20 Jahre 1. FFC Montabaur
Alfred Müllers ist mit 94 (k)ein bisschen leise
Gründungsmitglieder unter sich: Als Alfred Müllers (rechts) die Idee eines eigenen Fußballvereins für Mädchen und Frauen vorantrieb, nahm er auch den langjährigen FVR-Präsidenten Walter Desch (links) mit ins Boot. Zum 20. Geburtstag trafen sich beide in Horressen wieder.
Marco Rosbach

Am 30. Mai 2005 betrat Alfred Müllers in Montabaur Neuland. Mit dem 1. FFC gründete er den ersten reinen Verein für Mädchen und Frauen im Fußballverband Rheinland. Zwei Jahrzehnte später gibt der 94-Jährige die Verantwortung weiter.

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Der Wetterumschwung habe ihm ein bisschen zu schaffen gemacht, meint Alfred Müllers. „Aber wenn das alles ist mit 94, dann geht’s“, schiebt er hinterher und grinst. Mit Kappe und Trainingsjacke erscheint er auf der Sportanlage an der Waldschule in Horressen, ganz so, wie er es vor zwei Jahrzehnten getan haben dürfte, als es galt, eine neue Heimat für den Mädchen- und Frauenfußball in der Kreisststadt zu finden. Im TuS Montabaur sahen sich Müllers und seine Mitstreiter damals nicht mehr richtig aufgehoben, deshalb machten sie sich auf, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen – den 1. FFC, den ersten Verein dieser Art im Fußballverband Rheinland (FVR).

Trommeln für die Sache

Zum 20. Geburtstag des 1. FFC Montabaur schließen sich die Kreise. Walter Desch, der langjährige Präsident des FVR, ist gekommen, zählte er doch neben dem früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger zu den Gründungsmitgliedern. Müllers wusste in den ersten Tagen des Projekts FFC genau, wen er sich an die Seite holen musste. Er trommelte wie kein Zweiter für die Sache. Und wenn er kein Gehör fand, trommelte er eben lauter – oder einfach so lange, bis er sein Ziel erreichte. In dieser Beziehung machte ihm keiner etwas vor.

In seiner Zeit als Trainer des 1. FFC Montabaur nannte Kurt Schaaf (rechts) ihn immer „Herr Präsident", jetzt macht der neue Vorsitzende seinen Vorgänger Alfred Müllers (links) zum Ehrenpräsidenten.
Marco Rosbach

Desch weiß das – auch bei ihm wurde vermutlich oft getrommelt. Aber vor allem hat er viel erlebt mit dem FFC-Macher, gerade auf internationalen Reisen, die von Beginn an weit oben standen auf der Agenda des jungen Vereins. An eine Tour erinnert sich der Funktionär aus dem Hunsrück noch genau, wie er im Rahmen der Feierstunde an der Waldschule berichtet. Trotz mehrfacher Nachfrage habe er Müllers auch nach stundenlanger Fahrt nicht vom Steuer des alten Ford Transit bekommen. „Hinterher wusste ich warum, die Bremse hat nicht richtig geklappt“, erzählt Desch, der das ein oder andere aus heutiger Sicht „schon grenzwertig“ fand, aber stets wusste: Wenn der FFC-Vorsitzende Müllers knauserte, dann ging es vorrangig darum, mehr Mittel für die Sache zu haben.

„Das, was ich erlebt habe, soll der jüngeren Generation nicht zustoßen.“
Alfred Müllers, Ehrenvorsitzender 1. FFC Montabaur

Doch was war der Antrieb des Lehrers aus dem Westerwald, sich nicht nur an seiner Schule in Kastellaun, sondern auch zu Hause im Verein für den Frauen- und Mädchenfußball einzusetzen? Denn Mädchenfußball anzubieten, „das war in Deutschland lange eine ausgefallene Idee“, wie Desch anmerkt. Der Antrieb bei Müllers war von Beginn an ein anderer. 1931 geboren, war er mit seinen Geschwistern früh auf sein alleine gestellt. „Und deshalb habe ich später einen Entschluss gefasst“, sagt der 94-Jährige mit fester Stimme und wachem Blick: „Das, was ich erlebt habe, soll der jüngeren Generation nicht zustoßen.“ Das sei seine Motivation geblieben, der Blick auf heutige Entwicklungen zeige, wie wichtig das ist.

Neben Alfred Müllers (vorne, 2. von rechts) standen bei der Feierstunde noch viele weitere Wegbereiter des Mädchen- und Frauenfußballs in Montabaur im Mittelpunkt.
Marco Rosbach

„Das, was ich erlebt habe, soll der jüngeren Generation nicht zustoßen“ – der Satz geht weit über den Fußball hinaus, aber nichts macht dessen Umsetzung so greifbar wie das Engagement für den Verein, dessen Vorsitzender und Motor Alfred Müllers über 20 Jahre war. „Nach 20 Jahren haben wir ihn jetzt aus dem Sattel gehoben“, sagt Kurt Schaaf, der das fast Unmögliche versucht und die Nachfolge als Vorsitzender antritt. Zwischen beiden liegen Welten, das wird deutlich. Und doch schlägt ihr Herz für dieselbe Sache – den FFC, zu dessen Ehrenvorsitzenden Müllers im Rahmen der 20-Jahr-Feier ernannt wurde.

