Trennung statt Denkmal
Eisbachtal verliert seinen bedeutendsten Jugendtrainer
Christof Dillmann, mehr als zwei Jahrzehnte lang die Konstante schlechthin im Eisbachtaler Jugendfußball, ist als Trainer der in der Regionalliga spielenden U15-Mannschaft zurückgetreten. Der Verein bot ihm an, als Jugendleiter weiterzumachen. Als der Molsberger das ablehnte, sei ihm eröffnet worden, dass man für die neue Saison nicht mehr als Trainer mit ihm plane, so Dillmann. Da zog der 65-Jährige schweren Herzens den Schlussstrich.
Andreas Hergenhahn

Jede Geschichte findet ihr Ende. Wenn sich nach 21 Jahren das Ende aber binnen Tagen abzeichnet, ist die Überraschung dennoch groß. Und der Schmerz. So wie bei Christof Dillmann, der nicht mehr Teil der Eisbachtaler Talentschmiede ist.

Als sich das Gespräch dem Ende nähert, fällt ein Satz, der all das Gesagte auf den Punkt bringt, zugleich aber auch die Widersprüchlichkeit sichtbar macht. „Man müsste für ihn ein Denkmal bauen“, meint Holger Krug, Jugendleiter der Eisbachtaler Sportfreunde. Er spricht die Worte aus, weiß aber zugleich, dass es wohl noch nicht mal eine vernünftige Verabschiedung von einem Mann geben wird, der das Prunkstück des Vereins, die Nachwuchsarbeit, in den vergangenen 21 Jahren geprägt hat wie kein Zweiter. Die Rede ist von Christof Dillmann, bis vor wenigen Tagen Trainer der U15-Mannschaft, der in Nentershausen nicht mehr Teil der viel beachteten Talentschmiede ist. Wie konnte es so weit kommen?

„Wenn ich nicht seit vergangenem Jahr Rentner wäre, würde ich ja auch wieder ganz normal zur Arbeit fahren.“
Christof Dillmann

Die Version des Vereins, die auch Dillmann gegenüber so kommuniziert wurde, beruht auf Fürsorge. Das ist nicht verwerflich, nichts Schlechtes, im Gegenteil. Bei dem erfahrenen Trainer, der vor mehr als zwei Jahrzehnten als Mann für die B-Jugend in den Verein geholt wurde und nun schon im 19. Jahr für die in der Regionalliga spielende C-Jugend Verantwortung trug, kam diese Botschaft aber nicht so an, wie sie nach Krugs Ausführungen gemeint war. „Als Verein tragen wir auch eine Verantwortung für Trainer und Spieler“, sagt der Jugendleiter. Worauf er sich bezieht: Kurz vor der Winterpause, nur Tage nach Dillmanns 65. Geburtstag, ereilte den Trainer ein Herzstillstand. Dass er noch lebt, kommt einem Wunder gleich.

Wiederbelebung, Intensivstation, Reha – der im positiven Sinne fußballverrückte Molsberger übersteht den massiven gesundheitlichen Tiefschlag, den er, wäre es seine Wahl gewesen, wohl selbst auch in die Winterpause gelegt hätte. Als es im neuen Jahr wieder um Punkte geht, kehrt Dillmann an die Linie zurück. Auch weite Fahrten wie ins saarländische Elversberg scheut er nicht – und man lässt ihn machen. „Warum auch nicht?“, fragt sich der 65-Jährige. „Wenn ich nicht seit vergangenem Jahr Rentner wäre, würde ich ja auch wieder ganz normal zur Arbeit fahren“, sagt er. „Die Ärzte haben keinerlei Risiken ausgemacht, da habe ich grünes Licht“, betont er.

Angebote des Vereins überzeugen nicht

Als nach den ersten Spielen des Jahres das übliche Gespräch über die neue Saison ansteht, ist Dillmann fassungslos. Der Verein plant ab Sommer nicht mehr mit seinem bedeutendsten Jugendtrainer, so die Kurzfassung. Jugendleiter Krug holt etwas weiter aus: „Auch für uns war die Situation nicht einfach. Es stand Spitz auf Knopf für Christof, wir wollten ihn schützen und ihn von der Spitze der U15 holen, damit er weniger Stress hat.“ Das Gespräch endete offen, „er sollte sich Gedanken machen“.

Das Angebot des Vereins: Dillmann sollte als Jugendleiter weiter große Verantwortung tragen für die renommierte und für Eisbachtal überlebenswichtige Nachwuchsarbeit. „Denn was Wissen und Standing angeht, steht Christof über allem“, schätzt Krug den Mann, über den er vor der Saison noch gesagt hat, man sei froh, dass „ein Trainerurgestein erhalten“ bleibe, das „seit mehr als zwei Jahrzehnten mittlerweile seine Fachkompetenz in unserem Verein unter Beweis gestellt und so schon etliche Spieler der ersten Mannschaft mitgeformt hat“. Was die Wertschätzung für das Geleistete angeht, gebe es keine Grenzen, betont der Jugendleiter auch jetzt noch.

Keine Kurzschlussreaktion, sondern wohl überlegt

Die Angebote seitens der Eisbachtaler Verantwortlichen, das merkten Krug und Co. schnell, kamen bei Dillmann nicht an wie erhofft. „Das wollte er nicht“, sagt der Jugendleiter. Was der Trainer stattdessen wollte: einfach weiter als Trainer arbeiten. Ein, zwei Jahre noch, dann hätte der Schritt zurück von der Seitenlinie und hinein in die administrative Arbeit eine Option sein können. „Wenn wir uns sofort zusammengesetzt hätten, als ich wieder fit war, wäre das etwas anderes gewesen“, sagt der Molsberger. „Aber mich erst wieder machen lassen, um dann nach Wochen zu argumentieren, man wolle mich schützen, das passt nicht.“

Zwei Wochen lässt sich Dillmann Zeit, wägt ab – und trifft eine Entscheidung, von der er sagt, dass sie „keine Kurzschlussreaktion“ sei. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht“, betont der Trainer, der über all die Jahre an einer Schlüsselstelle der Jugendarbeit, im Übergang vom Kind zum Jugendlichen, wertvolle und weit über den Westerwald hinaus beachtete Arbeit geleistet hat. Es ist bezeichnend, dass fast alle Spieler der aktuellen Oberligamannschaft Dillmanns C-Jugend durchlaufen haben. Und dass er auf allen Plätzen, ob in Wirges, Koblenz, Trier oder sonst wo, ein geschätzter Gast und Gesprächspartner war (und ist).

„Sportlich ist er unantastbar, einen wie ihn gibt es nicht mehr.“
Holger Krug, Jugendleiter Eisbachtaler Sportfreunde

Auch Tage nach der Entscheidung nagt deren Endgültigkeit an dem 65-Jährigen. „Es tut unfassbar weh und wird mich noch lange beschäftigen“, sagt Dillmann. „Knapp ein Drittel meines Lebens stand ich als Eisbachtaler Trainer auf dem Platz.“ Auch den Verantwortlichen im Verein ist die Tragweite bewusst. „Christof stand immer für das, was wir in allen Bereichen suchen: Konstanz“, sagt Jugendleiter Krug. „Sportlich ist er unantastbar, einen wie ihn gibt es nicht mehr.“ Die Chance, den prägendsten Trainer der Eisbachtaler Sportfreunde mit der Enthüllung eines Denkmals zu verabschieden, dürfte aber vertan sein.

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