Schwierige Eltern ein Grund
Klaus Lüderitz hört als Jugendcoach nach 23 Jahren auf
23 Jahre lang war Klaus Lüderitz Jugendtrainer beim SV Schwollen beziehungsweise der JSG Schwollbachtal. Jetzt hat er diesen Job aufgegeben.
Lüderitz

Klaus Lüderitz gehört zu den Menschen, die den Jugendtrainer-Job mit totaler Hingabe ausgefüllt haben. Nach 23 Jahren in dieser Funktion für den SV Schwollen und die JSG Schwollbachtal ist nun Schluss - und die „Elternschaft“ ist ein Grund.

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Die Tage des Jugendfußballs in Göttschied haben das Ende einer Ära markiert. Zum letzten Mal stand Klaus Lüderitz in einem Pflichtspiel als Jugendtrainer an der Linie. Mehr als 20 Jahre lang hat der 56-Jährige diesen Job gemacht, und nun wartete zum Abschluss ein Finale. Lüderitz’ Team, die A-Junioren der JSG Schwollbachtal, trafen auf die JSG Edelstein Idar-Oberstein.

23 Jahre zuvor hat Lüderitz zum ersten Mal ein Jugendteam gecoacht. Es war die E2-Jugend des SV Eintracht Hochwald Schwollen. „Früher war ich mit Leib und Seele beim SV Reichenbach, aber dann hat es mich nach Schwollen verschlagen“, erzählt Lüderitz lachend. 1996 war das, als er zum ersten Mal als aktiver Spieler für die Schwollener auflief. 2002 wurde er Jugendtrainer des Vereins und später auch Vorstandsmitglied – zwischendurch auch Jugendleiter. „Der SV Schwollen ist schon mein Herzensverein“, bekennt Lüderitz und verrät: „Ich bin ja bis heute als alter Sack im Bauausschuss im Vorstand. Ansonsten sind im Vorstand nur junge Leute tätig, und das finde ich saugut.“

„Früher habe ich oft Stunde um Stunde rum telefoniert, um eine Mannschaft für den Spieltag zusammenzutrommeln. Da ist schnell schonmal ein Samstag oder so draufgegangen. Heute schreibe ich eine Whatsapp und weiß kurz darauf Bescheid. Die Digitalisierung hat vieles einfacher gemacht“
Klaus Lüderitz

„Saugut“ hat Lüderitz auch seine Jugendmannschaften betreut – mehr als zwei Jahrzehnte lang. Jene, des SV Schwollen und jene der JSG Schwollbachtal, der der SVS angehört. Zur JSG Schwollbachtal zählen eine ganze Reihe von Vereinen. Neben dem SV Schwollen auch der SV Niederhambach, der TuS Rötsweiler-Nockentahl, der TuS Leisel, der SV Wilzenberg-Hußweiler, der TuS Niederbrombach und der TuS Oberbrombach. „Ich habe die Ziele einer JSG sehr ernst genommen“, betont Lüderitz und erklärt: „Mir war es wichtig, für alle angeschlossenen Vereine Nachwuchsspieler herauszubringen.“

Natürlich haben die Jugendspielgemeinschaften den Jugendfußball in Lüderitz’ Zeit des Wirkens verändert. „Es gibt wegen des demografischen Wandels nicht mehr so viele Jugendliche, die Fußball spielen. Das Angebot, sich in der Freizeit zu beschäftigen, war früher zudem nicht so vielfältig“, erläutert er. Deshalb seien auch mehr Spieler im Training gewesen. Ansonsten aber mag Lüderitz nicht in den Chor derer einstimmen, die finden, dass früher alles besser gewesen sei. „Es ist für einen Jugendtrainer auf jeden Fall nicht schlechter geworden“, stellt er klar und berichtet augenzwinkernd: „Früher habe ich oft Stunde um Stunde rum telefoniert, um eine Mannschaft für den Spieltag zusammenzutrommeln. Da ist schnell schonmal ein Samstag oder so draufgegangen. Heute schreibe ich eine Whatsapp und weiß kurz darauf Bescheid. Die Digitalisierung hat vieles einfacher gemacht.“

Kritik am Südwestdeutschen Fußballverband

Störend empfindet Lüderitz aber die Art und Weise, wie der Südwestdeutsche Fußballverband mit den Vereinen umgeht. „Es wird von oben nach unten regiert. Früher war der SWFV näher an der Basis“, meint der langjährige Jugendtrainer und nennt als Beispiel das verpflichtende Melden des Endergebnisses. „Das muss innerhalb einer halben Stunde nach Schlusspfiff eingestellt sein. Wenn das nicht funktioniert, dann hagelt es Strafen“, kritisiert Lüderitz und erinnert daran, dass „ein Jugendcoach nach Spielschluss zuerst einmal andere Sachen im Kopf“ habe als eine Ergebnismeldung.