„Was er alles geleistet hat, lässt sich nicht in Worte fassen.
Kurt Schaaf, Vorsitzender 1. FFC Montabaur

War Müllers Wegbereiter des Vereins, musste sich Schaaf dem Frauenfußball Schritt für Schritt annähern. Als Trainer übernahm er die Regie nach dem Zweitliga-Abstieg und den gerade so verhinderten Absturz aus der Regionalliga, um Montabaurs Fußballerinnen auf dieser Ebene dauerhaft zu etablieren. „Neben Issel sind wir die Konstante in der Regionalliga“, betont Schaaf nach den ersten Wochen im neuen Amt.

Damit das so bleibt, muss sich der Verein neu erfinden. Alfred Müllers war weit mehr als „nur“ der Vorsitzende. Bei ihm liefen sämtliche Fäden zusammen. „Was er alles geleistet hat, lässt sich nicht in Worte fassen“, ist Schaaf bewusst. Allein an der Spitze, das weiß der langjährige FFC-Trainer, könnte er wohl kaum leisten, was es braucht, um den Verein erfolgreich am Leben zu halten. Deshalb hat er ein starkes Team aus der sportlichen Mitte des FFC mit in den Vorstand geholt, angeführt von Katharina Jung, die weiter als Vorstand Sport fungiert, und Anna Pies, die fortan als Vorstand Finanzen Verantwortung übernimmt.

„Ich werde nicht von heute auf morgen in der Versenkung verschwinden.“
Alfred Müllers, Ehrenvorsitzender 1. FFC Montabaur

Worum es dabei geht, formuliert Schaaf gerne so: „Wir, der kleine Dorfverein aus dem Westerwald, tragen die Farben Montabaurs bis weit in die Pfalz und ins Saarland.“ Ein würdiger Vertreter der Stadt wolle man sein, sagt er in seiner Ansprache. Der FFC sei gegründet worden, um den Mädchen und Frauen „einen sportlichen Raum zu geben“. Diesem Ziel fühlt sich der neue Vorsitzende verpflichtet, sei es doch „ein wichtiges Zeichen für Gleichberechtigung und Vielfalt“.

Mit Blick nach vorne dürfe man stolz sein auf mehr als 70 Mädchen, die inzwischen beim FFC spielen. „Ab Sommer haben wir wieder alle Jugendklassen mit Mannschaften besetzt“, betont Schaaf. Dafür könne er sich bei allen Beteiligten, den Trainern, Eltern und vor allem seinem jungen Vorstand nur bedanken. Als sein Nachfolger diese Worte ausspricht, streckt Vereinsgründer Alfred Müllers beide Daumen nach oben. Selbst aus dem Sattel gehoben, weiß er seinen Verein in guten Händen. Doch damit nicht genug: „Ich werde nicht von heute auf morgen in der Versenkung verschwinden“, verspricht der neue Ehrenvorsitzende. Auch mit 94 kann das noch nicht alles gewesen sein.

Walter Desch (links) und Mike Leibauer (rechts) überraschten Katharina Jung und Hans Idahl mit FVR-Ehrennadeln in Bronze.
Marco Rosbach

FVR zeichnet zwei FFC-Größen aus

Manchmal muss die Ehrungsordnung eben gebeugt werden, findet Mike Leibauer. Dem Vorsitzenden des Kreises Ww/Wied lagen zwei Vorschläge auf dem Tisch, wen er zum 20-jährigen Bestehen des 1. FFC Montabaur vielleicht auszeichnen könnte. 20 Jahre – das sind keine 25 Jahre und damit kein Jubiläum im Sinne der Ordnung. Gleichzeitig fanden er und der langjährige Verbandspräsident Walter Desch aber, dass sie der Einladung des ersten Vereins nur für Mädchen- und Frauenfußball im FVR unbedingt nachkommen müssten und zugleich nicht mit leeren Händen kommen dürften. Da Vorschläge ihrer Meinung nach nicht ausreichend waren, um das Geleistete zu würdigen, griffen Leibauer und Desch – im Zusammenspiel mit Präsident Gregor Eibes – im Ehrungsregal dann sogar noch etwas weiter nach oben und brachten zwei FVR-Ehrennadeln in Bronze mit zur Feierstunde nach Horressen, die sie an Trainerurgestein Hans Idahl und Katharina Jung, FFC-Spielerin der ersten Stunde und heute Vorstand Sport, verliehen. ros

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