Kapitän Chris Meinert hatte sich seinen Lieblingsverein Borussia Dortmund gewünscht, Manoel Splettstößer seinen Ex-Klub 1. FC Köln, und Manuel Simons war’s egal, wen der Rheinland-Pokalsieger FV Engers als Gegner in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals vorgesetzt bekommen würde. Als Topsprinter Owen Ansah um 17.36 Uhr den Champions-League-Teilnehmer Eintracht Frankfurt aus der Lostrommel fischte und den Engersern mit dem derzeit drittbesten Team in Deutschland einen „absoluten Oberkracher“ als Gegner bescherte, brach im Vereinsheim des FVE ein Jubelsturm los, als hätten die Grün-Weißen den Pott schon gewonnen.
Mainz? Köln? Koblenz!
Knapp einen Tag nach der Auslosung steht auch der Spielort fest. FVE-Vorsitzender Martin Hahn bestätigte am Montagnachmittag, dass der Pokalschlager auf dem Koblenzer Oberwerth steigen wird. Im Vorfeld hatte Hahn bereits in Koblenz, Mainz und Köln vorgefühlt, ahnte nach der Auslosung aber schon, dass die beiden Bundesligastandorte aus Sicherheitsgründen nicht infrage kommen würden. Mit dem Koblenzer Sportamtsleiter Jörg Pfeffer wurde sich Hahn schnell einig. „Koblenz ist für die Region ein vernünftiger Spielort“, stellte Hahn fest, der mit 4000 bis 5000 Eintracht-Fans rechnet. Rund 10.000 Zuschauer passen ins Oberwerth-Stadion. Den genauen Anstoßtermin zwischen dem 15. und 18. August legen DFB und TV-Anstalten fest, nächste Woche sollen die Vereine informiert werden. „Es gibt bessere und schlechtere Termine“, sagt Martin Hahn, „wir nehmen das, was kommt.“
„Die Eintracht ist mein Lieblingsverein, seit ich aus Marokko gekommen bin.“
FVE-Neuzugang Aymen Ed-Daoudi
Für die fast 100 Spieler, Mitglieder, Fans und Sympathisanten, die sich am Sonntag im FVE-Vereinsheim versammelt hatten, wurde die Los-Prozedur zu einer Geduldsprobe. Wunschgegner wie der FC Bayern, Schalke 04, der 1. FC Köln und die „Pokalfreunde“ aus Bochum waren schon aus dem Rennen, als in der 21. von 32 Partien das große Los für Engers fiel. Rekonvaleszent Marcel Stieffenhofer, Neu-Stürmer Ayman Ed-Daoudi und Christian Woldt aus dem Trainerteam der dritten FVE-Mannschaft hatten den richtigen Riecher und teilten sich den Gewinn aus dem Tippspiel, das Vorstandsmitglied Horst Aschkowski veranstaltete. „Die Eintracht ist mein Lieblingsverein, seit ich aus Marokko gekommen bin“, verriet Ed-Daoudi, Neuzugang von Cosmos Koblenz, „ich mag die Fans, außerdem hat mein Landsmann Omar Marmoush sehr erfolgreich dort gespielt.“ Stieffenhofer sah seinen Tippsieg nüchterner: „Es sollte einer der vier Großen sein, aus regionalen Gründen habe ich mich für die Frankfurter entschieden.“ An seinem „letzten Tag ohne Krücken“ gab sich der Mittelfeldspieler zuversichtlich, bis zum großen Spiel Mitte August wieder die Stammelf-Tauglichkeit zu erlangen.

Für die Aufstellung des FVE ist künftig Julian Feit verantwortlich. Der neue Trainer fehlte bei der Pokalparty am Wasserturm aus guten Gründen. Wegen des bevorstehenden Trainingsbeginns hatte er seine Hochzeitsreise vorverlegt, bevor er am Samstag in den Stand der Ehe tritt. Kurz vor dem Abflug bekam er die Neuigkeiten mit und gratulierte in den „sozialen“ Medien: „Das war mein Traumlos: ein Top-Bundesligist in weniger als 200 Kilometern Entfernung mit einer tollen Fanbase. Ich habe das große Glück, das mitzuerleben zu dürfen.“
„Ich freue mich total für die Jungs und den Verein, dieses Los ist ein absoluter Oberkracher.“
Ex-Coach Sascha Watzlawik zur Pokalauslosung
Auch der FVE-Vorsitzende Martin Hahn strahlte übers ganze Gesicht: „So ein Spiel ist etwas ganz Besonderes für einen Dorfverein“, kommentierte er. Das Pokalduell wird seinem Verein zusätzlich zu der Prämie für den Gewinn des Rheinlandpokals (209.000 Euro abzüglich 25 Prozent, die der Verband unter den anderen Pokalteilnehmern verteilt) gute Zuschauereinnahmen bescheren.
Auf der Heimreise von Dortmund, wo die Auslosung im Fußballmuseum stattfand, feierten die FVE-Vertreter Watzlawik, Meinert und Vereinsikone Heinz Keuler eine ruhigere Pokalparty. „Ich freue mich total für die Jungs und den Verein“, ließ Watzlawik verlauten, „dieses Los ist ein absoluter Oberkracher.“ Kapitän Meinert grämte sich nicht ob des unerfüllten Wunsches: „Ein Super-Los, das wird ein tolles Erlebnis.“ Und Keuler freute sich auf seine ganz eigene Weise: „Da werd‘ ich wohl wieder ein bisschen mitmengen“, kündigte der frisch Genesene an. Klar sei das bevorstehende Pokalspiel ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte, aber, so Keuler trocken: „Wir haben auch viele Tiefschläge weggesteckt.“