschaftsfoto aus der Saison 1961/1962) Heimrecht.
Stadtarchiv Lahnstein/Geil

Ab 1973 machten der SC und der SV als „SG Eintracht Lahnstein“ schließlich gemeinsame Sache. Diese zog 2002 von der Kölner Straße ins neue Rhein-Lahn-Stadion um. Nachdem die SGE Insolvenz anmelden und sich aus dem Spielbetrieb zurückziehen musste, ist hier seit 2011 der FSV Rot-Weiß als inoffizieller Nachfolgeverein beheimatet.

In Friedrichssegen ging es ab 1931 zur Sache

Auch im Lahnsteiner Stadtteil Friedrichssegen rollte der Ball – und zwar an mehreren Standorten. „Als der Sportverein Rot-Weiß Friedrichssegen 1931 ins Leben gerufen wurde, wurde ein Stück ehemaliges Grubengelände von Gutsbesitzer Paul Multhaupt am ehemaligen Tagschacht gepachtet“, erläutert Geil, der ergänzt: „Dort, wo noch bis 1913 Erz abgebaut wurde und mitten auf dem Platz ein Einzugschacht in die 14 Tiefbausohlen führte, wurden Eisenträger herangeschafft, das Loch verfüllt und in Eigenleistung von der Spielerschar ein Platz von 96 mal 45 Metern geschaffen, der bis 1964 als Fußballplatz diente.“

Die Mannschaft von Rot-Weiß Friedrichssegen im Jahr 1932, kurz vor ihrem Spiel im Rahmen der Sportplatzeinweihung gegen Kesselheim.
Stadtarchiv Lahnstein/Geil

Bei der Einweihung 1932 waren die Alten Herren des SC Oberlahnstein sowie die ersten Mannschaften aus Dausenau und Kesselheim zu Gast. „Von 1933 bis 1939 spielte der SV Rot-Weiß Fried-richssegen in der ersten Kreisklasse des Sportkreises Koblenz und errang zweimal die Kreismeisterschaft“, berichtet Geil. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Verein als SV Schwarz-Weiß neu gegründet. In der Zwischenzeit war die Ortschaft aber in Richtung Lahn „gewandert“, die Ortsteile Kölsch Loch und Tagschacht waren nicht mehr bewohnt. „Daher entschloss sich die Stadt Lahnstein, gegenüber der Schule einen neuen Sportplatz an der Erzbachstraße zu bauen, der 1964 eingeweiht wurde. Den Sportplatz am Tagschacht hat die Natur zurückerobert“, so Geil.

Übrigens sind auch an der Erzbachstraße einige Jahre vergangen, seitdem letztmals ein offizielles (Aktiven-)Fußballspiel angepfiffen wurde. Im Juli 2019 hatte der SV Schwarz-Weiß im Rahmen einer Testbegegnung Anadolu Spor Koblenz zu Gast. Wenig später musste das SV-Team, obwohl kurz zuvor in die Kreisliga B aufgestiegen, vom Spielbetrieb abgemeldet werden. Was folgte, waren noch einige Trainingseinheiten – und viel fußballerische Ruhe...

Zur Serie: Längst vergessene Sportplätze der Region

„König Fußball“ zieht auch in unserer Region die Massen an. Ob nun im höherklassigen Bereich oder beim B-Klassen-Derby: Die Zuschauerzahlen können sich oftmals sehen lassen. Doch vielerorts rollt das runde Leder schon lange nicht mehr − und genau darum geht es bei unserer Serie „Längst vergessene Sportplätze der Region“. Wir schauen in losen Abständen auf Orte, in denen früher mal Fußball gespielt wurde, betrachten deren Geschichte und lassen alte Erinnerungen noch einmal aufleben. Denn auch in unseren Gefilden gibt es einige (ehemalige) Sportplätze, auf denen vor Jahren noch hoch herging, die nun aber verwaist sind oder anderen Zwecken dienen. In dieser Serie stellen wir einige von ihnen vor.

Wenn Sie Tipps zu weiteren, vergessenen Sportplätzen haben, schreiben Sie uns gern eine E-Mail an: online@rhein-zeitung.net.

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