Mr.Jugendfußball im Interview 
Lipkowski: War eine Ehre, für die Jugend da zu sein
"Mister Jugendfußball" Peter Lipkowski ist nach 37 Jahren Verbandsarbeit in Simmern verabschiedet worden.
René Weiss

Eine Ära im Rheinland geht zu Ende: Nach 37 Jahren als „Mister Jugendfußball“ wurde Peter Lipkowski in Simmern auf dem Verbandstag verabschiedet. Im Interview blickt der Holzfelder zurück und voraus.

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Als „fast schon übertrieben“ hat Peter Lipkowski seine Verabschiedung aus dem Präsidium des Fußballverbands Rheinland nach 37 Jahren (!) empfunden. Die Delegierten beim 31. Verbandstag in Simmern gaben dem „Mister Jugendfußball“ mit Ovationen einen gebührenden Abschied. Dem 72-Jährigen aus Holzfeld (Rhein-Hunsrück-Kreis) wurden die Goldene Ehrennadel verliehen, zudem wurde Lipkowski zum „Ehren-Verbandsjugendleiter“ ernannt. „Für mich war es selbstverständlich, für die Jugend im Rheinland da zu sein“, sagte Lipkowski, der immer noch der stellvertretende Vorsitzende im DFB-Jugendausschuss ist und in der Funktion am kommenden Sonntag im Borussia-Park den Deutschen B-Jugendmeister nach dem Spiel Mönchengladbach gegen Leipzig kürt. Wir sprachen mit Lipkowski über sein Lebenswerk.

Herr Lipkowski, ein Leben für den Jugendfußball im Rheinland. Warum haben Sie das Amt so lange ausgeübt?

Die Leiter ging immer weiter nach oben, das war 1986 nie mein Ziel gewesen. In dem Jahr war ich Trainer der A- und B-Jugend in meinem Heimatverein SV Holzfeld. Der damalige Jugendleiter im Kreis Hunsrück/Mosel, Heinz Piel aus Cochem-Brauheck, hat mich gefragt, ob ich Interesse hätte, im Kreisjugendausschuss mitzuwirken. Ich habe ja gesagt, obwohl ich gar keine große Ahnung hatte. Aber ich habe immer gerne organisiert. Kurze Zeit später ist Heinz Piel gestorben, ich wurde zum Kreisjugendleiter ernannt. 1992 bin ich dann in den Verbandsjugendausschuss aufgerückt, 2001 zum Vorsitzenden. Seit 2013 sitze ich als stellvertretender Vorsitzender im DFB-Jugendausschuss. Ich wollte immer das Beste für die Jugend machen, nicht für alle war dies das Beste, einige hatten auch einen Hals auf mich. Aber es hat am Ende doch alles immer gut funktioniert.

Wie hat sich der Jugendfußball im Rheinland über die Jahrzehnte Ihrer Amtszeit verändert?

Früher gab es in jedem Dorf Mannschaften, die Staffeln waren einfach einzuteilen. Jugendspielgemeinschaften gab es kaum. Im Laufe der Zeit hat sich das geändert durch das Mannschaftssterben. Jetzt gibt es große JSG’s und viele Jugendfördervereine. Die Erziehung der Kinder ist liberaler geworden, die Gesellschaft hat sich verändert. Wir haben Trainerfortbildungen eingeführt, das war ganz wichtig. In den unteren Jahrgängen wurden die Mannschaftsstärken immer kleiner. Seit Jahren gibt es die Kinderspielform in der F-Jugend und bei den Bambinis. Am Anfang haben 80 Prozent darüber gemeckert, jetzt gibt es fast 100 Prozent Zustimmung. Ich bin ein glühender Verfechter davon. Früher sind viele Kinder dem Ball hinterhergelaufen, aber fast keiner hat ihn bekommen. Jetzt – im 3 gegen 3 – spielen die Kinder miteinander und haben viele Ballkontakte. Zwei meiner Enkel spielen in der F-Jugend, wenn ich das sehe, geht mir das Herz auf. Dadurch werden in Deutschland mehr Talente gefunden. Aber das ist sekundär. Die Kinder haben mehr Spaß und die Eltern wissen, dass ihre Kinder ganz viel Spielzeit bekommen. Es gab über die 37 Jahre so viele Änderungen, die wir eingeführt haben. Es gab immer einige, die haben gemeint: „So ein Quatsch.“ Wenn ich mir das alles zu Herzen genommen hätte, wäre ich nicht so lange dabei gewesen.

Wie sehen Sie die Zukunft des Jugendfußballs im Rheinland?

Es wird immer Veränderungen geben. Ich habe noch einige Diskussionen angestoßen, die in den nächsten Jahren kommen könnten: Zum Beispiel, dass halbjährlich in der Jugend um Auf- und Abstieg gespielt wird, dann würde sich wesentlich mehr bewegen. Oder, dass es eine Meldeliga geben könnte. Der Verein sagt vor der Saison, in welcher Liga er gerne mit seiner Jugendmannschaft spielen würde. Auch das „playing down“ könnte kommen: Jugendspieler, die noch nicht so ausgewachsen sind, könnten einen Jahrgang tiefer spielen. Das biologische Alter kann man mit einer Formel, die die Uni Tübingen entwickelt hat, ausrechnen. Man kann Mannschaftsstärken weiter verkleinern, in der D-Jugend 7 gegen 7 spielen. Die Flexibilität wird weitaus größer werden, als sie jetzt schon ist.

Was geben Sie ihren Nachfolger mit auf den Weg?

Michael Wilkes als neuer Vizepräsident Jugend und Sven Edinger als Vorsitzender des Verbandsjugendausschusses sind innovative und tolle Nachfolger, die das sehr gut weiterführen werden. Sie haben tolle Zukunftsgedanken, ich sehe die Zukunft dank der Beiden sehr positiv für den Jugendfußball im Rheinland.

Was macht Peter Lipkowski ohne sein Amt als „Mister Jugendfußball“ im Rheinland?

Das war eine sehr intensive Zeit, alles ehrenamtlich. Dazu lange mein Beruf als Hauptkommissar. Ich werde mich jetzt mal mehr um meine Frau und meine Familie kümmern. Im Regionalverband Südwest habe ich noch zwei Jahre, das werde ich auslaufen lassen. Beim DFB steht der Bundestag für die Jugend im September an. Momentan gibt es noch die „70-Jahre-Regelung“, ab dem Alter darf man nicht mehr kandidieren. Aber die Regelung soll gekippt werden. Wenn es so kommt, würde ich noch vier Jahre weitermachen im DFB als stellvertretender Vorsitzender im Jugendausschuss. Durch das Amt habe ich zahlreiche Länder als Delegationsleiter der U-Nationalmannschaften kennengelernt. In 12 Jahren bin ich jetzt bei 101 Länderspielen, ich hätte nichts dagegen, wenn noch einige dazukommen. Mein schönstes Erlebnis hatte ich 2015 bei der U17-EM in Bulgarien: Deutschland hat im Finale gegen Frankreich im Finale verloren. Die Delegationsleiter der beiden Länder durften die Medaillen überreichen. Bei Deutschland stand dann da Peter Lipkowski vom kleinen SV Holzfeld – und nebendran Zinedine Zidane für Frankreich. Ich bin einfach froh, dass ich mich 1986 dafür entschieden habe, im Jugendfußball mitzuarbeiten. Es war mir immer eine Ehre, für die Jugend da zu sein.

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