Fußball: Statistisches aus zwei Jahrzehnten in der Rheinlandliga - Letzter Spieltag der Saison 2005/06 besiegelte den Hämmscher Niedergang
Statistisches aus den letzten 20 Jahren: Als der 40-Punkte-Mythos den VfL Hamm in die Knie zwang
In elf der vergangenen 20 Spielzeiten war die SG Neitersen/Altenkirchen in der Rheinlandliga vertreten. Dabei gab es mitunter Spiele, in denen am Gegner nicht so leicht vorbeizukommen war – so wie hier für Dominik Moll im Heimspiel gegen den FV Engers, der sich in der Saison 2016/17 nicht nur auf der Altenkirchener Glockenspitze mit 4:0 durchsetzte, sondern am Ende mit 81 Punkten auch als einer der besten Meister aufstieg. Foto: Thomas Jäger
Thomas Jäger

Region. So schnell wie möglich die 40 Punkte vollmachen, das setzen sich in der Fußball-Bundesliga seit Einführung der Drei-Punkte-Regel jene Klubs zum Ziel, die den Abstiegskampf fürchten. Was das 18 Mannschaften umfassende Oberhaus mit seinen drei Abstiegsplätzen angeht, musste in der Tat noch nie ein Team den Gang in Liga zwei antreten, das diese Marke erreichte. Sogar 39 Punkte haben bisher immer gereicht, 38 hingegen nur fast, was der Karlsruher SC am Ende der Spielzeit 1997/98 bitter zu spüren bekam.

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In den untergeordneten Spielklassen ist das etwas kniffliger. Dort ist bekanntlich auch immer die Frage, wer von oben runter kommt, wonach sich letztlich auch die Zahl der Absteiger richtet. Doch in der Rheinlandliga-Saison 2005/06 war vor dem letzten Spieltag klar, dass es in der 18er-Liga bei der Sollzahl von drei Absteigern bleiben würde. Anders als es in der Bundesliga bisher immer der Fall gewesen ist, sollten jedoch die 39 Zähler, die der VfL Hamm vor dem Showdown in Zell an der Mosel auf seinem Konto stehen hatte, nicht zum Klassenverbleib genügen. Ein vom Winde verwehter Freistoß sorgte letztlich dafür, dass die Westerwälder mit 0:1 verloren, ihren Gegner dadurch noch an sich vorbeiziehen lassen mussten und sich der Mythos mit den 40 Punkten bewahrheitete.

Das ist nicht die einzige Erkenntnis, zu der unsere Sportredaktion im Rahmen eines statistischen Rückblicks auf die jüngsten 20 Spielzeiten im Oberhaus des Fußballverbandes Rheinland gelangt ist. So viel sei gesagt: Unabhängig von der Dramatik, die den Niedergang des einst stolzen Oberligisten einleitete, blieb der VfL im genannten Zeitraum mit diesem Schicksal nicht allein.

Seit der Saison 2001/02 mischten insgesamt 58 verschiedene Mannschaften in der Rheinlandliga mit. Dabei setzten sich 18 Teams aus Spielgemeinschaften mehrerer Vereine zusammen, wobei wiederum vier von ihnen auch als eigenständige Klubs in Erscheinung traten. Während der Weg der Sportfreunde Neitersen hin zu einer SG mit der ASG Altenkirchen führte, die seit 2013 Bestand hat, schlugen die anderen drei den umgekehrten Weg ein. So löste sich die SG Brohtal/Wassenach in die Spvgg Burgbrohl auf (2008) und die SG Dörbach/Dreis in den SV Dörbach (2006).

Die Krux mit den SGs

Dass aus der „SG“ Roßbach/Verscheid im Sommer 2006 der „SV“ Roßbach/Verscheid wurde, hat übrigens einen Beigeschmack. Denn auf höherer Amateurebene ist das mit Spielgemeinschaften so eine Sache. Dass solche nicht in die Oberliga aufsteigen dürfen, wurde dem Rheinlandmeister der Saison 2005/06 zum Verhängnis. Immerhin: Ein Jahr später verteidigten die Roßbacher den Titel und durften dank ihrer Umbenennung, die sie vor der Saison vorgenommen hatten, auch endlich hoch.

In beiden Jahren stellten die Roßbacher auch unter Beweis, dass eine gute Defensivleistung maßgeblich zum Gewinn einer Meisterschaft beiträgt. Mit nur 20 Gegentoren stellte der SV in seiner Aufstiegssaison den vermeintlichen Bestwert der zurückliegenden zwei Jahrzehnte auf, doch der geht schließlich an die SG Burgbrohl, die 2007/08 zwar 21 Treffer kassierte, dafür aber zwei Partien mehr zu bewältigen hatte, was im Durchschnitt mit 0,62 kassierten Toren pro Spiel einen minimal besseren Wert ergibt als der des SV Roßbach (0,63).

