Längst vergessene Sportplätze: Einstige sportliche Heimat des TuS Montabaur musste Wohnhausbebauung weichen - Neue Spielstätte quillt auch über
„Längst vergessene Sportplätze“: Nur ein Straßenschild erinnert noch ans alte Stadion in Montabaur
Nicht nur die Fußballer aus Montabaur trugen im alten Stadion an der Koblenzer Straße ihre Spiele aus, auch die Leichtathleten waren dort heimisch.
Archiv Albert Kram/TuS Montabaur

Für unsere Serie "Längst vergessene Sportplätze der Region" sind wir diesmal in der Westerwälder Kreisstadt Montabaur auf Entdeckungstour gegangen. Dort, wo einst der TuS beheimatet war, erinnert heute nur noch ein Straßenname daran, dass hier zu früheren Zeiten der Sport eine große Rolle spielte.

Nicht nur die Fußballer aus Montabaur trugen im alten Stadion an der Koblenzer Straße ihre Spiele aus, auch die Leichtathleten waren dort heimisch.
Archiv Albert Kram/TuS Montabaur

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde neben der bereits anerkannten Volkssportart Turnen auch der Fußballsport immer populärer. So und nicht anders ist es auch in Montabaur gewesen. Bereits 1846 gründeten sportaffine Menschen einen Turnverein, ehe 1912 eine Fußballabteilung ins Leben gerufen wurde. In mehr als 100 Jahren Fußball hat sich in der Westerwälder Kreisstadt einiges getan. Vorstände kamen und wurden abgelöst, große Spiele gingen über die Bühne und zahlreiche sportliche Erfolge wurden gefeiert.

Nicht zu vergessen sind die Sportstätten, magische Orte, an denen sich große Siege und dramatische Niederlagen die Hand reichen. Jörg Nicolaus, seit 1996 Vorsitzender des TuS Montabaur, und Albert Kram, Vizepräsident sowie langjähriger Sportfunktionär im Westerwald, berichten über die Sportstätten in der Kreisstadt.

Zusammenschluss nach dem Zweiten Weltkrieg

„Die heutige Fußballabteilung des Turn- und Sportvereins Montabaur ist aus dem Sportverein Montabaur 1912 hervorgegangen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es dann, nicht ganz freiwillig, zum Zusammenschluss zwischen dem Sportverein und dem Turnverein 1846 Montabaur. Der Vereinsname lautete dann VfL Montabaur. Doch bereits am 6. Dezember 1951 wurde der Verein in TuS Montabaur 1846/1912 umbenannt“, erzählt Kram, der seinem Herzensverein 1960 beigetreten ist.

Der Gewerbeverein Montabaur feierte 1902 sein 50-jähriges Bestehen auf dem Festplatz an der Coblenzer Chaussee. Dazu wurde auf dem Gelände ein Bauernhaus errichtet. Danach wurde ein Verein zur Förderung der Jugend- und Volksspiele gegründet – mit dem Ziel, das Gelände und das Bauernhaus zu erhalten.

Hinzu kamen zwei Grundstücke, welche den Kaufpreis auf 15.000 Mark erhöhten. „Der gemeinnützige Verein wurde am 19. Dezember 1902 beim Amtsgericht Montabaur eingetragen. Auf dem Areal wurde der Jugendspielplatz errichtet, der in den Wintermonaten als Eisbahn genutzt wurde. Als dann der Erste Weltkrieg ausgebrochen war und der Verein in eine finanzielle Schieflage geraten ist, stand eine Zwangsversteigerung im Raum“, berichtet Kram von Erzählungen.

Am 6. Mai 1915 hat der Magistrat der Stadt Montabaur beschlossen, das Gelände an der Koblenzer Straße zu belegen. Das Areal sollte als Jugendspielplatz auf „ewige Zeiten“ für die Jugendpflege genutzt werden. Fortan diente der Sportplatz der Austragung von Fußballspielen und Leichtathletikveranstaltungen.

