Europameisterschaft der Winzer: Bremmer ist mit drei Treffern bester deutscher Torschütze in Portugal - Halbfinal-Aus nach Elfmeterschießen, Ungarn holt Titel - Wünsche für die "große" EM
Bitteres Aus gegen Portugal im Elferschießen: Franzen weint der Wein-EM kleine Träne nach
Bei der Nationalelf der Winzer mit dem Bremmer Christian Franzen, der genau in der Mitte steht, wurde natürlich vor jeder Partie in Portugal die Nationalhymne angestimmt. Fünf Spiele absolvierte Deutschland, im Halbfinale kam das bittere Aus im Elfmeterschießen gegen die Gastgeber. Fotos: Bernhard Herzer
Bernhard Herzer

Das Fieber bei Christian Franzen steigt, aber es ist zum Glück nur noch das EM-Fieber, das richtige ist wieder „unten“. Beim Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland war das noch nicht so. Da waren es mehr als 39 Grad, die dem Fußballer des A-Ligisten SG Bremm zu schaffen machten.

Die Grippe hat der 27-jährige Winzer aber schneller verkraftet als das knappe Aus im Halbfinale der Vinoeuro 2024, der EM der Winzer-Nationalmannschaften, bei der Franzen zum zweiten Mal für Deutschland auflief und mit drei Turniertreffern bester Torschütze war.

Franzen ärgert sich über das Aus

„Es war viel mehr drin“, blickt Franzen auf das Turnier zurück, bei dem Deutschland im Halbfinale gegen Gastgeber Portugal im Elfmeterschießen ausgeschieden war. Franzen war nicht angetreten zum Strafstoß. „Ich ärgere mich jetzt drüber. Ich hatte kurz vorher mal verschossen und habe dann nicht geschossen. Das Aus hat mich sehr geärgert, weil wir auch gegen Ungarn sicher eine gute Chance gehabt hätten im Finale“, sagte Franzen.

Die Ungarn, die bei der kleinen EM 6:5 im Elfmeterschießen nach 0:0 in der regulären Spielzeit (2 x 30 Minuten) gewannen und am Mittwoch bei der großen EM-Gegner der deutschen Elf sind, hatte niemand so richtig auf dem Zettel. Auch Franzen nicht. Er könnte sich deshalb vorstellen, dass es auch bei der laufenden Europameisterschaft eine Überraschung geben könnte. „Vielleicht gewinnt ja eine Mannschaft wie Österreich das Ding“, sinniert Franzen.

Ich hoffe einfach, dass durch den Fußball die Stimmung in den nächsten vier Wochen deutlich besser wird. Das würde jedem in Deutschland und auf der Welt gut tun.

Christian Franzen

Der Mosel-Winzer, der das elterliche Weingut in der fünften Generation weiterführen wird, drückt aber logischerweise einer anderen Mannschaft die Daumen: Deutschland. Das 5:1 gegen die Schotten war für Franzen ein erster Fingerzeig: „Das Spiel hat gezeigt, was du mit einer brutalen Spielfreude erreichen kannst. Die ersten Chancen sind direkt rein, das hat uns in Portugal gefehlt. Ich hoffe, dass durch den Sieg eine Riesenbegeisterung entfacht wird. Da merkt man doch, was der Fußball für eine Strahlkraft hat, was ja in den letzten Jahren in Frage gestellt worden ist. Das schaffst du mit keiner anderen Sportart.“

Franzen hat indes noch eine andere Hoffnung als die rein sportliche: „Ich hoffe einfach, dass durch den Fußball die Stimmung in den nächsten vier Wochen deutlich besser wird. Das würde jedem in Deutschland und auf der Welt gut tun.“

1:0 für Deutschland, Torschütze Christian Franzen: Der Bremmer (verdeckt, in Schwarz-Weiß) traf unter anderem beim 4:1 gegen die Schweiz in der Vorrunde, insgesamt gelangen ihm drei EM-Treffer.
Bernhard Herzer

Die Stimmung in der portugiesische Region Bairrada mit den Städten Anadia, Mealhada und Oliveira do Bairro rund eine Autostunde südlich von Porto gelegen, war in den sechs EM-Tagen, in denen acht Nationen ihren kontinentalen Champion suchten, ebenfalls sehr gut – auch im deutschen Tross mit seinen gut 70 Personen. Trainiert wurden Franzen und seine Teamkollegen übrigens von Erich Rutemöller, dem früheren Kölner Bundesliga-Coach und DFB-Ausbilder, sowie Friedel Müller.

Chiquinho als “Gastspieler" dabei

Da jede Mannschaft zwei ehemalige Profis in ihren Reihen haben darf, spielte an Franzens Seite ein Mann namens Alexandre da Silva, der ehemalige Mönchengladbacher ist besser bekannt unter seinem „Künstlernamen“ Chiquinho. Der heute 50-Jährige spielte zwischen 1997 und 2000 36 Mal für die Fohlen und erzielte fünf Tore. In Portugal traf er beim 4:1 gegen die Schweiz in der Vorrunde zum Endstand. Dieses Resultat würden Julian Nagelsmann und seine Gefolgschaft am 23. Juni in Frankfurt gegen die Eidgenossen gerne nehmen. Franzen traf auch gegen die Schweiz – und zwar wie gegen Tschechien zum 1:0, da war es das Tor zum Endstand. Mit dem 0:0 im letzten Gruppenspiel gegen Italien war das Halbfinale erreicht.

Dort ging Portugal durch seinen „Gastspieler“ nach einer Ecke in Führung. Paulo Vida heißt er, der mittlerweile 52-jährige Mittelstürmer traf in der ersten portugiesischen Liga satte 83 Mal. „So ein Tor macht nur so einer“, sagte Franzen zum Kopfball zur 1:0-Führung. Die hielt aber nur so lange, bis der Bremmer den Ausgleich erzielte. Ab da war Deutschland am Drücker, ein Tor sollte aber nicht mehr fallen. Im Elfmeterschießen trafen die Gastgeber dreimal, zweimal hielt Yannick Görgen vom Rheinlandligisten FV Morbach. Aber nur Chiquinho und Christian Gebhardt aus Eltville trafen.

In Spiel um Platz drei ist Luft raus

Es ging ins Spiel um Platz drei, in dem die Luft beim 0:2 gegen Italien raus war. „Das Programm war schon sehr anstrengend“, berichtete Franzen, denn bei der Wein-EM steht auch der Austausch mit den Winzern der anderen Nationen an, es gibt Ausflüge, Vorlesungen und vieles mehr. „Und wir Deutschen nehmen natürlich alles mit, die anderen haben teils nur die Ersatzspieler geschickt und haben den Stamm regenerieren lassen“, lacht Franzen. Ob die Deutschen das 2026 auch so machen? Dann geht es nach Italien zur Wein-EM. Sicherlich wieder mit Franzen. Und mit hoffentlich etwas mehr Spielglück als in Portugal.

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