Herr Pistor, als wir im Winter Zwischenbilanz zogen, stand in der Überschrift „Altenkirchen muss sich allumfassend steigern“. Die SG Altenkirchen hat in der zweiten Saisonhälfte mehr Punkte geholt, mehr Tore erzielt und weniger kassiert. Würden Sie demnach sagen, dass sich die Mannschaft im Vergleich zur Hinrunde allumfassend gesteigert hat?
Einerseits ja, aber andererseits nicht in dem Maße, wie es der Verbleib in der Rheinlandliga erfordert hätte. Durch die Neuzugänge im Winter sind wir natürlich besser geworden und ausgeglichener. Aber das hat am Ende nicht gereicht.
Hand aufs Herz: Glauben Sie, dass die Mannschaft die zwischenzeitlich positive Entwicklung auch ohne die im Winter hinzugestoßenen Kroaten Mihael Tomic und Marin Vucemilovic hingelegt hätte?
Das ist schwer zu sagen. Sicherlich haben die beiden einen Unterschied gemacht, wir kamen aber insgesamt gut aus dem Winter raus mit dem Sieg beim Pils-Cup. Das half uns schon, um mit einem guten Gefühl in die Rückrunde zu starten und führte sich so ja auch erst mal fort. Aber ja, ohne Mihael und Marin wäre es zumindest wesentlich schwieriger geworden, weil wir in der Hinrunde viel zu wenig Tore geschossen hatten. Das wurde in der Rückrunde dann besser, wofür sie mitverantwortlich waren.
Die Rückrunde kann man quasi in zwei Teile zerlegen. Zum einen hattet ihr eure beste Phase der gesamten Saison, als ihr aus den ersten sieben Spielen nach der Winterpause zwar auch nur neun Punkte holtet, aber nur eines verloren ging. Zum anderen aber auch die schwächste Phase, als in den folgenden acht Spielen kein einziger Punkt herumkam. Wie ist dieser harte Schnitt zu erklären?
Das Spiel in Wissen ist für mich der Knackpunkt in der Rückrunde. Da waren wir mit breiter Brust hingefahren und machten dann auch ein gutes Spiel. Man hat gespürt, dass die Mannschaft überzeugt war, dass sie da mindestens einen Punkt holen kann. Dann bekamen wir kurz nach der Halbzeit einen unglücklichen Platzverweis, machten es trotzdem weiter gut, hatten Torchancen – und bekommen dann in der Nachspielzeit mit der letzten Aktion das Gegentor zum 1:0. Dieses Negativerlebnis hat uns rückblickend den Stecker gezogen. Danach verloren wir noch in Ellscheid und die Köpfe gingen runter.
Dadurch war der Glaube daran, die Rettung noch schaffen zu können, also verloren?
Dieser Glaube war bis zum Wissen-Spiel voll da. Bis dahin hatte man gemerkt, dass im Training Zug drin war, dass alle unbedingt wollten und alle an einem Strang zogen. Dann kam der Dämpfer in Wissen und wenige Tage später der nächste in Ellscheid, als wir ohne beide Kroaten und mit vielen angeschlagenen Leistungsträgern ebenfalls verloren. Danach ging es dann bergab. Absagen fürs Training häuften sich, personell wurde es immer dünner. Da merkte man, dass sich der eine oder andere vielleicht mehr um sich selbst kümmerte als um die Mannschaft.
Mal angenommen, in Wissen wäre es beim 0:0 geblieben und anschließend in Ellscheid hätte es mit besserer Personaldecke den fest eingeplanten Dreier gegeben: Glauben Sie, dass dann eine Aufholjagd, wie sie Niederroßbach hingelegt hat, auch mit Ihrer Mannschaft möglich gewesen wäre?
Ja, definitiv. Das sieht man ja an den Spielen gegen Niederroßbach, von denen wir das erste verloren und das zweite gewonnen haben. Grundsätzlich sehe ich zwischen beiden Mannschaften keinen allzu großen Unterschied. Niederroßbach hat es am Ende geschafft, weil sie es durchgezogen haben, als sie im Aufwind waren. In der Situation waren wir auch, haben es aber nicht konserviert bekommen. Generell war das aber schon im Bereich des Machbaren, nur es hätte eben alles passen müssen, so wie letztendlich bei Niederroßbach, die manche Spiele auch in den letzten Minuten noch gewannen. Das macht dann auch die Moral einer Mannschaft aus, da geht es dann mit einem Sieg in die eine Richtung und mit einer Niederlage eben in die andere.