In den Jahren als Coach von Jugendteams war Lüderitz vor allem eines wichtig: „Entscheidend ist, dass die Jungs ihren Spaß haben“, sagt er. Doch er hat immer auch gefordert. „Wichtig habe ich schon auch immer gefunden, dass sich die Spieler auch quälen konnten – um Lerninhalte umzusetzen, aber eben auch, um es in die Mannschaft oder die Startformation zu schaffen.“ Hier fällt dem Coach dann doch noch ein weiterer Unterschied zu früher auf: „Heutzutage meint wirklich jeder, er müsste immer unter die ersten elf.“

„Man kann aus jedem etwas machen, wenn er es nur selbst will.“

Lüderitz konnte an der Linie durchaus deutlich werden. Nachhaltig gestört hat das sein Verhältnis zu seinen Schützlingen nicht. „Das ist wirklich schön und auch wichtig, dass ich draußen in all den Jahren während eines Spiels richtig laut werden konnte, ohne, dass mir jemand etwas nachgetragen hätte“, sagt er und erzählt lachend: „Wenn ich heute die Spieler der ersten Mannschaft der SG Niederhambach/Schwollen treffe, die ich ja praktisch alle als Jugendakteure hatte, dann grüßen mich alle.“

Unter den vielen, vielen Talenten, die durch Lüderitz’ Schule gegangen sind, gab es natürlich auch einige richtig gute Spieler. „Eine absolute Granate für mich war Lukas Rieth, der mittlerweile beim SV Buhlenberg spielt“, greift sich der Übungsleiter einen Akteur heraus – und er nennt auch noch einen zweiten: „Mir fällt sofort auch Hendrik Burbes ein. Als er zu mir kam, konnte er gefühlt gar kein Fußball spielen. Er war aber immer im Training, wollte lernen und hat sich stetig fortentwickelt. Heute ist er ein guter Erstmannschaftsspieler in Rinzenberg.“ Für Lüderitz ist Hendrik Burbes der Beweis eines Mottos, das ein Lehrsatz sein könnte: „Man kann aus jedem etwas machen, wenn er es nur selbst will.“ Lüderitz schiebt hinterher: „Fußball ist nämlich so kompliziert nicht.“

„Ich habe was gegen Helikoptereltern, gegen Frechheiten, denen man sich ausgesetzt sieht und gegen unhaltbare Anschuldigungen“
Klaus Lüderitz

Mit Hendrik Burbes’ Vater Dennis hat Lüderitz in Zukunft übrigens etwas häufiger zu tun. „Ich fungiere als sein Co-Trainer bei den Frauen des FC Brücken. Ich bin gespannt, wie das wird.“ Lüderitz hört also nicht komplett auf mit dem Fußball – nur als Coach im Jugendbereich ist Schluss, und das hat durchaus Gründe. „Gesundheitliche“, wie Lüderitz einräumt, aber auch solche, die mit den Begleitumständen eines Juniorenfußballtrainers heutzutage zu tun haben. Konkret findet es der erfahrene Übungsleiter immer schwieriger, mit den Eltern der Spieler klarzukommen. „Ich habe was gegen Helikoptereltern, gegen Frechheiten, denen man sich ausgesetzt sieht und gegen unhaltbare Anschuldigungen“, sagt er und erklärt: „Früher haben die Eltern ihre Kinder ins Training gebracht und dann war okay, was der Trainer gemacht hat. Heute haben viele Eltern die rosarote „Mein-Kind-zuerst-Brille“ auf.“ Lüderitz ergänzt: „Das führt mitunter dann dazu, dass einem als Trainer persönliche Motive unterstellt werden, wenn ein Junge mal nicht so lange wie die anderen spielt.“

Lüderitz kann deshalb für sich auch nicht so genau sagen, ob ihm nun etwas fehlen wird, wenn er kein Jugendteam mehr trainiert. „Wenn ich wüsste, dass die Elternschaft sich wieder etwas zurücknehmen würde, dann bestimmt“, überlegt er. Fehlen werde ihm aber bestimmt das Miteinander mit „meinen Kollegen“. Lüderitz stellt klar: „Ohne Co-Trainer wäre ich nichts und ginge nichts. Zuletzt haben mich Patrick Ritter, Jonas Hartmann und Robin Morlo super unterstützt.“

Ehrungen als Wertschätzung

In mehr als zwei Jahrzehnten als Jugendcoach hat Lüderitz auch einige Ehrungen erfahren. 2006 erhielt er die Ehrennadel in Silber des SV Schwollen, 2023 gab es die Verbandsehrennadel in Bronze und 2024 wurde er mit der goldenen DFB-Uhr ausgezeichnet. „Wenn man die Ehrungen bekommt, dann ist das eine schöne Sache. Sie sind ein Zeichen von Wertschätzung, und Wertschätzung ist das Wichtigste, was man bekommen kann“, sagt Lüderitz, stellt aber klar: „Ich bin sicherlich nicht Jugendtrainer gewesen, um geehrt zu werden.“

Den Kreispokal hätte er zum Abschluss aber schon gerne gewonnen. Zum zweiten Mal in Folge stand Lüderitz mit seinen A-Junioren der JSG Schwollbachtal im Finale – und zum zweiten Mal in Serie setzte es eine Niederlage. Seine letzte Pflichtspielpartie bei den Tagen des Jugendfußballs endete 1:2. „Am Ende hat die JSG Edelstein verdient gewonnen. Wir haben nach unserer schnellen 1:0-Führung schon in den ersten zehn Minuten vergessen, den Sack zuzubinden“, resümiert Lüderitz fair und nimmt nach 23 Jahren Abschied als Jugendtrainer des SV Eintracht Schwollen.

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