Die Rot-Weißen gehen nun schon in ihr viertes Jahr als Regionalligist. Für Noll war es ein steiniger und lehrreicher Weg vom Vorstadtkicker zum Manager eines Viertligisten.
Können Sie sich noch an Ihre Anfänge im heimischen Fußball erinnern, Herr Noll?
In der Jugend fing ich bei TuS Neuendorf im Spielbetrieb an. Durch den Umzug in die Vorstadt erfolgte dann der Wechsel zu Rot-Weiß Koblenz in die Jugend. Dann wechselte ich 1987 in den Seniorenbereich. Nach einem Beinbruch war meine Laufbahn als aktiver Fußballer früh beendet.
Sie sind als Fußballer familiär vorbelastet, stimmt's?
Wir sind drei Brüder und haben noch eine ältere Schwester. Karl-Heinz war lange Jahre als Stürmer bei Rot-Weiß aktiv, und mein Bruder Ralf hat in der zweiten Mannschaft gespielt. Fußball nahm schon früh eine dominierende Rolle in unserem Leben ein.
Seit wann gibt es den Funktionär Christian Noll?
Seit 2000. Nachdem ich durch einen Beinbruch früh mit dem aktiven Fußball aufhören musste, habe ich mich administrativ eingebracht. Als Sportlicher Leiter fing ich vor 22 Jahren in der B-Klasse an.
Wenn wir über Ihren Weg sprechen, muss unweigerlich die Rede auf den bereits verstorbenen Peter Schilling kommen.
Peter Schilling habe ich bei Rot-Weiß kennen und schätzen gelernt. Er war ein einmaliger Mensch und ein verlässlicher Kumpel. Ich kenne keinen Verein, der kein gutes Verhältnis zu Peter hatte. Von ihm konnte man sich so manches abschauen. Es war eine wunderschöne Zeit mit ihm.
Und Peter Schillings Nachfolger Guido O'Donnokoe hat Sie auch geprägt, oder?
Oh ja. Guido war der Nachfolger von Peter als Abteilungsleiter Fußball bei Rot-Weiß. Er war maßgeblich an der sportlichen Entwicklung beteiligt. Er war eigentlich ein unverzichtbarer Bestandteil der Führungsriege bei Rot-Weiß. Ich vermisse ihn sehr, aber leider wurde Guido krank und musste sein Amt abgeben.
Am 1. Juli 2021 erfolgte die Ausgliederung der Fußballabteilung bei Rot-Weiß Koblenz. Der Vorsitzende des neuen FC Rot-Weiss Koblenz wurde Pit Arndt. Aber nicht lange, warum?
In unserer schnelllebigen Zeit änderte sich alles rasch. Pit Arndt lernte ich durch seinen Sohn Jordi besser kennen, der bei uns spielte. Außerdem hat Pit selbst eine rot-weiße Vergangenheit, als er in der Jugend hier spielte. Inzwischen studiert Jordi in Barcelona. Durch seinen Beruf, er ist Inhaber und Betreiber einiger Tipico-Wettbüros, war es Pit Arndt durch den Glücksspielvertrag vom Land untersagt, einen Verein als Vorsitzender zu führen. Danach hat Thomas Beer den Vorsitz übernommen. Pit Arndt steht uns aber noch beratend zur Seite.
Warum war es Ihnen immer wichtig, trotz der Konkurrenzsituation zu anderen Vereinen und zu den entscheidenden Personen ein gutes Verhältnis zu haben?
Man muss doch in der Lage sein, persönliche Freundschaften zu pflegen, das war mir bis heute immer wichtig. Jeder vertritt die Interessen seines Vereins, da gibt es so manche Differenz, aber es darf nicht ins Persönliche führen. Im Lauf der vielen Jahre sind Freundschaften entstanden, die ich nicht missen möchte. Das ging so weit, dass ich mit meinem Auto zur Pokalauslosung nach Bitburg gefahren bin und Heinz Keuler von Engers sowie einen Vertreter von Mülheim-Kärlich mitgenommen habe. So soll es auch bleiben.
Seit einiger Zeit haben Sie sich ein Porsche Cabrio zugelegt. Befürchten sie nicht, dass der Eindruck entsteht: Jetzt hebt er aber ab?
Leute, die mich näher kennen, wissen, dass das niemals der Fall sein wird. Der Autokauf hat einen einfachen Grund. Das 911 Cabrio ist eine Wertanlage. Inzwischen bekäme ich einen beträchtlichen Betrag mehr dafür, als ich bezahlt habe. Außerdem kann ich mir den Luxus gönnen, mit meiner Freundin Tanja an den wenigen freien Tagen am Wochenende mit einem tollen Auto in unserer herrlichen Heimat spazieren zu fahren. Tanja muss wegen des Fußballs manches Mal auf mich verzichten, und ich bin ihr sehr dankbar, dass sie das alles mitmacht und mir den Rücken stärkt.