Einen solchen Quotienten braucht es auch bei der Ermittlung des besten Meister. Zwar holten sowohl der FV Engers (2016/17) als auch der FSV Salmrohr (2010/11) jeweils 81 Punkte, doch erreichte Salmrohr diesen Wert in nur 34 Partien, während Engers 36 Spieltage zur Verfügung standen. Als bester Meister geht letztlich aber die Reserve von Eintracht Trier hervor, die 2004/05 in nur 32 Spielen auf 79 Zähler kam. Damit stechen die Trierer den FSV im Übrigen gleich doppelt aus. Denn die 74 Punkte, die die Salmrohrer in ebenjener Saison nach 32 Spieltagen ihrem Konto gutgeschrieben hatten, hätten seit 2001/02 in nur sechs Spielzeiten nicht zu Platz eins gereicht.

Da wirkt es beinahe ein wenig absurd, dass die Spfr Eisbachtal 2008/09 zwei Partien mehr bestritten, dabei sechs Zähler weniger holten – und trotzdem Meister wurden. Dass die Eisbachtaler damit der schlechteste Titelträger der letzten 20 Jahre sind, kann ihnen freilich egal sein. Zumal es in dieser Spielzeit auch so eng zugegangen war. Nur 38 Punkte trennten die Eisbachtaler vom Schlusslicht SG Mündersbach/Roßbach, eine geringere Spanne zwischen erstem und letztem Platz gab es am Ende einer Saison seit 2001/02 nicht.

Sextett kassiert dreistellig

Mündersbach stieg damals zwar als Tabellenletzter ab, stellte mit 30 Punkten aber durchaus eine gewisse Rheinlandliga-Tauglichkeit unter Beweis, was man besonders von zwei anderen Mannschaften nicht sagen kann. Sowohl der VfB Linz mit fünf Punkten 2012/13 als auch die SG Eintracht Lahnstein mit sieben Zählern 2010/11 erreichten nicht mal eine zweistellige Punktzahl. Die Lahnsteiner stellten vor zehn Jahren zudem den absoluten Negativwert in Sachen Gegentore auf. Auch wenn mit der Spvgg EGC Wirges II (116 Gegentore in der Saison 2011/12), dem VfB Linz (113 – 12/13), der SG Kyllburg (109 – 17/18), der SG Bad Breisig (108 – 15/16) und der SG Mendig (101 – 14/15) noch fünf weitere Teams dreistellige Werte kassierten, bleiben die 188 Lahnsteiner Gegentore unerreicht. Was die SG Mendig/Bell in dieser Auflistung den anderen voraushat? Sie hielt trotz der Gegentorflut als Tabellen-14. die Klasse.

Ebenfalls dreistellige Zahlen, allerdings auf der „richtigen“ Seite der Tordifferenz, erzielten lediglich drei Teams. Dabei wurden Eintracht Trier II (102 – 04/05), TuS RW Koblenz (111 – 15/16) und der FSV Salmrohr (112 – 10/11) jeweils Rheinlandmeister.

Ellinger Eintagsfliege

Zwar einige Mal oben mitgespielt, aber nie den ganz großen Wurf gepackt hat der SV Morbach, der seit Sommer 2020 nunmehr als FV Morbach am Spielbetrieb teilnimmt. Eine Rheinlandliga ohne Morbach ist aber auch kaum vorstellbar, immerhin spielten die Hunsrücker in 15 der vergangenen 20 Spielzeiten im Verbandsoberhaus und sind damit vor der SG Kyllburg/Badem/Gindorf (14) und den Spfr Eisbachtal (13) der Dauerbrenner. Mitunter schon längst in Vergessenheit geraten sind da diverse Eintagsfliegen, die seit 2001 nur mal kurz mitmischten, ehe sie nach nur einer Saison von der Bildfläche verschwanden. Während der VfL Trier, der FV Rübenach, die SG Ellingen/Bonefeld/Willroth, die SG Wittlich/Lüxem, die SG Mündersbach/Roßbach, die SG Neuwied/Irlich/Hüllenberg und der SSV Heimbach-Weis es seither bei einem kurzen Intermezzo beließen, darf sich der FC Bitburg jedoch schon jetzt auf sein zweites Jahr in der Rheinlandliga freuen.

Bleibt abschließend noch aufzulösen, für wen sich neben dem VfL Hamm der 40-Punkte-Mythos ebenfalls schmerzlich bewahrheitet hat. Um es kurz zu machen: Es war der TuS Oberwinter. Dessen Schicksal entschied sich 2008/09 zwar nicht in einem direkten Duell, sehr wohl aber am letzten Spieltag, vor dem der TuS mit 39 Zählern sogar noch zwei Plätze über dem Strich gestanden hatte. Ja, Fußball kann manchmal grausam sein.

Von unserem Redakteur Andreas Hundhammer

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