Verrückt, wie ein Fußballspiel kippen kann. Verrückt, wie sich eine in der ersten Halbzeit klar überlegene Mannschaft in diesem Fall nicht nur die Butter, sondern auch den restlichen Belag vom Brot nehmen lassen kann. Verrückt, wie ein Team, dessen Trainer die Leistung aus der ersten Halbzeit als „bodenlos“ bezeichnet, am Ende mit 5:1 gewinnt. Und das trotz eines Rückstands nach 45 Minuten. In der Bezirksliga Ost lieferten sich die SG Müschenbach/Hachenburg und die SG Neitersen/Altenkirchen keine gewöhnliche Begegnung im Kampf um drei wichtige Punkte um den Klassenverbleib. Diese gingen auf das Konto der zur Pause noch mit 0:1 hinten gelegenen Gastgeber.
„In der zweiten Hälfte haben wir das richtige Gesicht gezeigt“, kommentierte Trainer Stefan Häßler. „Aber diese Punkte sind nur etwas Wert, wenn wir am Wochenende gegen Dahlheim nachlegen.“ Dem über die erste Halbzeit saueren Häßler stand ein fassungsloser Neitersen-Coach Behar Prenku gegenüber, der kaum begreifen konnte, wie seine Elf derart einbrach. „Ein Spiel dauert 90 und keine 45 Minuten. Die zweite Halbzeit hatte mit Derby-Einstellung und Bezirksliga-Fußball nichts zu tun. Die Mannschaft war nicht bereit. Das war peinlich“, fand er deutliche Worte.
Neitersens Plan geht zunächst auf
Der Plan der Kombinierten aus der Kreisstadt und dem Wiedbachtal war klar erkennbar. Mit langen Bällen versuchten sie der Müschenbacher Deckung Probleme zu bereiten. Das ging auf. Immer wieder gab es bei den weiten Schlägen aus der eigenen Hälfte große Räume für Fabian Franz, Raul Castro Dominguez und Lirijon Krasniqi. So entstand auch das verdiente 0:1. Franz schickte Castro Dominguez, Torhüter Jan Böhning verschätzte sich beim Herauslaufen und Neitersens Offensivmann von der der rechten Seite lupfte den Ball ins Tor (24.).
Allmählich fand auch die Häßler-Elf ins Spiel. Benjamin Weber gab einen satten Distanzschuss ab, den Constantin Redel zur Ecke klärte. Die Standardsituationen brachten Neitersen wiederholt in Gefahr. Labinot Prenku rettete Felix Veltens Abschluss auf der Torlinie (37.), dann hatte Niklas Herfen Glück, dass sein Klärungsversuch nur den Außenpfosten touchierte (40.). Beide Aktionen resultierten aus Eckstößen von der linken Seite.
Behar Prenku bringt frische Kräfte – ist aber an der Seitenlinie machtlos
Wenn Fabian Franz einen Konter zum 0:2 verwertet und den Ball nicht wenige Zentimeter am langen Pfosten vorbeigeschoben hätte (49.), wäre die Partie möglicherweise entschieden gewesen. „In dieser Situation hatten wir Glück“, gestand Stefan Häßler. Es blieb Neitersens letzte gefährliche Aktion. Der Rest spielte sich mit viel Müschenbacher Wucht, Schwung und spielerischen Akzenten auf der anderen Seite des Platzes ab. Innerhalb von 26 Minuten trafen die Gastgeber fünfmal. Der ehemalige Rheinlandligist leistete kaum noch Gegenwehr und ließ nicht im Geringsten ein Aufbäumen erkennen.
Behar Prenku versuchte mit seinen Wechseln alles, stand aber machtlos an der Seitenlinie und musste beobachten, wie seine emotionslos wirkende Mannschaft das Unheil über sich hineinbrechen sah und fast wehrlos ergehen ließ. Peter Kempf (57., 66.), Felix Velten (63.), Fabian Hüsch (76.) und Tim Pfeiffer (83.) erzielten die Tore in einer Phase mit wie berauscht aufspielenden Müschenbachern, die ihren Gegner auf fünf Punkte distanzierten und sich mit dieser zweiten Halbzeit Selbstvertrauen für die nächste Aufgabe geholt haben dürften. „Wir müssen gegen Dahlheim nachlegen“, fordert Häßler genau die gleiche Einstellung wie nach der Pause.
Müschenbach/Hachenburg: Böhning – Jung (56. Pfeiffer), Zeuner, Klöckner (85. Schwendt), Heinen – Hüsch (84. Glavcev), Weber, Bonn, Giehl (13. Klein) – Velten (85. Schug), Kempf.
Neitersen/Altenkirchen: Redel – Aouadi, Rein, P. Keller, Herfen (70. Seitz) – Prenku, Tolaj (76. Dobreva), Castro Dominguez (80. Cetin), Peters, Franz – Krasniqi (67. M. Keller).
Schiedsrichter: Erhan Gümüs (Siershahn).
Zuschauer: 100.Tore: 0:1 Raul Castro Dominguez (24.), 1:1 Peter Kempf (57.), 2:1 Felix Velten (63.), 3:1 Peter Kempf (66.), 4:1 Fabian Hüsch (76.), 5:1 Tim Pfeiffer (83.).