Was ist das „Schleswig-Holstein-Modell“? Dieses Spielsystem orientiert sich nicht mehr an den Kreisgrenzen. Alle Mannschaften einer Spielklassenebene werden in einen Topf geworfen. Eine Software berechnet dann anhand ökonomisch-ökologischer Gesichtspunkte (Parameter Fahrtstrecke und Fahrtzeit) die Staffeleinteilung.
Blaeser skizziert die Vorteile: „Weniger Fahrtkosten, mehr Derbys, wechselnde Gegner. Jede Saison wird neu berechnet. Es gibt einen einheitlichen Rahmenspielplan und in den Ligen keine unterschiedlichen Durchführungsbestimmungen mehr, auch die Auf- und Abstiegsregelung ist vor der Saison klar festgelegt.“ Die Orientierung an Kreisgrenzen spielt nur noch eine Rolle, was die Staffelleitung angeht. Die wird dann von dem Kreis übernommen, der in der jeweiligen Staffel die meisten Mannschaften vereint. Auch der Kreispokal bleibt im Kreis.
Warum hat Schleswig-Holstein den kreisübergreifenden Spielbetrieb eingeführt, und warum dient er dem FVR als Vorbild? Auch im hohen Norden gibt es seit Jahren rückläufige Mannschaftszahlen und das Phänomen, dass in einzelnen Kreisen die unteren Klassen „ausbluten“, in anderen Kreisen es aber immer noch genug Mannschaften gibt. „Die Situation in Schleswig-Holstein ist mit der im Rheinland absolut vergleichbar, denn es gibt eine ähnliche Anzahl an Seniorenteams“, sagt Blaeser. Und im FVR gibt es Kreise, in denen es in der C-Klasse schon eng wird, aber auch Kreise, in denen es noch einigermaßen volle D-Klassen gibt.
Wie ist der Ist-Zustand im Rheinland? In der vergangenen Saison gab es 832 Männermannschaften im Rheinland von der Rheinlandliga bis zur D-Klasse. Vor 35 Jahren (1986/87) waren es noch mit rund 1500 Teams fast doppelt so viele, vor zehn Jahren noch knapp 1000 Mannschaften. Seit 2011 ist ein Rückgang von 18 Prozent zu verzeichnen.
„Geht man von einem zweiprozentigen Rückgang pro Jahr aus, haben wir 2031 150 Teams weniger, bei fünf Prozent Rückgang pro Jahr wären es in zehn Jahren sogar 350 Mannschaften weniger“, rechnet Blaeser. Als „Schablone“ für den Seniorenbereich dient die Entwicklung im A-Jugendbereich.
„Dort hat der Rückgang früher eingesetzt, die Zahlen haben Aussagekraft für die Zukunft, wir müssen deshalb weiter von einem Rückgang der Mannschaftszahlen im Seniorenbereich ausgehen“, sagt Blaeser. Deshalb hat sich seine Arbeitsgemeinschaft, zu der auch Dennis Gronau (Abteilungsleiter Sport- und Spielbetrieb) und Jürgen Hörter (zuständig für den Seniorenspielbetrieb) von der FVR-Geschäftsstelle, Bernd Schneider (Vorsitzender Verbandsspielausschuss), Walter Kirsten (Vorsitzender Kreis Mosel), Peter Durst (Sachbearbeiter Kreis Koblenz) und Bernd Hurth (Sachbearbeiter Kreis Trier/Saarburg) gehören, zum Ziel gesetzt, den Spielbetrieb im Rheinland „angepasst an der Entwicklung der Mannschaftszahlen attraktiver zu machen. Die letzte Reform im FVR gab es 2003 mit dem Wegfall der Landesligen.
Was sind die Vorteile des „Schleswig-Holstein-Modells“? Die Stärken des Modells liegen neben kürzeren Fahrtstrecken in den klarer definierten Auf- und Abstiegsregelungen. Dadurch, dass die Mannschaften nur noch von Ebene zu Ebene auf- und absteigen, und nicht mehr in die seit Jahrzehnten festgelegten regionalen Staffeln, kann die Anzahl an Auf- und Absteigern von vorneherein festgelegt werden.
Ein Beispiel aus der aktuellen Struktur: Steigen aus der Rheinlandliga viele Mannschaften in die Bezirksliga Mitte ab, erhöht sich dort die Anzahl der Absteiger. Erwischt es viele Rhein/Ahr-Klubs in der Bezirksliga Mitte, erhöht sich der Abstieg auch dort im Kreis in den A- und B-Klassen. Im „Schleswig-Holstein-Modell“ würde es der Vergangenheit angehören, dass ein in der B-Klasse abstiegsgefährdeter Rhein/Ahr-Klub Vereinen in der Rheinlandliga die Daumen drücken müsste, damit es weniger Absteiger drei Spielklassenebenen tiefer gibt, weil vor der Saison jeder weiß, wie viele Mannschaften absteigen.
Auf der anderen Seite steigen im „Schleswig-Holstein-Modell“ die Meister immer auf, und auf allen Ebenen sollen auch die Zweitplatzierten per Aufstiegsrunde eine Aufstiegschance erhalten. Ein mögliches Beispiel: Bei vier Absteigern aus der Rheinlandliga, würden die drei Bezirksligazweiten in einer Dreierrunde einen Aufsteiger ausspielen. Bei zwölf Absteigern aus der Bezirksliga (je vier pro Staffel) gäbe es nach Abzug der neun A-Klasse-Meister noch drei freie Plätze, die die neun Zweitplatzierten in drei Dreiergruppen (eingruppiert nach Fahrtstrecke) ausspielen würden.
Was sind knifflige Punkte im „Schleswig-Holstein-Modell“? Da ist zum einen die Anzahl der Spielklassenebenen zu nennen. Gibt es weiter sechs Ebenen (Rheinlandliga, Bezirksliga, A-, B-, C- und D-Klasse)? Oder nur fünf? Oder sogar sieben? Zum anderen wird die Frage sein, wie groß die Staffelgröße in den einzelnen Ebenen sein sollen. 16 oder 18 Teams in den überkreislichen Ligen? 14 in der A- und B-Klasse? 12 in der C- und D-Klasse? Auch das Verhältnis der einzelnen Ebenen untereinander wird beleuchtet. Momentan läuft es „oben“ im 1:3-Verhältnis (eine Rheinlandliga, drei Bezirksligen, neun A-Klassen). Ist auch eine andere Struktur denkbar? Blaeser sagt dazu: „Wir stellen Überlegungen in alle Richtungen an, es gibt kein fertiges Modell. Wir holen die Vereine und deren Mannschaften mit ins Boot, denn um die geht es.“ Aus den bisherigen Online-Dialogen ist aber zu hören, dass die Vereine den Vorschlag des FVR gut finden.
Wie ist der weitere Ablauf? Nachdem die Arbeitsgemeinschaft nun nach dem ersten Austausch mit den Vereinen eine erste Resonanz bekommen hat, werden in den Verbandsgremien Präsidium und Beirat die weitere Vorgehensweise diskutiert. Ziel ist es, ein Modell zum Thema „Künftige Spielklassenstruktur im Seniorenbereich“ beim Verbandstag 2022 den Vereinen zur Abstimmung zu geben. Es dürfte das „Schleswig-Holstein-Modell“ mit dem kreisübergreifenden Spielbetrieb werden. Stimmen die Vereine dem Modell am Verbandstag zu, dann wird ab der Saison 2023/24 im neuen System gespielt. FVR-Vizepräsident Udo Blaeser tritt noch auf die Bremse: „Es ist ganz wichtig mitzuteilen, dass noch nichts entschieden ist.“