Herr Spornhauer, ihr Co-Trainer Wolfgang Leidig bewertete die Hinrunde mit einer 5,5/10, wenn 10 das Maximum ist. Welche Bewertung erhält von Ihnen nun die Rückrunde beziehungsweise die gesamte Saison?
Eine 8. Ich finde, dass wir einen richtig guten Job gemacht haben. Im Endeffekt haben wir 49 Punkte geholt und somit fast die 50-Punkte-Marke geknackt.
Als Sie Ihre Arbeit aufgenommen haben, war ihr vorrangiges Ziel die Mannschaft zu stabilisieren, um dann einen vorderen Mittelfeldplatz anzustreben. Wie bewerten Sie rückblickend diese Vorhaben?
Ich bin ja Ende September eingestiegen – bis dahin hatten wir acht Punkte. Die Mannschaft war zu diesem Zeitpunkt stark verunsichert. Bis zum Winter haben wir es dann aber eigentlich gut hinbekommen.
Und im neuen Jahr?
Es war ja so, dass dann alle Mannschaften, die unten standen, wie verrückt gepunktet haben. Eine knifflige Situation für uns, zumal dann beide Torhüter bei uns weggebrochen sind. Wir mussten drei Spiele mit dem Torwart unserer zweiten Mannschaft spielen. Dazu ist mit Steven Winzenburg ein weiterer wichtiger Spieler nach der Winterpause lange ausgefallen.
Schwierige Voraussetzungen.
Mel Brucherseifer hat es sehr gut im Tor gemacht. Das hätte aber auch alles in eine andere Richtung kippen können. Unser Sieg gegen Eisbachtal bei uns auf der Asche war dann zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig. Trotzdem waren wir immer nur drei Punkte vor einem Abstiegsplatz. Hintenraus haben wir es aber richtig gut gemacht.
Aber der angestrebte vordere Mittelfeldplatz wurde es mit Rang 10 jetzt nicht.
Er war aber noch sehr lange möglich. Man muss aber auch unsere Situation kennen. Wir hatten die enorm schweren Verletzungen von Philipp Weber und Armando Grau kurz hintereinander. Zudem war der Kader in der Breite vielleicht auch nicht so aufgestellt, wie man gedacht hatte. Mit Luca Kirschbaum war die letzten Spiele ein wichtiger Spieler nicht da, wir mussten Tim Leidig in der Spitze spielen lassen. Auch Felix Arndt, den ich eher auf der Außenbahn sehe, mussten wir vorne drin aufbieten.
Alles in allem mussten wir schon enorm improvisieren. Wenn wir weniger Verletzungen gehabt hätten, hätten wir sogar auch im vorderen Drittel landen können. Das wäre richtig top gewesen, doch die Jungs haben das super hinbekommen. Von daher sind wir letztlich auch hoch zufrieden.
Sie haben die Verletzungen von Philipp Weber und Armando Grau angesprochen. Sicher Situationen, auf die Sie nicht gerne zurückblicken.
Diese schweren Verletzungen muss man auch mental erst mal verarbeiten. Zweimal Krankenwagen, zweimal so schwere Verletzungen. Ich bin ja schon lange im Geschäft, als Spieler und jetzt auch als Trainer, aber so zwei Sachen habe ich noch nicht erlebt. Du hast vielleicht mal schwere Verletzungen, aber zweimal hintereinander, wo der Krankenwagen kommen muss und wo sich keine schönen Szenen auf dem Platz abspielen.
Das musste ich als Trainer auch erst mal verarbeiten. Für die Jungs tut es mir einfach nur leid. Als Mannschaft haben wir das aber sehr gut verarbeitet und weggesteckt.
Gibt es Spieler oder ein Mannschaftsteil, der in der schwierigen Situation mit den vielen Verletzten besonders vorangegangen ist?