Generalüberholung im Sommer 1949

„Bereits im Jahr 1908 erkannte das Militär den Fußballsport als erzieherische und körperertüchtigende Maßnahme an. Doch es dauerte bis zum 11. Juli 1912, ehe 24 Mann die Fußballabteilung gründeten. Das am 28. Juli 1912 ausgetragene Duell mit den Fußballern aus dem benachbarten Niederelbert endete 2:2. Wegen des Ersten Weltkrieges ruhte die Vereinstätigkeit, bis auf wenige Monate 1916, bis zum 1. April 1919“, berichtet Nicolaus und ergänzt: „Neben dem Jugendspielplatz wurde auch auf dem Seminarplatz dem runden Leder nachgejagt. Und auch für den Schulsport wurden die Sportstätten genutzt. Das Bauernhaus wurde 1936 abgerissen, als das Heim der Hitlerjugend erbaut wurde.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg – der Turnverein und der Sportverein schlossen sich am 26. Juli 1946 zusammen – stand der Ausbau des Sportplatzes im Vordergrund. Nach mehr als drei Jahrzehnten intensiver Nutzung war eine Generalüberholung des Sportgeländes vonnöten. Diese erfolgte ab Sommer 1949, denn die Sportstätte genügte weder in der Größe noch in der Beschaffenheit den Anforderungen, die ein geordneter Spielbetrieb mit sich bringt.

Wo früher die Fußballer ihre Heimspiele austrugen und die Leichtathleten Jagd auf Bestzeiten machten, leben heute Hunderte Menschen. Nur das Straßenschild erinnert an den alten Sportplatz.
Jakob Rosbach

„Die Stadt Montabaur ließ sich die Neugestaltung des Sportplatzes 35.000 Mark kosten. Zur Schaffung des Plateaus waren 1600 Kubikmeter Boden von der alten Fläche zu bewegen. 1200 Kubikmeter Erde mussten angefahren werden, damit eine gleichmäßige Planierung ermöglicht werden und eine neue Tribüne aufgeschüttet werden konnte“, gibt Kram wieder und ergänzt: „Das Fußballfeld hatte eine Fläche von 8500 Quadratmetern, umrandet wurde das Rechteck von vier Laufbahnen. Nicht zu vergessen sind die beiden Tennisplätze.“

Den ganzen Sommer und Herbst dauerte es, ehe am 3. und 4. Dezember 1949 die Einweihung der neuen Sportstätte an der heutigen Koblenzer Straße gefeiert werden konnte. Die neue Anlage mit der Bezeichnung „Stadion Mons-Tabor“ wurde von Bürgermeister Robert Kraulich dem Verein übergeben. Die Handballmannschaft des VfL Montabaur trat gegen den TuS Bannberscheid an (5:4), die Fußballer des VfL unterlagen dem SC Wirges mit 2:4. Das erste große Ereignis im neuen Stadion war ein Testspiel zwischen der TuS Neuendorf und Eintracht Frankfurt vor 6500 Zuschauern. Im April 1950 fanden sich gar 12.000 Sportbegeisterte ein, um die Begegnung zwischen Admira Wien und Eintracht Frankfurt zu verfolgen.

Die Sportstätte wurde in den folgenden Jahren immer wieder erweitert oder saniert. 1957 konnte der Bau eines Umkleidehäuschen abgeschlossen werden. In den Jahren 1959 und 1960 wurde eine Beleuchtungsanlage errichtet, die in allen Abteilungen für Begeisterung sorgte. Positiver Nebeneffekt ist die Entlastung der Turnhalle in der Josef-Kehrein-Schule gewesen.

Der 25. Juni 1992 – ein trauriger Tag für den TuS Montabaur

Im Stadion an der Koblenzer Straße wurde 1976 noch einmal die Flutlichtanlage modernisiert. Das alte Stadion wurde bis zur Eröffnung der heutigen Sportstätte, dem Mons-Tabor-Stadion im Schulzentrum, im Jahr 1987 als Hauptspielort genutzt. In den Folgejahren diente die alte Stätte dann nur noch als Ausweichmöglichkeit.

„Ein trauriger Tag in der Geschichte des TuS Montabaur ist der 25. Juni 1992 gewesen. An diesem Tag hat der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt beschlossen, die Grundstücke auf dem Jugendspielplatz zu verkaufen. Am 25. November 1993 wurde dann festgelegt, dass auf dem Areal des alten Sportplatzes eine Wohnhausbebauung umgesetzt werden soll. Die fertiggestellten Häuser bieten mittlerweile rund 500 Menschen Wohnraum. Es ist nur ein kleiner Trost, dass am 2. Februar 1993 festgelegt wurde, die Erschließungsstraße in ,Am alten Sportplatz' umzubenennen“, berichtet Nicolaus, der als Jugendlicher regelmäßig auf dem Tribünendach gestanden und mit Konfetti die Spieler auf dem Platz angefeuert hat.