Also die fußballerische Qualität für den Klassenverbleib war durchaus vorhanden, auch wenn der Rückstand am Ende riesengroß war?
Der Abstand war am Ende deshalb so groß, weil wir in den letzten Wochen der Saison, als klar war, dass wir es nicht mehr schaffen, nicht mehr auf Rheinlandliga-Niveau aufgetreten sind. So ehrlich muss man leider sein. Aber wie gesagt, es hätte ohnehin alles passen müssen, gerade nach dem personellen Aderlass vor der Saison, als mehr oder weniger die komplette Offensivabteilung wegbrach. Es war von Beginn an klar, dass es extrem schwierig wird. Aber noch mal: Unter günstigeren Umständen wäre es nicht ausgeschlossen gewesen, es zu schaffen.
Wären günstige Umstände zum Beispiel gewesen, wenn die beiden Kroaten schon von Saisonbeginn an dabei gewesen wären?
Natürlich, ganz klar. Wenn wir sie schon in der Hinrunde dabei gehabt hätten, bin ich überzeugt davon, dass wir bis zur Winterpause weitaus mehr als nur neun Punkte geholt hätten. Sicherlich haben Mihael und Marin die Qualität in der Mannschaft und auch die Intensität im Training noch mal angehoben, weil sie mit ihrer Klasse alle anderen mitzogen. Das hätte uns, über eine gesamte Saison gesehen, auf jeden Fall gut getan.
Sie sprachen davon, dass sich Teile der Mannschaft hinten raus dem sportlichen Schicksal ergeben hätte. Fehlte es also auch an Typen?
Das ist schwer zu sagen. Wir hatten in erster Linie sehr viele junge Spieler dabei. Typen wie Constantin Redel, Stefan Peters oder Yannik Stein waren da, und das auch in den schwierigen Phasen. Denen kann man nichts vorwerfen, sie haben alles versucht. Aber allein diese Drei konnten es am Ende nicht richten.
Gibt es neben den drei genannten Säulen auch Spieler, die in dieser Abstiegssaison eine gute Entwicklung genommen haben?
Vielleicht Josip Bilac. Er war in seiner ersten Seniorensaison ein Eckpfeiler in der Mannschaft, auch weil er aus seinen Fehlern, die er am Anfang der Saison noch machte, schnell gelernt hat. Dass er jetzt nach Mayen wechselt, wird der SG wehtun.
Mit dem Nichtantritt am letzten Spieltag hat Ihre einjährige Amtszeit ein unrühmliches Ende genommen. Bleibt dieser letzte Eindruck auch am meisten hängen?
Ein solcher Nichtantritt ist unrühmlich und war mir auch persönlich sehr unangenehm. Dass wir für das letzte Spiel keine Mannschaft mehr stellen konnten, lag unter anderem daran, dass sich manch einer bereits lieber um sich selbst kümmerte. Aber wir hatten tatsächlich auch viele Verletzte. Zuvor gegen Emmelshausen war es dahin gehend schon sehr eng gewesen, und dann verletzten sich in diesem Spiel auch noch weitere, sodass es in Summe zu viel war. Trotzdem: Einer Rheinlandliga-Mannschaft darf so etwas natürlich nicht passieren.
Abgesehen von diesem unrühmlichen Ende: Was verbinden Sie mit ihrer Zeit bei der SG Altenkirchen?
Ich wusste von Anfang an um die Schwierigkeit, die die Aufgabe mit sich brachte, und das wussten alle anderen auch. Am Ende bin ich zumindest um einige Erfahrungen reicher. Aber ich will auch nicht alles schwarzmalen. Sicherlich waren wir nicht so erfolgreich, wie wir uns das gewünscht haben. Aber trotzdem hat es mich als Trainer weitergebracht. Und ich hoffe auch, dass die Spieler ihre Lehren aus dieser Saison ziehen werden.
Auch wenn am Ende der Abstieg steht, gab es sicherlich auch Höhepunkte. Vielleicht das 5:2 gegen Malberg im März, das vielleicht auch leistungsmäßig das dickste Ausrufezeichen war?
Ja, da hat vieles gepasst. Das war eines dieser Spiele, in das wir schon mit einem gewissen Selbstvertrauen reingegangen waren und hinterher mit einem noch größeren Selbstvertrauen raus. Da haben wir gezeigt, was machbar gewesen wäre.
Das Gespräch führte Andreas Hundhammer