Wir haben das als Mannschaft alles kompensiert. Wir mussten oft in der Aufstellung schieben und da haben wir als Mannschaft enorm viel geleistet. Die Punkte konnten wir nur als Team holen.
Obwohl Sie in der Heimtabelle nur auf Platz neun rangieren, holten Sie immerhin 30 Punkte. Auswärts waren es nur derer 19. Warum hat es zu Hause besser funktioniert?
Man muss sagen, dass die Bedingungen in Wissen natürlich noch immer nicht optimal sind. Wir haben lange auf der Asche trainiert, sind darauf eingespielt und das kommt uns dann manchmal gegen Mannschaften auch zu Gute. Wir haben zum Beispiel dort Eisbachtal geschlagen. Aber es ist immer so: Die langen Anreisen sind schwer, dann fühlen wir uns auf der Asche oder auf Rasen auch wohler als auf einem Kunstrasen.
Zum Abschluss: Gibt es für Sie einen persönlichen Höhepunkt, auf den Sie heute gerne zurückblicken?
(überlegt) Siege gegen Mannschaften, die vorne stehen, wo keiner mit rechnet. So wie die wichtigen Spiele gegen Eisbachtal oder Mülheim-Kärlich. Das ist dann schon besonders. Da hatten wir immer viel Druck, haben aber Ruhe bewahrt im ganzen Verein und dies dann gut hinbekommen.
VfB-Umbruch steht bevor: Erfahrung geht, Erfahrung kommt
Im Sommer steht ein Umbruch beim VfB Wissen bevor. Mit Philipp Klappert, Mario Weitershagen und Emre Bayram werden drei erfahrene Säulen in der Elf von Trainer Dirk Spornhauer kürzer treten und ins zweite Glied zurücktreten. Sie verstärken künftig die VfB-Reserve. Somit kann Bayram, der Felix Bably als Spielertrainer ablöst auf reichlich Erfahrung setzen. Die wird wiederum fehlen, was auch Trainer Dirk Spornhauer festhält.
„Wir haben da enorme Verluste zu verkraften“, so Spornhauer, der genauer wird: „'Klappo' war neben seinem sportlichen Wert auch als Typ hinten enorm wichtig. Einen Innenverteidiger wie Mario gibt es kaum mehr heute. Einer, der so spielt und kaum verletzt ist. Und dann Emre, der davor die Jahre immer nur ein, zwei Spiele gemacht hat und dann verletzt war – er hat die Rückrunde komplett durchspielen können. Würde er jetzt noch mal vor der Entscheidung stehen, würde er sich den Schritt vielleicht zweimal überlegen.“ Doch der VfB war nicht untätig und konnte zumindest das Loch Erfahrung stopfen.
Mit Lukas Becher und Mirkan Kasikci kehren zwei Ex-Wissener zurück. Als „enorm wichtig“ stuft Spornhauer diese zwei Zugänge ein, denn „nur mit jungen Leuten wird es auch schwer“. Kasikci, der ab 2019 schon zwei Jahre im VfB-Dress spielte, kehrt vom Westfalen-Landesligisten SV Ottfingen zurück. Dort folgte er als Spielertrainerduo zusammen mit Steffen Scheppe auf den Ex-Betzdorfer Marco Weller.
Trotz Zusage, das Spielertraineramt auch in der kommenden Saison weiter zu begleiten, folgte zwei Monate später aber die Bekanntgabe des Wechsels zu seinem Ex-Verein VfB Wissen. Becher wechselte im vergangenen Sommer aus beruflichen Gründen zur SG Honigsessen/Katzwinkel. Nun kehrt der vielseitig einsetzbare 30-Jährige mit der Erfahrung von 129 Rheinlandliga- und 37 Oberligaspielen zurück an die Sieg.
Weitere Abgänge: Colin Remy (Ziel unbekannt), Marvin Heuser (SV Leuscheid).
Weitere Zugänge: Dominik Soldo (SG Lautzert/Berod), Suan Demaili (U 19 Sportfreunde Siegen).