Siegen
Jung, hungrig - und vernünftig: Sportfreunde Siegen wollen finanziell machbaren Weg weitergehen

Trainer Ottmar Griffel (hinten links) und Co-Trainer Thorsten Seibert (hinten rechts) mit den Neuzugängen: Benedikt Zahn, Daniel Hoff (hinten) sowie Mehmet Kurt, Arda Nebi und Lukas Hombach (vorne).

Daniel Schäfer

Siegen. Mit dieser Entwicklung hatte bei den Siegener Sportfreunden vor einem Jahr um diese Zeit niemand gerechnet. Die sofortige Rückkehr in die Fußball-Regionalliga West als Meister der Oberliga Westfalen - das werten die Vereinsführung und auch Trainer Ottmar Griffel als große Leistung, als faustdicke Überraschung. Liga vier macht wieder Halt in Siegen - und mit ihr Traditionsklubs wie RW Essen, Alemannia Aachen, Viktoria Köln oder auch Mit-Aufsteiger Wuppertaler SV. Am Sonntag sind die Siegener in die knapp fünfwöchige Vorbereitungsphase gestartet. "Es wird eine schwere Saison, aber eine, die wir auf einem Nicht-Abstiegsplatz überstehen wollen", umreißt Ottmar Griffel mit wenigen Worten die Zielsetzung der Sportfreunde.

Von unserem Mitarbeiter Hans-Georg Moeller

Aber es gab auch optimistische, vielleicht sogar euphorische Stimmen: „Das hast du vor einem Jahr auch so gesagt“, richtete ein Zurufer das Wort an den Chef-Übungsleiter. „Und was ist daraus geworden? Die Oberliga-Meisterschaft.“ Ottmar Griffel muss darüber lächeln. Natürlich denkt er sich seinen Teil, den Realitätssinn hat der in Olpe wohnende Coach über den großen Erfolg nicht verloren. „Wenn wir Platz 14 erreichen, haben wir viel erreicht“, entgegnet er dem euphorisierten Zuschauer.

Beim Blick auf die Personalplanung, die genau in das Muster der Vorsaison passt, muss Letzterer dem Trainer natürlich Recht geben. Alles andere als der Klassenverbleib erscheint als Utopie, Wunschdenken. „Wir gehen den Weg mit jungen, hungrigen Spielern weiter und wollen eine vernünftige Basis legen“, unterstützt Sportvorstand Reiner Jakobs die Äußerungen Griffels. Als vor einem Jahr Namen wie Abdelhamid Sabiri, Manuel Konaté, Björn Jost auf dem Neuzugangszettel auftauchten, war damit ein Schritt in diese Richtung gemacht worden. Bezahlbare, weil gerade der U 19 entwachsene Akteure wurden geholt. Und sie schlugen ein. Grund genug also, den Weg des finanziell Machbaren weiter zu verfolgen.

Sabiri, der als Torjäger mit 15 Treffern für Furore sorgte, ist in Richtung Nürnberg abgewandert, hat auch eine kleine Ablösesummer in die nach wie vor recht klamme Kasse gespült. Der Rest aber blieb. Und die Suche nach neuen Jungs hat vier weitere 20-Jährige nach Siegen geführt. Dominik Zahn vom SV Waldhof Mannheim, Lukas Hombach aus der U 23 von Fortuna Düsseldorf, Daniel Hoff aus dem abgemeldeten Nachwuchs-Team des MSV Duisburg und den Hagener Mehmet Kurt, der sich erste Regionalligasporen bei SK Hansa Lüneburg verdiente. Den fünften Neuen, Arda Nebi vom Oberliga-Vizemeister SpVg Erkenschwick, bezeichnet Ottmar Griffel als „erfahrensten Zugang“. Er zählt 25 Jahre und schenkte den Siegenern in der abgelaufenen Spielzeit in den beiden Begegnungen zwei Treffer ein. Die Sportfreunde verloren beide Spiele gegen die Erkenschwicker.

„Damit sind wir offensiv breiter aufgestellt und sind unberechenbarer“, sieht Reiner Jakobs in der „Abteilung Attacke“ einen Qualitätssprung. Doch das Ende der Fahnenstange ist in Sachen Transfertätigkeit noch nicht erreicht. Zu den derzeit 18 Akteuren sollen sich im Laufe der nächsten Wochen noch drei Neuzugänge gesellen. „Wir sind noch auf der Suche nach zwei Defensiven und einem dritten Torhüter“, sehen Jakobs und Griffel gerade auf der linken Abwehrseite noch Defizite. „Wir brauchen dringend noch einen weiteren Linksfuß“, besitzt man in Haluk Arslan, der gerade seinen Vertrag um zwei Jahre verlängerte, derzeit nur einen.

All diese Transferbemühungen aber sollen und werden den finanziellen Rahmen nicht sprengen. Der Vorjahrs-Etat von 350 000 Euro soll zwar für die höhere Klasse etwas erhöht werden, wird aber weiterhin unter einer halben Million liegen. Glücklich sind die Siegener, dass sich die Altlasten, die sich in etwa auf der Etathöhe bewegten, dank einiger Sponsoren ausgleichen ließen. „Das macht uns zuversichtlich“, so Jakobs, „dass auch die neue Saison ohne größeres Risiko gestemmt werden kann.“

Und über allem steht natürlich die Freude über die zurückgewonnene fußballerische Umgebung. Jakobs: „Wir werden jetzt weniger Probleme haben, Gegner für unseren Wunschspieltag, den Freitag, zu gewinnen.“ Mehr als die Hälfte der 18 Regionalligaklubs arbeitet unter professionellen Bedingungen, die den Freitagabend durchaus zu schätzen wissen. Davon sind die Sportfreunde ein Stück entfernt. Hier geht die Mehrheit der Spieler arbeiten, der Rest drückt die Schulbank oder studiert. Trainiert wird nachmittags, viermal pro Woche. Und der Trainer geht mit bestem Beispiel voran: Auch Ottmar Griffel ist ein „Freizeitcoach“, hauptberuflich ist er als Sozialtherapeut in der psychiatrischen Abteilung eines Olper Krankenhauses beschäftigt.

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