1987 stand dann für den TuS Montabaur der Umzug in eine neue Sportstätte an, die sich der Verein heute mit vielen anderen Sporttreibenden teilt. Albert Kram klärt auf: „Anfang der 1970er-Jahre wurde in politischen und sportlichen Gremien über das Angebot an Sportstätten diskutiert. Eine Möglichkeit war es, das alte Stadion an der Koblenzer Straße auszubauen. Die zweite Option bestand darin, eine neue Sportanlage zu bauen. Schnell wurde klar, dass das alte Stadion in seiner Gesamtheit nicht mehr ausreichend war. Die Zahl der sporttreibenden Menschen schnellte in die Höhe. Und das Schulzentrum benötigte eine Sportstätte für den Schulsport. Die einzig vernünftige Lösung ist es gewesen, die freie Fläche nahe dem Schulzentrum in der „Wölfchesbitz“ zu nutzen.

Im Jahr 1985 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Das neue Mons-Tabor-Stadion konnte am 19. Juli 1987 mit der Begegnung zwischen einer Auswahl des Fußballverbandes Rheinland und der mit 2:1 siegreichen Nationalmannschaft Ruandas gebührend eingeweiht werden. „Das neue Stadion ist ein echter Hingucker geworden. Die Rasenfläche beträgt 68 mal 105 Meter, die Tartanbahn verfügt über sechs Bahnen. Nicht zu vergessen sind die Weitsprung-, die Hochsprung- und die Kugelstoßanlage. Im Eingangsbereich sind im Untergeschoss die Umkleiden, die sanitären Anlagen und Abstellräume sowie das vereinseigene Fitnessstudio. Das Obergeschoss wird als Vereinsheim genutzt“, berichtet Kram, der die 100 Meter einst in beachtlichen 10,7 Sekunden sprintete, wie er erzählt.

Wenn ich nicht meine Hausaufgaben mache, dann kann ich auch nicht bei dem Wettbewerb ,sportfreundlichste Stadt' mitmachen.

Vorsitzender Jörg Nicolaus ist verärgert über das Angebot an Sportstätten.

Stolz ist man beim TuS Montabaur auch auf den 1997 in Eigenleistung fertiggestellten Anbau ans Funktionshaus. Dieser wird als Geschäftsstelle des TuS und des Bildungswerks Sport genutzt. Und auch beim Stadionbau wurde viel in Eigenleistung gemacht, wie die Verantwortlichen berichten. Kram erzählt: „Die Fußballer haben mehr als 1500 Arbeitsstunden geleistet. Für Isolierarbeiten, das Installieren von Dachrinnen, Maurerarbeiten, Holzverkleidungen im Innenbereich und Malerarbeiten.“

Und wie sieht es heute aus? „Es gibt einen äußerst akuten Platzmangel aufgrund einer starken Zunahme an Vereinen, die im Stadion Sport treiben. Wenn ich nicht meine Hausaufgaben mache, dann kann ich auch nicht beim Wettbewerb ,sportfreundlichste Stadt' mitmachen“, legt TuS-Präsident Jörg Nicolaus mit Blick nach vorn den Finger in die Wunde. „Immerhin kommt ja im nächsten Jahr der Kunstrasen, wodurch das Stadion ganzjährig nutzbar wird“, ergänzt der langjährige TuS-Chef. Auch habe man erreicht, dass dann eine Werferanlage für die Leichtathleten geschaffen wird. „Ein bisschen was tut sich durch stetiges Nachhaken“, sagt Nicolaus.

Zur Serie: Längst vergessene Sportplätze der Region

„König Fußball“ zieht auch in unserer Region die Massen an. Ob nun im höherklassigen Bereich oder beim B-Klassen-Derby: Die Zuschauerzahlen können sich oftmals sehen lassen. Doch vielerorts rollt das runde Leder schon lange nicht mehr − und genau darum geht es bei unserer Serie „Längst vergessene Sportplätze der Region“. Wir schauen in losen Abständen auf Orte, in denen früher mal Fußball gespielt wurde, betrachten deren Geschichte und lassen alte Erinnerungen noch einmal aufleben. Denn auch in unseren Gefilden gibt es einige (ehemalige) Sportplätze, auf denen es vor Jahren noch hoch herging, die nun aber verwaist sind oder mittlerweile anderen Zwecken dienen. In dieser Serie stellen wir einige von ihnen vor. Wenn Sie Tipps zu weiteren, vergessenen Sportplätzen haben, schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an: online@rhein-zeitung.net.

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