Neben der sportlichen Seite arbeiten Sie auch intensiv an der Verbesserung der Infrastruktur des Vereins. Wie sieht es in dieser Hinsicht mittlerweile aus?
Neben der sportlichen Entwicklung ist es wichtig, dass auch die Rahmenbedingungen stimmen. Ich erhielt von einem Unternehmer eine außergewöhnlich hohe Spende im sechsstelligen Bereich, und wir stecken das Geld in die Anschubfinanzierung für einen Rasen- und Kunstrasenplatz sowie ein Kleinspielfeld. Das alles soll auf dem alten Tennenplatz von Rot-Weiß geschehen. Die Bauanträge sind schon unterwegs, und wir hoffen auf eine baldige Umsetzung. Dank der großzügigen Spende, unseres Fördervereins und entsprechender Zuschüsse bin ich optimistisch, dass unser Vorhaben in nicht allzu ferner Zeit gelingen wird.
Rot-Weiss ist der Verein, der bislang den Fußball in der höchsten Liga im Fußballverband Rheinland anbietet. Trotzdem ist der Zuspruch, was die Zuschauer betrifft, sehr enttäuschend. Fragen Sie sich manchmal: Wofür machen wir das alles?
Wir würden uns natürlich eine bessere Resonanz wünschen. Aber die Gunst der Fans müssen wir uns erarbeiten. Wenn ich auf die TuS schaue, hier ist eine lange Tradition vorhanden mit der entsprechenden Zuschauerzahl, davon sind wir noch weit entfernt. Hier sind Geduld und engagierte Arbeit erforderlich. Der Sprung von der Rheinlandliga in die Oberliga war schon groß, jedoch ist die Regionalliga was ganz anderes. Das ist eine andere Welt, hier hat man es zumindest mit Halbprofis zu tun. Ehemalige Bundesligisten wie Offenbach und Ulm spielen in der vierten Klasse. Ich muss gestehen, dass ich damals die Klasse unterschätzt habe. Im ersten Jahr hat uns die Pandemie in der Klasse gehalten, und es war ein riesiger Lernprozess, wir sind unvorbereitet in die Regionalliga gelangt.
Ihr persönlicher Höhepunkt war der Sieg im Rheinlandpokal-Endspiel gegen TuS Koblenz.
Aber nicht, weil es gegen den Nachbarn ging, sondern weil die Partie vor 7500 Zuschauern stattfand. Solch eine Kulisse waren wir nicht gewohnt, und wir waren beeindruckt. Es war unser größter Erfolg neben dem Aufstieg, dazu hatten wir noch Düsseldorf in der ersten DFB-Pokalrunde, es war ein einmaliges Erlebnis.
Mit Heiner Backhaus verließ Sie ein Trainer nach zweijähriger erfolgreicher Arbeit, mit dem Sie ganz eng zusammengearbeitet hatten. Wie groß war die Enttäuschung?
Ich war keineswegs enttäuscht. Sentimentalität ist im knallharten Geschäft fehl am Platz. Es geht um viel Geld. Auf der neuen Position bekommt Heiner Backhaus deutlich mehr Geld als bei uns, und die Rahmenbedingungen sind leichter. Außerdem folgen ihm noch zwei bis drei Spieler aus unserem Kader nach Berlin. Wir haben zwei Jahre gut zusammengearbeitet, jetzt wünsche ich ihm viel Erfolg bei seinem neuen Verein.
Jetzt hat mit Oliver Reck ein prominenter Akteur die Trainerposition übernommen. Wie kam der Verein auf ihn?
Bei uns gingen über 100 Bewerbungen ein. Der Hinweis auf Oliver Reck kam von einem Spieler. Im Gespräch überzeugte er uns, und die Entscheidung war gefallen. Zumal unser bewährter Co-Trainer Manuel Fuster weiterhin mit Reck zusammenarbeiten wird.
Ist es nicht wahnsinnig anstrengend, immer wieder einen komplett neuen Kader zusammenzustellen?
Es wäre mir auch lieber, den Kader jeweils punktuell zu ergänzen oder zu ändern. Aber diesmal hoffe ich, dass wir ein Gerüst behalten können und weniger neue Spieler verpflichten müssen als in der Vergangenheit.
Wie lange wird man Christian Noll bei Rot-Weiss noch in dieser Position erleben?
Das kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall muss es mir noch Spaß machen. Und ich will die Einweihung der neuen Plätze in dieser Position erleben.
Von Wilfried Zils