„Eigentlich hatte ich die Fußballschuhe schon an den Nagel gehängt“, sagt Florian Gerhardus. Schließlich hat sich der zweifache Familienvater vor der Saison von Kumpel und Trainer Kreshnik Himaj doch noch einmal überreden lassen, bei der SG Wallmenroth/Scheuerfeld II mitzukicken. „Ich wollte eigentlich nur hin und wieder bei schönem Wetter ein wenig mitspielen. Zudem hatte ich mir geschworen, in meinem Alter keinen Fuß mehr auf einen Hartplatz zu setzen“, verrät er. Doch plötzlich ist für Gerhardus alles anders und der Stürmer steht mit 38 Jahren im Fokus von ganz Fußballdeutschland. Denn, in der Kreisliga C1 schoss er in dieser Saison bislang satte 65 Tore – in nur 19 Spielen. In seiner Klasse, der 10. Liga, zählt der gebürtige Scheuerfelder somit zu den besten Stürmern Deutschlands.
Bester Zehntliga-Stürmer in Deutschland
Das geht aus einer Statistik des Internetportals „Fußball.de“ hervor. Die Plattform erfasst alle Torjäger von der 3. bis zur 11. Liga. Die Torschützenkönige jeder Klasse werden am Ende der Saison im Zuge einer Veranstaltung des Fußballmagazins Kicker, des Automobilherstellers Volkswagen und Fußball.de geehrt. „Es wäre der Wahnsinn, wenn ich die Torjägerkanone gewinnen würde“, sagt Gerhardus.
Aktuell sieht es für den Projektleiter gut aus, denn Gerhardus belegt mit seinen knapp 70 Toren Platz 1. Doch mit Leon Heinemann vom BV Werther aus Nordrhein-Westfalen (61 Tore in 23 Spielen) und Arne Leon Hagedorn vom TuS Aumühle aus Schleswig-Holstein (53 Tore in 23 Spielen) ist die Konkurrenz ihm auf den Fersen.
Erwartungsdruck nimmt von Spiel zu Spiel zu
Doch von Spiel zu Spiel werde es für Gerhardus immer schwieriger, Tore zu schießen. „Gegnerische Mannschaften sehen meine Statistiken und stellen sich dementsprechend ein. Ich werde jedes Spiel besonders gut verteidigt, auch mal von zwei Gegenspielern.“
Darüber hinaus spüre er den Druck der Öffentlichkeit. „Mit jedem Spiel wächst die Erwartungshaltung in meinem Umfeld. Mit jedem Tor bekomme ich von Mitspielern, Familienangehörigen oder Freunden die Torjägerliste geschickt. Beim Bäcker werde ich von fremden Menschen angesprochen und gefragt, wie viele Tore ich im kommenden Spiel schieße. Dazu Interviewanfragen diverser Medien.“
Der 38-Jährige, der einst als Spieler der SG Steineroth dreimal Torschützenkönig der B-Klasse wurde, habe zwar seine ganze Karriere über Tore im zweistelligen Bereich geschossen. „Oft auch über 30 Tore.“ Aber seine aktuelle Torausbeute und der Hype um seine Person ist für den Routinier neu. „Damit musste ich erst einmal lernen, umzugehen.“

Mit Erfahrung und Gelassenheit zum Erfolg
Doch von alledem lässt sich der Borussia-Dortmund-Fan nicht unterkriegen. Ganz im Gegenteil. Erst am Wochenende erzielte Gerhardus beim 9:2-Heimsieg gegen AtA Betzdorf sechs Tore. Beim 26:3-Sieg seiner Mannschaft Mitte Oktober gegen die Sportfreunde Ingelbach II erzielte er sogar 15 Tore in einem Spiel.
Sein Erfolgsrezept: „Ich habe tatsächlich keins“, schmunzelt er. „Ich versuche, immer gelassen und ehrgeizig zu sein und vor dem Tor nicht zu viel nachzudenken.“ Der Rest ist wohl Erfahrung, schließlich spielt der Scheuerfelder seit mehr als 30 Jahren Fußball, davon lange Zeit Bezirksliga beim FSV Kroppach, VfB Wissen und der SG Herdorf. Auch deshalb habe die erste Mannschaft der Wallmenrother, die aktuell in der Bezirksliga spielt, schon mehrfach um Gerhardus’ Dienste gebeten. „Wenn Not am Mann ist, helfe ich gerne aus. Aber die Jungs spielen drei Klassen höher, sind fitter und schneller. Mit meinen 38 Jahren bin ich in der C-Klasse gut aufgehoben.“
Auf der Zielgeraden noch einmal alles geben
Acht Spiele haben Florian Gerhardus und seine SG Wallmenroth/Scheuerfeld II in der Staffel C1 bis zum Saisonende noch zu absolvieren. „Um deutschlandweiter Torschützenkönig meiner Klasse zu werden, werde ich in den restlichen Partien verletzungsfrei bleiben und wohl noch 20 Tore schießen müssen“, sagt Gerhardus. „Mir schmerzt nach einem Spiel drei Tage lang der ganze Körper, aber ich werde alles geben. Jetzt will ich das Ding auch gewinnen. Denn das ist eine einmalige Chance, die sich mir vermutlich nie wieder bieten wird“, sagt er.